Dafür sind wir Unternehmer: „Der Angst mit Mut begegnen“
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Gastronomie in Zeiten von Corona. Kaum eine Branche musste sich in den letzten beiden Jahren auf diese Masse an Neuerungen in kürzester Zeit einstellen. Alexander Theiss, Betreiber des neu eröffneten Gutshof Seenland in Kothgumprechting bei Salzburg, gibt Einblicke in die Herausforderungen eines Unternehmers. Das gehobene Restaurant öffnete vier Monate vor Beginn der Lockdown-Maßnahmen.
Neben der Gastronomie führt er seit vielen Jahren erfolgreich ein Kühllogistikunternehmen. Die Frau des 55-Jährigen ist ebenfalls in der Branche beheimatet. Sie betreibt einen Lebensmittelhandel, der Gastronomiebetriebe beliefert. Auch sein volljähriger Sohn sowie seine Tochter treten mit zwei Handelsbetrieben in die Unternehmer-Fußstapfen der Eltern.
Sie führen gemeinsam mit Ihrer Familie insgesamt fünf Unternehmen. Wie haben Sie die letzten beiden Jahre mit der Corona-Krise erlebt?
Es war für uns eine nicht abzuschätzende Situation, weil wir nicht wussten, wie lange das Ganze dauern wird beziehungsweise welche weiteren Maßnahmen noch getroffen werden. Bis dato haben wir circa 780 bis 800 verschiedene Verordnungen erhalten. Das ist für ein Unternehmen nicht mehr zu bewältigen.
Auch die Mitarbeiter konnten sich in dieser Geschwindigkeit schwer auf all die neuen Anforderungen einstellen. Als Unternehmer ist man dann damit konfrontiert, dass Mitarbeiter ganz plötzlich von heute auf morgen kündigen, weil sie bestimmte Verordnungen nicht mehr mittragen. Das ist für mich als Unternehmer eine äußerst unangenehme Situation, wobei ich den finanziellen Aspekt hier noch gar nicht anspreche.
Erhalten Sie in dieser Situation staatliche Hilfe in Form von finanzieller Unterstützung oder Fristverlängerungen?
Eine Fristverlängerung ist eine sehr schlechte Ausgangssituation. Wenn man als Unternehmer in der momentanen Situation nicht zahlungsfähig ist, dann wird man es zu einem späteren Zeitpunkt meist auch nicht sein. Die staatlichen Förderungen für die Handelsbetriebe waren Almosen. Meine Frau hat in ihrem Betrieb etwa 4.500 Euro monatliche Fixkosten und hat einmalig 1.000 Euro erhalten.
Wenn wir keine finanziellen Polster hätten, wären wir längst insolvent. Meine Kinder haben ihre Firmen jeweils erst gegründet und konnten keine „richtigen“ Zahlen aufweisen. Beide sind daher bezüglich finanzieller Unterstützung komplett durch den Rost gefallen. Genau wie mein Speditionsbetrieb, obwohl ich hauptsächlich die Gastronomie beliefere. Natürlich bin ich zur Behörde gegangen und habe um eine Förderung angefragt – daraufhin hieß es, dass ich mir eine andere Kundschaft suchen sollte.
Den Betrieb vom Gutshof Seenland haben wir vier Monate vor Lockdown-Beginn mit 12 Angestellten gestartet. Nach drei Monaten Lockdown musste ich alle kündigen, weil die Regierung nicht fähig war, uns mitzuteilen, ob Jungunternehmer überhaupt Anspruch auf staatliche Unterstützung haben.
Erst drei Wochen nach Lockdown-Ende wurde festgelegt, dass wir Unterstützung erhalten. Bei einem kleinen Betrieb mag das eventuell keine große Rolle spielen. Aber bei einem großen Betrieb wie bei mir fallen horrende Fixkosten an. Diese Situation abzuschätzen ist Wahnsinn.
Wie stellt sich die Situation mit dem Personal dar? Wie planen Sie hier?
Planen ist gut! (Lacht laut) Man macht heute einen Plan und morgen ist er nichts mehr wert. Es gibt noch sehr viele arbeitswillige Leute, diese sind aber teilweise nicht aus der Branche. In der Küche braucht man definitiv einen Fachmann mit Erfahrung. Im Service braucht man hauptsächlich freundliche Leute, die gerne für andere Menschen etwas tun. Die gibt es, aber das Problem ist, diese möchten nicht angestellt sein. Die wollen auch nicht bloß drei Stunden arbeiten.
Ein weiteres Problem ist, dass egal ob Hausmeister, Servicemitarbeiter oder andere – viele möchten sich den Regelungen von 2G oder 3G nicht unterwerfen. Die kündigen lieber oder erscheinen einfach gar nicht zur Arbeit. Diese Situation haben wir zwei- oder dreimal genossen. Bei der Umstellung auf die 3G-Regelung sind bereits die ersten Mitarbeiter einfach nicht zur Arbeit erschienen.
Bei der 2G-Regelung sind wir dann nur noch zu zweit in diesem großen Laden gestanden. Ab diesem Schritt habe ich dann meine Familie in den Betrieb geholt, die uns geholfen hat. Hoch lebe die Familie, dass sie ohne Murren einfach mitgearbeitet haben! Aber das ist richtig heftig.
Diese Verunsicherung, die stattfindet, bezieht sich nicht nur darauf, dass die Situation für uns Unternehmer unplanbar ist. Es betrifft auch noch das Personal. Ein gutes Beispiel ist die Landesberufsschule für Gastronomie hier in der Nähe. Die ist halb leer, weil die Lehrlinge ihre Lehre abbrechen. Diese sagen, es ist ein Beruf, der keine Zukunft mehr hat. Und das in einem Tourismusland wie Österreich.
Der nachhaltige Schaden, den die Regierung durch ihre Maßnahmen verursacht hat, ist immens. Das betrifft das Personal, den Nachwuchs, die einzelnen Lieferketten, die Bauern usw. Es gibt einen guten Spruch: „Das Wohl der Gemeinschaft wiegt schwerer als das Schicksal der Einzelnen.“ Ich habe den Eindruck, dass hier nicht abgeschätzt wurde, was wirklich das Wohl der Gemeinschaft ist.
Wie haben sich die Maßnahmen im täglichen Geschäft bewährt bzw. wie alltagstauglich sind sie?
Ich als Wirt, der genesen und maskenbefreit ist, darf im Stehen nicht mit meinen Gästen sprechen. Also habe ich einen Bürostuhl genommen und bin zu meinen Gästen in den Gastraum gerollt, denn im Sitzen darf ich mit ihnen sprechen. Das ist einfach ein Widerspruch in sich selbst. Hier ist die Gesetzeslage einfach eine Katastrophe. Es ist nicht bedacht worden, welche Widersprüche hier vorhanden sind. Und davon gibt es in der Praxis Hunderte von Beispielen.
Es gibt große Zulieferer in unserer Region mit 300 und mehr Mitarbeitern, bei denen sich ganze Abteilungen aufgelöst haben, nachdem die 2G-Regelung eingeführt wurde. Das ist schlimm, denn das kann man mit Leiharbeitern nicht auffangen. Das ist nicht möglich, denn es gibt keine Übergabe der Arbeitsprozesse. Es ist ein Schaden in unglaublichem Ausmaß für diese Betriebe.
Als Gastronom sind Sie verpflichtet, die 2G/3G-Kontrollen durchzuführen. Wie klappt das im Alltag und welche Erfahrungen haben Sie damit gemacht?
Eine provokante Frage. Wir sollten die 2G/3G-Regelung überprüfen, dürfen es aber eigentlich gar nicht. Ich kann weder beurteilen, ob das korrekt ist, was auf dem Zettel steht, weil ich kein Arzt bin, noch kann ich die Echtheit des Zertifikats überprüfen, da ich kein Sachverständiger bin. Somit kann ich eigentlich nur den Leuten ins Gesicht schauen und beurteilen, ob sie gesund aussehen.
Wenn die Polizei zur Prüfung kommt, muss ich darauf vertrauen können, dass das stimmt, was auf dem Zettel steht. Ich entlasse damit die Gäste in die Eigenverantwortung. Was eigentlich der richtige Weg ist, denn Bevormundung ist immer schlecht.
Was erwarten Sie von der Regierung? Was wünschen Sie sich von der Politik?
Mein Wunsch ist die komplette Aufarbeitung des ganzen Geschehens, inklusive der Politik, der Medien und der Betriebe, die hierbei beteiligt waren. Auch die gerichtliche Abhandlung des Ganzen gehört für mich dazu. Es stellt sich für mich so dar, dass es verschiedene Meinungen gibt, die sehr weit auseinanderdriften.
Man sollte über ein Schiedsgericht feststellen, ob das Vorgehen der Politik gerechtfertigt war oder nicht. Ob die Maßnahmen in Ordnung waren oder nicht. Oder ob eine persönliche Gier ausschlaggebend war, diese Maßnahmen so durchzusetzen. Ich würde mir wünschen, dass hier etwas ins Rollen kommt. Es wurden Verfassungsgesetze und Menschenrechte gebeugt und das muss auf alle Fälle aufgearbeitet werden.
Welche Maßnahmen sollten ergriffen werden, damit Unternehmer nicht das Handtuch werfen?
Die schwierigste Aufgabe bei uns Unternehmern ist nicht, dass wir das wirtschaftlich nicht schaffen können. Die schwierigste Aufgabe für Unternehmer ist, dass wir das mental durchstehen. Dass wir auf der positiven Seite bleiben, dass wir optimistisch und zuversichtlich sind. Dass es weiter geht, dass wir die Möglichkeit haben, unsere Familien zu ernähren, dass wir die Möglichkeit haben, unseren Mitarbeitern wieder Sicherheit zu geben. Und dass wir wieder auf einer positiven Welle sind und nicht täglich mit Angst zur Arbeit kommen.
Wir müssen der Angst mit Mut begegnen, so sind eigentlich wir Unternehmer. Jede Führungskraft sollte das machen. Das fängt bei der Kindergärtnerin an und geht weiter zum Volksschullehrer. Das zieht sich bis in die Gemeinde, zum Land, zum Bund. Wir Führungskräfte sollten schaffend, positiv und aufbauend sein.
Wie gehen Sie mit dieser schwierigen Situation um?
Ich versuche positiv auf mein ganzes Umfeld einzuwirken und Hoffnung zu geben. Ich versuche Projekte ins Leben zu rufen. Ich versuche weiterzumachen, auch wenn es mal nicht funktioniert wie geplant. Ich versuche, dass wir uns nicht hängen lassen, dass wir immer wieder weitermachen. Irgendwann stößt man dann mal auf Gold und dann fügt es sich wieder.
Da fällt mir ein guter Spruch von den zwei Fröschen in der Milchkanne ein. Beide hüpfen freudig in eine volle Milchkanne. Sie trinken und trinken und trinken. Als beide volltrunken waren, wollten sie wieder aus der Kanne hüpfen, haben es aber nicht mehr geschafft. Beide paddeln längere Zeit vor sich hin, bis irgendwann einer der Frösche sagt, er möchte sterben und aufgeben. Der andere Frosch ermutigte ihn zum Weitermachen. Also paddelten beide immer weiter in der Milch. Nach einiger Zeit des Paddelns wurde die Milch zu Butter, hat einen festen Untergrund geschaffen und beide konnten aus der Kanne hüpfen.
Und genau so sollten wir auch sein! Es ist eine schlechte Situation, aber sie wird wieder gut werden, weil das Gute hat bisher noch immer gesiegt!
Das Gespräch führte Andrea Gerzer. Der Artikel erschien zuerst in der gedruckten Epoch Times Wochenzeitung vom 15.01.2022, Ausgabe Nr. 27.
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