Das „Lehman-Wochenende“ – Banken-Crash vor 10 Jahren
Es war das „Lehman-Wochenende“. Jene zwei Tage im September 2008, die zur Einsicht zwangen, dass die US-Investmentbank Lehman Brothers nicht zu retten war. Die zu jenem 15. September führten, an dem die Bank Konkurs anmeldete und damit den Beginn der schlimmsten globale Wirtschafts- und Finanzkrise seit den 30er Jahren markierte.
Die Bank hinterließ damals einen Schuldenberg von weit über 600 Milliarden Dollar und 25.000 schockierte Angestellte. Es war die größte Pleite der US-Geschichte. An der Wall Street gab der Aktienindex Dow Jones um 500 Punkte nach – der größte Kurssturz seit den Terroranschlägen von 2001. Bilder von Bankern, die mit ihren Habseligkeiten unter dem Arm noch am selben Tag die Bank verlassen, wurden zum Symbol der Krise.
„Wir haben das nicht kommen sehen!“, sagte damals eine Angestellte von Lehman Brothers in London. Doch andere sahen es. Der frühere Börsenmakler und Autor Lawrence McDonald ist überzeugt, dass das Management der Bank seit langem um die immensen Risiken wusste, die sie für kurzfristige Profite aufnahmen. „Sie haben uns mit 250 Stundenkilometern direkt auf den größten Eisberg von faulen Krediten zufahren lassen“, sagte er AFP 2009.
Zwischen 2005 und 2007, inmitten der Immobilienblase in den USA, machte die Bank noch gutes Geld. Damals wurden im großen Umfang schlecht abgesicherte Kredite einkommensschwacher Hausbesitzer zu Finanzprodukten gebündelt und mit einer guten Bonität versehen. Ab 2007 aber konnten immer mehr Hausbesitzer ihre Darlehen wegen steigender Zinsen nicht mehr abbezahlen – die faulen Kredite aber wurden weiter zu Wertpapieren gebündelt und von Bank zu Bank als Geldanlage weitergereicht.
Mitte 2007 begann Lehman, Verluste anzuhäufen. Neun Monate später machte als erste Wall-Street-Größe die Investmentbank Bear Stearns beinahe bankrott – sie wurde später unter Aufsicht der Notenbank Fed an den Rivalen JPMorgan Chase verscherbelt. Der Deal sendete Schockwellen durch die Finanzmärkte, die von da an auf den Niedergang von Lehman wetteten.
Am 9. September scheiterten Verhandlungen über den Einstieg einer koreanischen Staatsbank, daraufhin rauschte die Lehman-Aktie in den Keller und verlor die Hälfte ihres Werts. Am 10. September vermeldete die über hundert Jahre alte Bank einen Quartalsverlust von 3,9 Milliarden Dollar.
Kurz vor dem dramatischen Wochenende wurde dann bekannt, dass die Fed und das Finanzministerium in Gesprächen mit privaten Investoren über einen Einstieg waren. Doch auch Verhandlungen mit der Bank of America und der britischen Barclays scheiterten – womöglich, weil diesmal nicht mit staatlicher Unterstützung zu rechnen war: Washington lehnte eine Rettung ab.
„Wir sind sehr dafür kritisiert worden, dass wir Lehman Brothers haben Insolvenz anmelden lassen“, sagte dazu einmal Henry Paulson, der damals unter Präsident George W. Bush Finanzminister war. Doch laut Regierung war die Großbank so angeschlagen und hatte so wenig Sicherheiten, dass eine Rettungsaktion zu riskant und schlicht nicht zu bewältigen war.
„Auch im Vergleich zu anderen Banken war Lehman unglaublich schwach“, sagte dazu kürzlich Timothy Geithner, der damals die New Yorker Fed leitete und später Finanzminister unter Präsident Barack Obama wurde. Es sei „sehr schwierig“ gewesen, in dieser unsicheren Phase einen soliden Käufer zu finden, der ein so hohes Risiko tragen wollte.
Nach Einschätzung des Wirtschaftswissenschaftlers Laurence Ball von der Johns Hopkins University waren weitere Faktoren entscheidend: Der politische Druck auf die Fed, Lehman fallen zu lassen, sei zu groß gewesen, die Kritik der steuerzahlenden Öffentlichkeit an der staatlichen Rettung mehrerer Banken zu laut. Und nicht zuletzt hätten wohl beide, Paulson und die Fed den Schaden nicht kommen sehen, den Lehman schließlich anrichten würde. (afp)
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