Borstenvieh als Arbeitskraft – wie sich ein Graf Wildschweine zunutze macht
„In einer Welt, die zunehmend von Umwelteinflüssen und Ressourcenknappheit geprägt ist, wird die Bedeutung einer verantwortungsvollen Bewirtschaftung unserer Wälder immer wichtiger“, sagt Carl Graf zu Eltz.
Der Forstwirt und Landwirtschaftsmeister aus der Oberpfalz nimmt diese Aufgabe ernst, sehr ernst. Dafür wurde er zum Waldbesitzer des Jahres 2024 gekürt. Ganze 275 Hektar Wald hat der Graf aus Fensterbach unter seinen Fittichen. Seine Methoden sind teilweise ungewöhnlich, sogar Wildschweine kommen gezielt zum Einsatz.
In der Gutsverwaltung Wolfring, rund 50 Kilometer östlich von Nürnberg, spielt Naturschutz eine große Rolle. Seit über 30 Jahren wird der Wald durchforstet und verjüngt. Graf zu Eltz hat den Familienbetrieb im Jahr 1984 als junger Mann übernommen. Mit 18 Jahren trat er in die Fußstapfen seines Vaters, der sieben Jahre zuvor verstorben war. Neben dem Traditionsbetrieb musste er sich noch um seine drei jüngeren Geschwister kümmern. „Geht nicht, gibt‘s bei uns nicht“, lautete die Devise.
Sein Wissen verdankt er unter anderem verschiedenen Lehrgängen an der Waldbauernschule Kehlheim, der Zusammenarbeit mit Förstern, seinem Bauchgefühl und der Methode Learning by Doing, wie er „forstpraxis.de“ mitteilte.
Mischwald statt Monokultur
Angefangen hat alles mit einem heftigen Sturmschaden im Jahr 1990, schildert der Graf gegenüber dem „Oberpfalz-TV“ (otv). Von der in Monokultur angebauten Fichte, deren Anbau in Bayern damals finanziell gefördert wurde, hatte es etliche Exemplare umgeworfen. Er sah wenig Sinn darin, hier wieder Fichten anzupflanzen, die eines Tages gegebenenfalls einem neuen Sturm weichen müssten.
Stattdessen forstete er mit Eichen und Buchen auf. Als er sah, dass das Konzept aufging, begann er, den Nadelwald schrittweise in einen Mischwald umzubauen – ein Konzept für die Zukunft war geboren, das auch den sich verändernden Standortbedingungen gerecht wurde, lange bevor alle Welt vom Klimawandel sprach.
Der Graf setzt auf Vorbau und Naturverjüngung. Die neue Waldgeneration wird in größeren Pflanzverbänden unter dem Schutzschirm der bestehenden, tiefwurzelnden Kiefern angelegt. Mit anderen Worten: Durch gezielte Entnahme einzelner Bäume entstehen im Wolfringer Wald Lichtinseln. Gewünschte Altbäume hingegen bleiben stehen. Sie bieten Jungbäumen einen Schutz und sorgen zusätzlich mit ihren herabfallenden Samen auf natürliche Weise für Nachwuchs.
Wo früher nur Kiefern und Fichten standen, zeigt sich heute ein abwechslungsreiches Bild, darunter Vogelkirsche, Esskastanie, Ahorn und Linde sowie Rotbuche, Eiche und Tanne. Die Bäume wurden teilweise im Rahmen von Teamevents von Münchner Unternehmen angepflanzt – ein Teil der Öffentlichkeitsarbeit, die ebenso wie Waldbegehungen zum Alltag des Forstwirtes gehört.
Von dem gesunden, jungen Mischwald profitiert laut otv auch die gesamte Umgebung. Der Wald bietet einen natürlichen Hochwasserschutz, da er bei Starkregen große Mengen Wasser aufnimmt. Zudem fließt das aus dem Wald abfließende Wasser in die umliegenden „Himmelsteiche“, die ausschließlich durch Regenwasser gespeist werden.
50 Jahre Natur in Eigenregie
Es gibt aber auch ein Waldstück, das völlig der Natur überlassen wird. Schon seit 50 Jahren gedeiht der 8 Hektar große Erlenbruchwald ohne Menschenhand. Vor vier bis fünf Jahren hat ein Pilzbefall dort den größten Teil der Erlen zerstört und damit Platz gemacht. Hier etabliert sich der Wald inzwischen wieder neu, erklärt Graf zu Eltz – und zwar auf natürlichem Wege.
„Die Natur braucht uns Menschen nicht. Die kann das selbst regeln“, schildert der Forstwirt.
Doch wie kam es dazu, dass der Familienbetrieb von Wildschweinen unterstützt wird?
Tierische Hilfskräfte im Einsatz
Eines Tages bemerkte Graf zu Eltz, dass Wildschweine die Seitenstreifen entlang des Waldweges umgewühlt hatten, erklärt er gegenüber dem „Bayerischen Landwirtschaftlichen Wochenblatt“. Grund dafür war das vielfältige Bodenleben, das sich durch den Schotter gebildet hatte. Durch das kalkhaltige Material hatte sich der pH-Wert erhöht, sodass hier ein vermehrtes Aufkommen an Regenwürmern herrschte – eine willkommene Abwechslung für die Wildschweine.
Diese Art der natürlichen und kostenlosen Bodenverwundung – das Umgraben des Waldbodens, das üblicherweise von Maschinen erledigt wird – wollte sich der Graf zunutze machen. Da er jedoch nicht den gesamten Wald aufkalken konnte, streute er überall dort, wo die Wildschweine zum Einsatz kommen sollten, Maiskörner aus. Und auch diese Idee trug Früchte.
Selbst Jungbäume, die von Brombeeren bedrängt werden, profitieren von den tierischen Hilfsarbeitern. „Wenn die Wildschweine fertig sind, bleibt von den Brombeeren nichts übrig – aber die Bäume stehen noch“, erklärt der Forstwirt.
Das Einsatzgebiet der Wildschweine wird gezielt mit Maiskörnern gesteuert. Zudem wird auf „etlichen Freiflächen“ Mais angebaut, der speziell für die Wildschweine stehen bleibt, damit diese den Wald nicht verlassen und Schäden in den Feldern verursachen.
Allerdings gibt es auch noch Flächen, auf denen auch Maschinen für die Bodenverwundung zum Einsatz kommen.
Kalkung früher bis zu 100 Prozent gefördert
Anfang der 2000er-Jahre hat Graf zu Eltz große Teile seines Waldes noch per Hubschrauber kalken lassen – nach dem Motto, was dem Acker guttut, hilft auch dem Wald. Zu jener Zeit wurde diese Maßnahme noch zu 80 Prozent gefördert.
Eine weitere Förderperiode für Waldkalkung gab es für den Zeitraum 2015 bis 2020 von der EU. Die Höhe der Zuwendungen betrug bis zu 90 Prozent der nachgewiesenen Kosten; bei privaten Waldbesitzern sogar bis zu 100 Prozent.
Graf zu Eltz findet es bedauerlich, dass es eine solche Förderung aktuell nicht gibt. „Die Waldkalkung ist erforderlich, da wir durch den sauren Regen dem Waldboden große Schäden zugefügt haben“, erklärt er gegenüber Epoch Times.
Aber er hat schon einen neuen Ansatz: Gemeinsam mit dem Bodenkundler Max Schmidt will er die Rückegassen – also die unbefestigten Forstwege, die zum Transport von gefällten Bäumen dienen – „regenwurmfähig“ machen. Dazu wurde in den vergangenen Wochen ein Versuch gestartet, wobei verschiedene Aufwandsmengen Kalk mit einem Kalkstreuer von den Rückegassen aus aufgebracht wurden.
Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an
„Man muss sich die Zeit nehmen, die Natur zu beobachten und dann daraus lernen und seine eigenen Rückschlüsse ziehen“, schildert der Graf dem „Wochenblatt“. Denn: „Alles, was die Natur selbst hervorbringt, ist besser als das, was der Mensch macht“.
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion