Branche im Krisenmodus: Habeck ruft zum Autogipfel

Angesichts der Krise hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck zu einem Autogipfel am kommenden Montag geladen, um mit führenden Vertretern der Branche Strategien zur Bewältigung der Lage zu erörtern. Kritisch gesehen wird das Treffen von FDP und Union. Die SPD bringt unterdessen einen Vorschlag ins Spiel, der Erinnerungen weckt.
Besuch in der Produktion: Minister in Emden
Am Freitag besuchte Wirtschaftsminister Habeck das VW-Werk in Emden.Foto: Sina Schuldt/dpa
Von 21. September 2024

Angesichts der schwierigen Situation bei Deutschlands Autoherstellern hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) für den kommenden Montag zu einem Gipfel mit Vertretern der Autobranche eingeladen. Zuerst hatte die „Bild” darüber berichtet.

Eine Sprecherin von Habecks Ministerium hat gegenüber dem „Tagespiegel“ den Gipfel auch inzwischen offiziell bestätigt. Der Wirtschaftsminister soll bereits Anfang dieser Woche zum Autogipfel geladen haben. Angesichts der Krise in der Automobilindustrie will sich Habeck am Montag mit der Branche über die aktuelle Lage austauschen. An der Onlinekonferenz sollen die größten deutschen Automobilhersteller und -zulieferer, der Verband der Automobilindustrie (VDA) und die Gewerkschaft IG Metall teilnehmen.

Automobilindustrie Deutschlands wichtigste Industriebranche

Die Automobilindustrie in Deutschland sieht sich mit rückläufigen Verkaufszahlen konfrontiert, insbesondere bei Elektroautos, deren Absatz zuletzt stark zurückging. Eine Umfrage des ifo Instituts aus dem August zeigt eine sehr pessimistische Stimmung unter den Herstellern. Die Autobauer sind gemessen am Umsatz die bedeutendste Industriebranche in Deutschland.

Die Krise trifft derzeit vor allem Volkswagen. Der Autobauer hatte kürzlich mit der Kündigung der tarifvertraglichen Jobsicherung für einen Paukenschlag gesorgt. Damit sind betriebsbedingte Kündigungen ab Juli kommenden Jahres möglich, sofern bis dahin keine Lösung gefunden wird. Auch Werksschließungen schließt das Unternehmen nicht mehr aus.

In der Automobilbranche wird Habecks Initiative positiv gesehen. VDA-Chefin Müller begrüßte ihn im Sender „Phoenix“. Ihr Verband werde sich „natürlich auch anhören, welche Vorschläge die Politik mitbringt“, betonte sie. Müller erachtet den Standort Deutschland insgesamt als „international nicht mehr wettbewerbsfähig“. Die Ursache seien hohe Kosten, „zum Beispiel beim Ladestrom“. Hier müsse die Politik handeln.

Statt Subventionen strukturelle Reformen

Habecks Koalitionspartner FDP hat allerdings Zweifel am Nutzen des einberufenen Gipfels.  „Statt neuer Subventionen für nur eine Branche braucht es strukturelle Reformen, von denen die gesamte Wirtschaft profitiert“, sagte der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Christoph Meyer am Samstag der Nachrichtenagentur AFP in Berlin. 

Der FDP-Politiker dürfte sich hier auf Andeutungen des Wirtschaftsministers während seines Besuchs des VW-Werks in Emden am gestrigen Freitag beziehen. Der Minister verwies bei seinem Besuch darauf, dass die Bundesregierung steuerliche Anreize für E-Autos als Dienstwagen plane. Darüber hinaus werde man schauen, ob noch etwas geht. Das hatte die „Deutsche Presse-Agentur“ (dpa) berichtet.

Kommt Abwrackprämie 2.0?

Die SPD-Fraktion hat kurz vor dem Autogipfel einen Bonus von 6.000 Euro ins Spiel gebracht. Wer seinen Verbrenner zugunsten eines neuen E-Autos abschafft, soll diesen Betrag erhalten. Das geht nach Informationen des „Stern“ aus einem Papier der Wirtschaftspolitiker der Fraktion hervor. Beim Wechsel zu einem gebrauchten E-Auto soll es demnach 3.000 Euro als Bonus geben. „Wir sind davon überzeugt, dass E-Autos die Zukunft sind“, schreiben die Abgeordneten der SPD.

„Vom Autogipfel muss das eindeutige Signal ausgehen, dass Unternehmen und Politik das aktuelle Tal gemeinsam überwinden“, sagte der sozialdemokratische Wirtschaftspolitiker Sebastian Roloff dem „Stern“. Weitere Vorschläge in dem Papier sind unter anderem ein staatlicher Zuschlag zum E-Auto-Leasing für Menschen mit kleinen oder mittleren Einkommen und eine Förderung für private Ladeboxen, Speicher und für Ladesäulen.

Vizefraktionschefin Verena Hubertz sagte: „VW und die Automobilbranche sind der Motor Deutschlands. Wenn der Motor stottert, müssen wir ihn in Gang bringen.“ In der Wirtschaftskrise 2009 hatte Deutschland schon einmal mit einer Prämie den Austausch von Autos gefördert. 2.500 Euro Umweltprämie erhielt, wer sein altes Auto verschrotten ließ und ein neues kaufte. Viele sprachen von „Abwrackprämie“.

Neue Prämien und Subventionen helfen nicht

Aus der Union kommt Kritik am Gipfel. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Ulrich Lange (CSU) äußerte gegenüber der AFP: „Anstatt immer wieder neue Gesprächsrunden einzuberufen, sollte der Wirtschaftsminister endlich sein Amt ernst nehmen, aktiv werden und Maßnahmen ergreifen, die der Automobilindustrie wirklich helfen.“ Wie auch Meyer betont er, dass er damit ‚ausdrücklich keine neuen Prämien oder Subventionen‘ meine.

Stattdessen seien mehr Technologieoffenheit, steuerliche Entlastungen und Anpassungen bei europäischen Vorgaben wie den Flottengrenzwerten notwendig. Die Unionsfraktion werde hierzu bald eigene Vorschläge präsentieren, so Lange. Ein entsprechender Antrag sei bereits in Arbeit.

In der Krise bei Volkswagen sieht der FDP-Politiker Meyer allerdings keine Aufgabe für den Staat. Die Probleme bei VW seien verschuldet „durch eine Produktentwicklung am Markt vorbei sowie ein massives Missmanagement durch Vorstand und Betriebsrat“, sagte der Haushaltsexperte. 

Probleme bei VW muss der Konzern selbst lösen

„Ein ineffizienter bürokratischer Wasserkopf, der beständige staatliche Eingriff durch das sozialdemokratische Land Niedersachsen, besitzstandswahrende Gewerkschaften und ein überfordertes Top-Management sind ganz eindeutig Teil der Probleme von VW“, ergänzte Meyer. Diese Probleme müssten „hauptsächlich selbst von VW gelöst werden“.

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, sieht ebenfalls „eklatante“ Fehler“ des Managements für die Krise bei VW verantwortlich. Fratzscher nennt in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ drei Fehler: den Dieselskandal, die verschlafene Transformation zur Elektromobilität und die hohe Abhängigkeit von China. „Das Unternehmen muss sich jetzt zukunftsfähig aufstellen“, forderte er. 



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