Bürokratie: „Grundübel ist ein abgrundtiefes Misstrauen gegenüber Unternehmertum“
Die deutsche Wirtschaft hat die Bundesregierung zu wesentlich mehr Anstrengungen aufgefordert, um Bürokratie abzubauen. „Die Bürokratie – national wie immer stärker auch von europäischer Seite – schnürt der Wirtschaft die Luft zum Atmen ab“, sagte der Präsident der Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK), Peter Adrian, dpa.
Die Bundesregierung komme trotz großer Ziele beim Abbau der Bürokratie nicht richtig voran. Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger sagte: „Die mittelständischen Betriebe werden mit Bürokratie überhäuft, die sie teilweise gar nicht leisten können.“
Wirtschaftsverbände fordern seit langem weniger Bürokratie. Innerhalb der Bundesregierung hatte vor Weihnachten die Abstimmung zu einem Gesetzentwurf begonnen, der die bürokratischen Lasten auf den Schultern von Bürgern und Unternehmern etwas leichter machen soll.
Erreicht werden soll dieses Ziel unter anderem durch kürzere Aufbewahrungspflichten für bestimmte Dokumente, digitalere Prozesse und die Streichung einiger Vorschriften.
Wirtschaft sieht ein Grundübel
Der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie, Siegfried Russwurm, sagte: „Das Grundübel ist ein abgrundtiefes Misstrauen gegenüber Unternehmertum. Die Unternehmen müssen ständig nachweisen, dass sie kein Gesetz übertreten. Sie müssen dokumentieren, dass sie sich an Gesetze und Vorschriften halten.“
Russwurm vergleicht: „Das ist so, wie wenn man als Privatperson immer dann, wenn man regelkonform parkt, einen Bericht nach Flensburg schicken müsste, statt auf Kontrollen zu bauen. Wer beim Falschparken erwischt wird, bekommt einen Strafzettel und muss zahlen.“
Analoges würde sich auch in der Industrie anbieten, so Russwurm. „Wer Regeln übertritt, wird sanktioniert. Aber flächendeckende Dokumentationen von allem und jedem mit dreifachem Durchschlag an die staatlichen Behörden, das ist völlig überzogen.“
Zeitaufwand wird immer größer
Adrian nannte als ein Beispiel eine Baugenehmigung für eine einfache Gewerbehalle. „Das waren früher zwei Seiten, heute müssen mindestens 30 Seiten mit umfangreichsten Nebenbestimmungen ausgefüllt werden. Das ist grotesk.“
„Mit Detailsteuerung und sich widersprechenden Vorschriften überfordert der Staat nicht nur die Wirtschaft. Er überfordert auch zuletzt sich selbst. Es werden Regeln, Pflichten, Vorgaben geschaffen, die am Ende ja auch kontrolliert werden müssen.“ Als Unternehmer werde der Zeitaufwand, den man für Berichte und Formalien aufwenden müsse, immer größer.
Dulger, Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, forderte, es müsse so viel Bürokratie wie möglich von den Unternehmen abgewendet werden.
„Die Richtlinie zur Überprüfung der Sozialstandards in unseren Unternehmen ab 1.000 Mitarbeitern ist so dick wie das Berliner Telefonbuch. Da fragen sich viele Unternehmer zurecht: Was soll das?“ Deutschland ersticke sich selbst mit Regeln. (dpa/red)
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