Bund und Kommunen vor größter Tarifrunde des Jahres – Forderung nach 8 Prozent
In der kommenden Woche beginnt die größte Tarifrunde dieses Jahres, von der Leitwirkung auch für andere Tarifrunden erwartet wird. Ab Freitag verhandeln die Gewerkschaften des öffentlichen Diensts mit den Arbeitgebern von Bund und Kommunen über die Entgelte von rund zweieinhalb Millionen Tarifbeschäftigten.
Ver.di und Beamtenbund fordern ein Gesamtvolumen von 8 Prozent, mindestens jedoch monatlich 350 Euro mehr Geld.
Sie begründen ihre Forderung mit einem angestrebten Inflationsausgleich, der nach Angaben von ver.di-Bundeschef Frank Werneke trotz abflauender Teuerung mit dem vorangegangenen Tarifabschluss von 2023 noch nicht vollständig gelang.
Zudem wird eine Reallohnsteigerung angestrebt, um die Kaufkraft zu stärken. Bund und Kommunen könnten mit steigenden Steuereinnahmen rechnen, die Tarifforderung sei „verkraftbar“, sagt Werneke.
Beamtenbund-Chef Ulrich Silberbach verweist auf bundesweit mehr als eine halbe Million unbesetzter Stellen im öffentlichen Dienst. Die Attraktivität der öffentlichen Arbeitgeber müsse gestärkt werden, damit Verwaltungen ihre Aufgaben bewältigen könnten.
Vereinigung kommunaler Arbeitgeberverbände: Überzogene Forderungen der Gewerkschaften
Verhandlungsführerin des Bundes ist Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Die Vereinigung kommunaler Arbeitgeberverbände (VKA) wies die Tarifforderungen bereits zurück.
Die Gewerkschaften gefährdeten „mit ihren überzogenen Forderungen die Handlungsfähigkeit der Kommunen“, erklärte die VKA-Präsidentin und Gelsenkirchener Oberbürgermeisterin Karin Welge (SPD). Jeder Euro, den die Kommunen für höhere Gehälter ausgeben müssten, fehle etwa bei wichtigen Investitionen in die Daseinsvorsorge.
Die VKA beziffert das Gesamtvolumen der Tarifforderung mit 10,86 Prozent, das bedeute Zusatzkosten in Höhe von 14,88 Milliarden Euro. Die kommunalen Arbeitgeber streben als Orientierungsgröße einen Tarifabschluss auf Höhe der Inflation um die 2 Prozent an.
Ver.di rechnet mit jedem Prozent Entgelterhöhung mit Mehrkosten von 1,33 Milliarden Euro bei den Kommunen und einschließlich Beamten sowie Versorgungsempfängern mit 391 Millionen Euro beim Bund.
Bisheriger Tarifvertrag für öffentlichen Dienst ist ausgelaufen
Der bisherige Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst lief zum Jahresende aus. Beim Bund sind vom Ergebnis der Tarifrunde nach Ver.di-Angaben rund 154.000 Beschäftigte direkt betroffen.
Der ganz überwiegende Teil der Beschäftigten arbeitet in bundesweit rund zehntausend Kommunen. Die Dienstleistungsgewerkschaft gibt die Zahl der dort Beschäftigten, die unter diesen Tarifvertrag fallen, mit gut 2,25 Millionen an.
Ver.di beziffert den verteilungsneutralen Spielraum als Orientierungspunkt für die Tarifforderung mit in diesem Jahr voraussichtlich rund 2,5 Prozent. Der Spielraum gibt an, wie stark Löhne und Gehälter innerhalb eines Jahres steigen müssten, um die Lohnquote stabil zu halten und die Teilhabe an der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung zu sichern. Das reicht laut ver.di jedoch nicht aus, um die seit 2021 erlittenen Verluste auszugleichen.
Das WSI-Tarifarchiv der gewerkschaftlichen Hans-Böckler-Stiftung hält die Kaufkraftverluste durch die historisch hohen Inflationsraten der Vorjahre durch die Tariflohnentwicklung erst etwa zur Hälfte für kompensiert. Deshalb schwächle die Kaufkraft als wesentlicher Faktor der konjunkturellen Entwicklung, sagt der Leiter des WSI-Tarifarchivs, Thorsten Schulten.
Die Lohnentwicklung werde in diesem Jahr jedoch schon deshalb schwächer als in den Vorjahren bleiben, weil die Inflationsausgleichsprämie als Einmalzahlung ausgelaufen sei. Die Reallohnzuwächse würden sich wahrscheinlich eher gedämpft auf dem Niveau der Inflationsrate entwickeln.
Der Tarifexperte des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft, Hagen Lesch, gibt an, wenn der öffentliche Dienst leistungsfähig bleiben solle, müssten die Löhne steigen, denn es gebe einen Lohnwettbewerb mit der Privatwirtschaft. (afp)
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