Corona-Krise frisst tiefes Loch in deutsche Wirtschaft – Ökonomen befürchten aber keine Inflation
Die Volkswirte führender deutscher Finanzinstitute sehen durch die Corona-Krise die deutsche Wirtschaft in Teilen aus den Angeln gehoben. „Die Corona-Krise stellt alles in den Schatten“, sagte Katharina Utermöhl von der Allianz-Gruppe in einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur.
Sie sagt für das Jahr 2020 einen Einbruch der Wirtschaftsleistung um 8,9 Prozent voraus. Enzo Weber vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg sieht den Rückgang bei 8,4 Prozent. Die Deutsche Bank bleibt zunächst bei ihrer Prognose eines noch vergleichsweise moderaten Rückgangs des Bruttoinlandsproduktes um 5,3 Prozent für das laufende Jahr.
Die Arbeitslosigkeit wird nach Erwartung der Volkswirte deutlich steigen. Die prognostizierten Spitzenzahlen für das laufende Jahr schwanken in den einzelnen Vorhersagen leicht: Allianz-Volkswirtin Utermöhl rechnet mit einem Höchststand von knapp unter drei Millionen bei 2,967 Millionen Menschen ohne Job, IAB-Wissenschaftler Weber geht davon aus, dass es sogar über drei Millionen werden können.
Marc Schattenberg von der Deutschen Bank gibt sich etwas optimistischer und rechnet in der Spitze mit 2,7 Millionen Arbeitslosen in Deutschland. Die Bundesagentur für Arbeit gibt an diesem Donnerstag ihre Arbeitsmarktzahlen für April bekannt – den ersten Monat, in dem die Krise voll gegriffen hat.
Anstieg von Kurzarbeitern auf sechs Millionen erwartet
Angesichts einer Rekordzahl von Unternehmen, die Kurzarbeit angemeldet haben, sagte Schattenberg: „Es würde mich nicht wundern, wenn die Zahl der Kurzarbeiter auf über sechs Millionen steigt.“ Utermöhl geht sogar von bis zu sieben Millionen Kurzarbeitern in der Spitze aus – beides wäre ein einsamer Rekord. Die bisher Höchstzahl war im Mai 2009 mit 1,44 Millionen Kurzarbeitern erreicht worden.
„Der Arbeitsmarkt steht im Bann der Corona-Krise, und das wird das ganze Jahr über so bleiben“, sagte Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der staatlichen KfW-Gruppe, die derzeit stark an der Krisenfinanzierung von Unternehmen beteiligt ist. „Geschäftsschließungen, Einschränkungen im Geschäftsbetrieb, ausbleibende Nachfrage, unterbrochene Lieferketten und Reisebeschränkungen verstärken sich in ihrer Wirkung und haben eine tiefe weltweite Rezession ausgelöst“, sagte Köhler-Geib.
Nach den Worten Utermöhls droht angesichts der enormen staatlichen Eingriffe ein Problem bei den Staatsschulden. Deutschland steuere auf ein Defizit von sieben Prozent zu, bei einer Gesamtverschuldung von 72 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Dies reißt zwar deutlich die Maastricht-Kriterien der Europäischen Union, wirkt aber im Vergleich zu anderen Ländern – Italien sitzt auf einem Schuldenberg von 169 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung – vergleichsweise moderat.
Trotz aller Nachholeffekte glaubt die Volkswirtin nicht, dass die Wirtschaft das Gesicht von vor der Krise zurückerlangt. „Ganz die alte Form wird unsere Wirtschaft vermutlich nie wieder erlangen, denn die Covid-19-Krise wird auch bleibende Spuren hinterlassen“, sagte Utermöhl. Trends der letzten Jahre könnten sich verstärken: Neben höheren Schulden oder niedrigeren Zinsen auch mehr Protektionismus und eine nachhaltig größere Rolle des Staates. „Die Covid-19-Krise dürfte zudem angesichts teils dauerhaft geänderter Gewohnheiten – etwa was das Einkaufen, Arbeiten und Lernen angeht – auch der Digitalisierung einen kräftigen Schub geben.“
Keine Inflation erwartet
Ungeachtet gigantischer Staatsausgaben rechnen Ökonomen in der Corona-Krise vorerst nicht mit einem Inflationsschub – eher im Gegenteil mit sinkenden Preisen. Ein wesentlicher Faktor dabei ist der Absturz der Ölpreise, so die Einschätzung mehrerer Volkswirte.
„Angesichts der Schwere der aktuellen Rezession und vor dem Hintergrund des ausgesprochen starken Ölpreisverfalls sollte die Konsumentenpreisinflation im Jahresdurchschnitt 2020 deutlich niedriger ausfallen als im Vorjahr“, sagt Michael Menhart, Chefvolkswirt des weltgrößten Rückversicherers Munich Re. „Ich vermute, dass die Corona-Krise eher zu einer Deflation führen wird“, meint Markus Demary, Senior Economist für Geldpolitik und Finanzmärkte am Institut der Deutschen Wirtschaft Köln.
BayernLB-Chefvolkswirt Jürgen Michels teilt die Einschätzungen seiner Kollegen: „Kurzfristig sehe ich ganz klar, dass der Druck auf die Preise eher nach unten geht – auch wegen der Ölpreisentwicklung.“
Nicht nur die Regierungen, sondern auch die Unternehmen werden nach der Krise auf Schuldenbergen sitzen. „Diese Schulden müssen abgebaut werden und der Abbau der Schulden hat für eine gewisse Zeit Vorrang vor neuen Investitionen“, sagt IW-Geldmarktspezialist Demary. „Durch die Zurückhaltung der Investitionen fehlt Nachfrage, wodurch das Wachstum der Preise stagniert.“
Zwei von mehreren weiteren Faktoren, die Demary nennt: Risikoscheue sowie mutmaßlich verhaltene Nachfrage nach dem Ende der Pandemie. „Unternehmen und Haushalte werden eher nicht investieren, sondern erst einmal abwarten, dass die Unsicherheit fällt.“
Nach der Krise
Und wie sieht es nach dem Ende der Krise aus? Das hängt vom Ausmaß und Tempo der anschließenden Erholung ab, wie Munich Re Chefvolkswirt Menhart sagt – „wobei wir aktuell nicht von einer grundlegenden Veränderung des Inflationsausblicks ausgehen und deshalb mit Inflationsraten ungefähr auf Vorkrisen-Niveau rechnen.“
Doch ähnlich wie Juristen analysieren Volkswirte für ihre Einschätzungen eine Vielzahl von Faktoren. Manche dieser Faktoren könnten durchaus zu einer Rückkehr der Inflation führen.
Munich Re-Chefvolkswirt Menhart weist auf einen weiteren Punkt hin: „Risiken höherer Inflation bestehen allerdings insbesondere dann, wenn bei sich normalisierender volkswirtschaftlicher Nachfrage Unternehmen die Produktion nicht ausreichend schnell wieder hochfahren können.“
Auch BayernLB-Chefvolkswirt Michels hält eine Rückkehr der Inflation für möglich. „Mittelfristig sehe ich eine gewisse Gefahr, dass die Inflation nach oben gehen könnte, aber erst, wenn wir volkswirtschaftlich wieder auf dem Niveau sind, das wir vor der Krise hatten.“ Das könnte nach Michels Einschätzung allerdings erst 2022/23 der Fall sein.
„Wir haben in der Corona-Krise gemerkt, dass wir bei vielen Dingen zu wenig Reserven hatten“, meint der Münchner Ökonom. „Wenn wir wieder eine höhere Lagerhaltung haben, verursacht das Kosten. Und wenn man sich nicht mehr auf internationale Lieferketten verlassen kann, wird vielleicht wieder mehr lokal produziert, aber teurer. Diese zwei Faktoren könnten preistreibend wirken.“ (dpa)
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