Das ewige Geschäft mit dem Krieg und der „langen Münze“
Der herausragende Dichter, Philosoph und Dramatiker Friedrich Schiller (1759–1805) setzte dem böhmischen Feldherrn Albrecht Wallenstein (1583–1634) im Rahmen seiner berühmten Trilogie ein Denkmal.
Zudem führt Schillers Drama dem geneigten Publikum den parasitären Charakter des Militärs und des Krieges am Beispiel des Dreißigjährigen Krieges eindringlich vor Augen.
Weniger Beachtung finden hingegen bis dato die kriminellen Aktivitäten eines Münzkonsortiums rund um den „Geschäftsmann“ Wallenstein. Dabei sind die Parallelen zu den „Geldschöpfern“ der heutigen Zeit frappierend.
Epoche des Dreißigjährigen Krieges
Die Wallenstein-Trilogie Schillers ist ein Hauptwerk der sogenannten Weimarer Klassik. Mit der Trilogie führte Schiller das Genre des Geschichtsdramas zur Vollendung. Im Zentrum der Inszenierung steht besagter Albrecht Wallenstein.
1634 wird Wallenstein von Offizieren des österreichischen Kaisers Ferdinand II. (1578–1637) ermordet. Für meine persönlichen Betrachtungen sind die Geschehnisse des Prager Münzkonsortiums von besonderer Bedeutung – damit einhergehend auch die systematische erzwungene Bewirtschaftung der unterworfenen und eigenen Bevölkerung.
Der Krieg ernährt den Krieg
Die Geschichte des erfolgreichen Feldherrn und Machtmenschen Albrecht Wallenstein überlagert die räuberischen monetären Feldzüge, die Wallenstein mit seinen Vertrauten zulasten der Allgemeinheit unternahm.
Die Vorgänge erinnern an heutige Geschehnisse rund um die Geldverschlechterungspraktiken der „modernen“ Zentralbanken. Wallenstein war ein großer Profiteur des Krieges und sein blutgetränkter Stern ging mit dem Prager Fenstersturz auf.
Der entfesselte Krieg stürzte ganz Zentraleuropa in bittere Armut und vernichtete viele Menschenleben. Einige Geschäftsleute fassten hingegen die Gelegenheit beim Schopf und häuften gewaltige Vermögenswerte an. Profiteure des Krieges haben ganz offensichtlich kein Interesse am Frieden und selbstverständlich auch keinen Handlungsanreiz, um Frieden zu schließen.
Zu Zeiten Wallensteins wurden die Menschen in den besetzten Gebieten finanziell zur Ader gelassen. Im weiteren Verlauf forderte Wallenstein, zur Unterhaltung der Armee das bisher bekannte System der Kontributionen (Zwangserhebung von Geldbeträgen im feindlichen Gebiet durch Besatzungstruppen) als Strafzahlungen besetzter Gebiete radikal zu ändern.
Der Druck war groß und so stimmte der Kaiser mit seinen Beratern zu. Von da an wurden die Kontributionen als fortwährende Kriegssteuer von allen Reichsständen, inklusive der Erblande und Reichsstätte, erhoben. Der Krieg ernährte den Krieg.
Die Bewirtschaftung der Menschen machte jedoch auch vor der eigenen Bevölkerung nicht halt. Auch in Wallensteins eigenem Herzogtum und im Reich wurden Zwangszahlungen zur Kriegsfinanzierung eingetrieben. Allerdings versuchte man sowohl in den besetzten Gebieten als auch in eigenen Landen, die Menschen nicht zu überlasten.
Man könnte sagen, dass die Herrscher bestrebt waren, eine Art Bewirtschaftungsgrenze zu ermitteln. Die wirtschaftliche Schwächung der Untergebenen und Unterdrückten sollte also nicht übertrieben werden. Auch Plünderungen wurden unter strenge Strafe gestellt.
Kaiser braucht Geld: Hochpunkt der Kipper- und Wipperzeit
Jedoch stellte es sich bald heraus, dass sämtliche Steuern und Kontributionen die Kriegskosten nicht mehr decken konnten. Um den Krieg, die Soldaten und den allgemeinen Haushalt weiter zu finanzieren, brauchte der Kaiser enorme Summen. Sein Hofkammerpräsident Hans Ulrich von Eggenberg (1568–1634) und Karl I. von Liechtenstein (1569–1627) machten ihm daher einen Vorschlag.
Ein Konsortium aus Adeligen, Bankern und Bürgern sollte im Januar 1622 das Münzregal (Münzprägerecht) des Kaisers für sechs Millionen Gulden für ein Jahr erwerben. Auch Wallenstein war Mitglied dieses Konsortiums, ebenso der Bankier Jacob Bassevi (1570–1634). Vermutlich erkannte Wallenstein die günstige Gelegenheit, mittels schlechter Münzen ordentliche Gewinne zu ergaunern.
Als schlechte, verwässerte oder lange Münzen bezeichnet man Münzen mit einem geringen Edelmetallgehalt. Das ursprüngliche Reichsgesetz schrieb 1618 vor, dass Münzen im Nominalwert von 19 Gulden der Wiener Feinmark rund 280 Gramm Silber enthalten müssen.
Für den identischen Silbergehalt sollten nun 79 Gulden aus der Feinmark geprägt werden. Der Silbergehalt der Gulden wurde folglich von 14,7 Gramm je Stück auf 3,5 Gramm herabgesetzt. Ganz legal und ohne Haftung der Konsorten ergab sich zunächst eine Münzverschlechterung von ungefähr 75 Prozent.
Neben dem Münzprägemonopol erhielt die Gruppe um Wallenstein im Einflussbereich von Kaiser Ferdinand II. auch das Monopol auf den Silberhandel. Verstöße wurden mit dem Tode bestraft. Das Konsortium prägte im Laufe der Zeit immer mehr lange Münzen.
Der Anreiz, so viele Münzen zu prägen wie möglich, liegt auf der Hand: je mehr Münzen, desto größer der Ertrag für das Münzkartell – ein gewaltiger Betrug, der Ende 1623 den kaiserlichen Staatsbankrott bewirkte.
Pachtsumme überstieg die Steuereinnahmen um das Sechsfache
Wöchentlich war eine Summe von 115.000 Gulden an den Kaiser zu entrichten. Die annualisierte Pachtsumme überstieg die jährlichen Steuereinnahmen des Kaisers um das Sechsfache. Anhand dieser Relationen werden die gewaltigen Dimensionen dieses monetären Husarenstückes ersichtlich.
Beamten des Kaisers schafften die Rechtsgrundlagen für die Umsetzung der Aktion. Protagonisten des Münzkonsortiums, unter ihnen der Hofbankier des Kaisers, Hans de Witte, beschafften die Unmengen an Rohsilber und organisierten die Prägung.
Der Historiker Golo Mann quantifizierte den Umsatz der Konsorten in seinem Werk „Wallenstein: Sein Leben erzählt von Golo Mann“ auf 42 Millionen Gulden. Der Reingewinn der Herren soll bis heute unbekannt sein, zumindest sind keine Quellenfunde bekannt geworden.
Agenten des Konsortiums kauften alte Münzen auf
Im ganzen Land kauften Agenten des Münzkonsortiums die alten werthaltigen Münzen auf. Sie wippten die Münzen und kippten die guthaltigen Münzen aus. Wippen steht für wiegen und kippen für das Aussortieren. Auf diese Weise entstand die Begrifflichkeit der Kipper- und Wipperzeit.
Eine Zeit der großen Geschäfte wie auch des großen Betruges und der großen Raubzüge. Das kaiserliche Münzkonsortium um Wallenstein betrieb dieses Betrugsmodell besonders systematisch, „professionell“ und im großen Maßstab. Aber auch andere Münzprägestätten wie Magdeburg, Nordhausen, die Grafschaft Solms und viele andere bereicherten sich auf diese Weise.
Die Notwendigkeit, den Krieg zu finanzieren, bringt ganz offensichtlich das Schlechte in den Menschen hervor. In der heutigen Zeit wird die Kriegsfinanzierung als Sondervermögen bezeichnet. Damals war die Geldverschlechterung durch den Prägeaufwand und die Einbringung des Silberanteils wesentlich aufwendiger.
Heute sind es lediglich Buchungssätze, die zu einer systematischen Geldverschlechterung und Enteignung der breiten Masse der Bevölkerung führen.
In Teil 2 wird es nächste Woche um die Verlierer der Münzverschlechterung gehen und auch darum, dass der reine Geldschöpfungsgewinn gar nicht den Löwenanteil der fragwürdigen Geschäftspraktiken ausmachte. Zudem werden die Parallelen zu den heutigen lizenzierten Geldschöpfern aufgezeigt und ein Lösungsansatz aus der Zeit der Kipper- und Wipperzeit angeführt.
Zum Autor:
Benjamin Mudlack ist gelernter Bankkaufmann und Diplom-Wirtschaftsinformatiker. Er ist Vorstandsmitglied der Atlas Initiative, Mitglied der Friedrich August von Hayek-Gesellschaft und begleitet aktiv einige andere freiheitliche Projekte wie das Free Economic Forum und den YouTube-Kanal „Der ökonomische IQ“. Im November 2021 veröffentlichte er das Buch „Geld-Zeitenwende: Vom Enteignungsgeld zurück zum gedeckten Geld“.
Der Artikel erschien zuerst auf „Freiheitsfunken.info“ unter dem Titel „Monetäre Raubzüge des Prager Münzkonsortiums“.
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