Brexit-Referendum: Hessens Wirtschaftsminister sieht Frankfurt als Profiteur
Hessens Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir sieht Frankfurt unter den europäischen Finanzzentren als wichtigsten Profiteur des Brexit-Referendums: „Durch den Brexit wird London nicht der zentrale Finanzplatz der EU bleiben. Das wird nun Frankfurt werden“, so der Grünen-Politiker dem „Focus“. Für die Stadt sprächen ihre „sehr gute digitale Infrastruktur, exzellente Erreichbarkeit, die Nähe zur EZB, eine sehr hohe Lebensqualität und im Vergleich zu London oder Paris deutlich günstigere Büros“.
Auch andere europäische Finanzplätze bieten sich Banken und anderen Finanzdienstleistern, die Teile ihres Geschäfts aus der Londoner City verlagern wollen, als Standorte an. Am 10. August wird Al-Wazir deswegen mit einer Delegation für zwei Tage nach London reisen, um Entscheider der Bankenbranche anzusprechen und für Frankfurt zu werben. Der Minister fordert, zentrale Aufsichtsfunktionen wie das Euro-Clearing aus London abzuziehen. „Die Leistungen und die Kontrolle der Finanzmärkte sind zentrale volkswirtschaftliche Funktionen. Wir werden beispielsweise genau prüfen müssen, ob der Handel mit dem Euro in überwiegendem Maße außerhalb der EU stattfinden kann. Dabei geht es auch um die Frage, ob und wie zur Sicherung der Stabilität des Euros und der Wirtschafts- und Währungsunion diese zentralen Finanzmarktfunktionen in die EU geholt werden müssen.“ Die Aufsichtsbehörde EBA dürfe nach einem Brexit nicht in London bleiben. „Es macht Sinn, diese räumlich in der Nähe der EZB-Bankenaufsicht anzusiedeln. Frankfurt wäre für die EBA ein guter Ort im Herzen der EU.“ Eric Menges, Geschäftsführer der Standort-Marketinggesellschaft FrankfurtRheinMain, warnt währenddessen vor einem zu offensiven Auftritt des Finanzplatzes Frankfurt im Wettstreit mit Paris, Dublin, Amsterdam oder Luxemburg. „Nichts wäre unangemessener, als Frankfurt voreilig zum Brexit-Gewinnler zu erklären“, so Menges. „Es gilt, in der Außendarstellung eine angemessene Tonalität zu finden.“ Schadenfreude komme in London schlecht an, genauso Selbstüberschätzung.
(dts Nachrichtenagentur)
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