Deutlich mehr Ladendiebstähle: Studie deckt erschreckende Zahlen auf

Ein alarmierender Anstieg von Ladendiebstählen stellt den Einzelhandel in Deutschland vor massive Probleme. Laut einer aktuellen Studie geht der entstandene Schaden in die Milliarden. Hauptursachen dafür sind wachsende finanzielle Notlagen und ein zunehmender Personalmangel in den Geschäften.
Ein Detektiv einer Sicherheitsfirma, demonstriert, wie Ladendiebe mit Hilfe eines präparierten Koffers Sicherungsetiketten an der Ware überlisten und Diebstähle begehen.
Ein Detektiv einer Sicherheitsfirma demonstriert, wie Ladendiebe mithilfe eines präparierten Koffers Sicherungsetiketten an der Ware überlisten und Diebstähle begehen.Foto: Boris Roessler/dpa
Von 6. Juli 2024

Der Einzelhandel in Deutschland leidet zunehmend unter Ladendiebstählen. Laut der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) wurden 2023 in Deutschland rund 426.000 Ladendiebstähle polizeilich erfasst. Das ist ein erneuter Anstieg im Vergleich zu 2022 (344.669 Fälle). Schon 2022 waren Ladendiebstähle im Vergleich zu 2021 (256.694 Fälle) um 34,3 Prozent angestiegen. Eine aktuelle Studie des Handelsinstituts EHI beziffert den Verlust durch Diebstähle von Kunden, Mitarbeitern, Lieferanten und Servicepersonal auf 4,1 Milliarden Euro. 

Eine weitere Zahl aus der Studie lässt aufhorchen: Im Durchschnitt bleiben im Jahr rund 24 Millionen Ladendiebstähle im Wert von je 117 Euro unentdeckt, so die Verantwortlichen der EHI-Studie. 

Für den Anstieg von Ladendiebstählen gibt es laut Studie mehrere Gründe: „Durch die Preissteigerungen bei vielen Produkten sind einige Menschen in finanzielle Nöte geraten und haben häufiger geklaut“, sagte Studienautor Frank Horst.

Ein weiteres Problem sei der Fachkräftemangel im Einzelhandel. „In vielen Geschäften ist heute weniger Personal im Einsatz. Dadurch haben Diebe leichteres Spiel. Personal verhindert durch Präsenz indirekt Diebstähle“, so Horst. 

In den meisten Fällen handele es sich um Gelegenheitstäter. Allerdings seien für mindestens ein Viertel der Diebstähle professionelle Täter verantwortlich, die in Banden agieren. Einen Anstieg der Diebstähle gab es sowohl im Lebensmittel- und Bekleidungshandel als auch bei Drogeriemärkten. 

Besonders beliebte Warengruppen bei den Dieben in Supermärkten seien Spirituosen, Tabakwaren, Kosmetikprodukte, Rasierklingen, Energydrinks sowie Babynahrung und Kaffee. Ebenfalls häufig werden Fleisch, Wurst und Käse genannt.

Schaden seit Jahren auf hohem Niveau

Der Schaden, der dem Einzelhandel durch Ladendiebstähle entsteht, ist seit Jahren auf einem hohen Niveau. Lag der Verlustanteil durch Diebstähle im Jahr 2021 laut EHI-Studie bei 3,23 Milliarden Euro, stieg er 2022 schon auf 3,73 Milliarden Euro. Im vergangenen Jahr waren es rund 4,1 Milliarden Euro. 

„Es ist ein Wendepunkt erreicht, an dem die Zunahme der Ladendiebstähle eine besondere Dimension annimmt und besondere Aufmerksamkeit erfordert“, kommentiert Frank Horst die Zahlen. Die Ausweitung der Sicherheitsmaßnahmen gehöre in diesem Jahr für viele Händler zu den priorisierten Projekten.

An der aktuellen Studie beteiligten sich 84 Unternehmen mit über 17.000 Verkaufsstellen, die einen Gesamtumsatz von 82,8 Milliarden Euro erwirtschaften. Auf Prognosen für die Zukunft angesprochen, gab die Mehrzahl der befragten Einzelhändler an, dass sie einen weiteren Anstieg der Diebstähle erwarten. 

„Wir haben Märkte, bei denen es einen Anstieg der Inventurdifferenzen gibt, aber auch sehr viele, die stabil sind“, sagt Rewe-Chef Lionel Souque gegenüber dem mdr. Nach eigenen Angaben hat die Supermarktkette verschiedene Maßnahmen ergriffen. „Vor zehn Jahren haben wir bei Rewe alle Eingänge geöffnet und Schleusen entfernt, sodass Kunden direkt reingehen können. Das haben wir in einzelnen Märkten zurückgebaut“, so Souque. Man habe weiter an einigen Standorten das Sicherheitspersonal und Detektive aufgestockt. Auch andere Unternehmen haben sich, laut dem mdr, auf die neue Situation eingestellt. „Wir sehen bei Ikea Deutschland ebenfalls eine veränderte Situation“, sagte eine Sprecherin des Möbelhändlers. Man arbeite eng mit den zuständigen Behörden zusammen, um Diebstähle zu verhindern und aufzuklären. Aldi Nord, Edeka und Lidl wollten dem Sender auf Nachfrage keine näheren Angaben machen.

Forderungen nach einem härteren Durchgreifen kamen vom Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands, Stefan Genth. „Die Handelsunternehmen müssen sich darauf verlassen können, dass der Staat mit seinen Behörden die Achtung und den Schutz des Eigentums zuverlässig und effizient sicherstellt.“ Daher sei eine wirkungsvolle Abschreckung wichtig. Strafen blieben aber viel zu oft aus und Verfahren würden eingestellt werden. „Insbesondere auch der bandenmäßig organisierte Ladendiebstahl muss gründlicher bekämpft werden“, so Genth.  

Viele Verfahren eingestellt

Tatsächlich werden Warenwerte unter zehn Euro als Diebstahl geringwertiger Sachen eingestuft. Erstatten die Geschädigten Anzeige, wird das Verfahren meistens von der Staatsanwaltschaft eingestellt. 

Erst bei einem Warenwert um 30 Euro entscheidet die Staatsanwaltschaft, ob sie Anklage erhebt. Kommt es zu einer Verurteilung, ist die Strafe oft eine Spendenauflage für eine gemeinnützige Organisation oder Sozialstunden bei gemeinnützigen Vereinen. 

Viele Unternehmen haben ihre Kameraüberwachung bereits erweitert und ihr Personal entsprechend geschult, wie die EHI-Studie zeigt. Die Ausgaben für Präventionsmaßnahmen im deutschen Einzelhandel sind im Jahr 2023 auf 1,55 Milliarden Euro angestiegen. Diese Kosten kommen zusätzlich zu den Verlusten durch Diebstahl hinzu.

Regensburger Einzelhändler platzte der Kragen

Das Thema Ladendiebstähle sorgte schon Ende letzten Jahres für kurzweilige Aufmerksamkeit. Der Regensburger Edeka-Betreiber Konstantin Gatzke machte damals in einem inzwischen wieder gelöschten Post seinem Ärger über die Zunahme von Diebstählen Luft. Wie der „Merkur“ damals berichtete, betreibt Gatzke in der Oberpfalz sechs Edeka-Märkte, unter anderem im Donaueinkaufszentrum in Regensburg. Auf einer Weihnachtsfeier erreichte Gatzke ein Überwachungsvideo, das er von einer Mitarbeiterin zugeschickt bekam. 

Im Edeka im DEZ wurde erneut ein Ladendieb erwischt, der versuchte, mit zwei prall gefüllten Taschen den Markt zu verlassen. Der Warenwert betrug 124 Euro. Dies war kein Einzelfall. „Damit war es aus mit der Weihnachtsstimmung“, berichtete der Kaufmann dem „Merkur“. Im Post machte er seinem Ärger Luft:

[E]s ist nicht mehr ertragbar!!! Jeden Tag kommen zu uns schwarz gekleidete Männer, alle aus den Asylwohnheimen in Regensburg. Machen Rucksäcke und Taschen voll, gehen ohne die Ware zu bezahlen durch den Eingang wieder raus. In diesem Fall haben wir ihn gefasst und an die Polizei übergeben.“

Der Edeka-Chef verstand seinen Post damals als Hilferuf: Diebstahl sei immer ein Thema. Mal würde eine Dose Red Bull, mal Kaugummi oder ein paar Flaschen Bier gestohlen werden. Aber das, was nun im September und Oktober in seinem Laden passiert sei, habe „etwas von organisierter Kriminalität“, so Gatzke. Diejenigen, die man erwische, seien in den meisten Fällen Männer aus Asylunterkünften in Regensburg, vornehmlich aus Nordafrika.

Häufig agierten die Täter zu zweit oder zu dritt und gingen dabei sehr gezielt vor. Auf den Aufnahmen der 49 Überwachungskameras, die Gatzke installiert hat, sei dieses Vorgehen deutlich zu erkennen. Der Edeka-Chef spricht von immer dem gleichen Muster: Einer der Täter wartet draußen vor der Eingangsschranke und löst diese aus, sobald die Taschen der anderen gefüllt sind, damit alle gemeinsam verschwinden können.

Weder seine Angestellten noch das Wachpersonal könnten das vollständig verhindern. Mittlerweile gebe er monatlich 3.000 bis 5.000 Euro für Sicherheitskräfte aus.

Gatzke zeigt Fotos von dem Diebesgut, das bei einem Täter gefunden wurde: mehrere Doraden im Wert von zehn Euro pro Stück, fünf oder sechs Packungen Garnelen zu je knapp 20 Euro und große Gläser mit teuren Gewürzen. Er ist überzeugt, dass niemand solche Mengen für den eigenen Bedarf stiehlt. „Das wird weiterverkauft“, sagt er.

Gatzke schätzt den monatlichen Schaden in seinem Markt auf 5.000 bis 10.000 Euro. In zwei Leitz-Ordnern hat er die Diebstahlfälle der letzten beiden Jahre dokumentiert. Manche Täter werden innerhalb kurzer Zeit mehrfach erwischt. „Manchmal tauchen sie schon nach drei Tagen wieder auf.“

Auf Nachfrage des „Merkur“ bestätigte die Polizei in Regensburg damals, dass Ladendiebstähle in der Stadt zugenommen hätten. Und: „Auffällig ist, dass in circa einem Drittel der Fälle die ermittelten Tatverdächtigen die tunesische Staatsangehörigkeit haben.“

Wie der „Merkur“ weiter schreibt, lebten im Dezember letzten Jahres nach Angaben der Bezirksregierung der Oberpfalz rund 270 Menschen aus dem Herkunftsland Tunesien in Unterkünften im Stadtgebiet Regensburg. 

Hoher Prozentsatz von Tätern ohne deutsche Staatsangehörigkeit

Auch wenn die Studie des Handelsinstituts EHI über die Herkunft der Täter nichts sagt, ist Regensburg kein Einzelfall in Deutschland. Laut dem vom Bundeskriminalamt im April veröffentlichten Bundeslagebild „Kriminalität im Kontext von Zuwanderung“ betrug der Anteil von Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit bei den registrierten Ladendiebstählen rund 34 Prozent. 

Im Jahr 2023 lebten nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 13.895 865 Personen ohne deutsche Staatsangehörigkeit und 3.173 135 Schutzsuchende in Deutschland. Damit ist der prozentuale Anteil an Ladendiebstählen von Migranten, gemessen am Bevölkerungsanteil, recht hoch. 

Bei der Vorstellung der Polizeilichen Kriminalstatistik 2023 im April, die auch über die Ladendiebstähle hinaus einen Anstieg um 17,8 Prozent bei nicht deutschen Tatverdächtigen auswies, betonte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) eine Nulltoleranz. „Das bedeutet bei ausländischen Tätern, neben den strafrechtlichen Konsequenzen, auch, dass sie Deutschland deutlich schneller verlassen müssen als es bislang der Fall war. Wer sich nicht an die Regeln hält, muss gehen“, sagte die Bundesinnenministerin damals.



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