Bleiben Kleinsparer von EZB-Strafzinsen verschont?

Kann der Gesetzgeber Bankkunden vor Strafzinsen schützen - und sollte er das überhaupt? Die Debatte über das Für und Wider eines Verbotes von Negativzinsen zu Lasten von Kleinsparern ist in vollem Gange.
Titelbild
Dunkle Regenwolken schieben sich über die Bankenskyline von Frankfurt am Main hinweg.Foto: Boris Roessler/dpa
Epoch Times5. September 2019

Ein gesetzliches Verbot von Strafzinsen für Kleinsparer wird vorerst unwahrscheinlicher. Auch Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) ist skeptisch.

Banken hätten ohnehin „bei den heutigen Vertragsstrukturen kaum Möglichkeiten …, solche Negativzinsen für viele ihrer Kunden überhaupt zu verlangen“, sagte Scholz am Donnerstag im Rahmen einer Bankentagung in Frankfurt.

Und deshalb muss man das beobachten und prüfen und handeln, falls mal was zu tun ist. Aber ich glaube, es besteht noch genügend Klugheit in den Vorständen und Geschäftsführungen der Banken, zu wissen, was das auslösen würde.“

Der Präsident der Finanzaufsicht Bafin, Felix Hufeld, riet von einem Verbot ab: „Ich würde der Politik nicht empfehlen, dieses Instrument in Erwägung zu ziehen.“

Der negative Einlagenzins der Europäischen Zentralbank (EZB) kostet Banken Milliarden. In den vergangenen Wochen hatte die Debatte darüber Fahrt aufgenommen, dass Banken und Sparkassen die Lasten der EZB-Niedrigzinspolitik womöglich auf deutlich mehr Kunden abwälzen könnten – vor allem, weil eine weitere Verschärfung des Strafzinses durch die EZB droht.

CSU-Chef Markus Söder hatte vor zwei Wochen ein gesetzliches Verbot gefordert, Negativzinsen auf Kleinsparer umzulegen. Bayerns Ministerpräsident kündigte eine Bundesratsinitiative an mit dem Ziel, Beträge bis 100.000 Euro grundsätzlich von Strafzinsen auszunehmen.

Das Bundesfinanzministerium leitete daraufhin eine Prüfung ein, die klären soll, „ob es der Bundesregierung rechtlich überhaupt möglich ist, Kleinsparer vor solchen Negativzinsen zu schützen“. Juristen halten es grundsätzlich für möglich, ähnlich wie bei der Mietpreisbremse auch im Fall von Negativzinsen die Vertragsfreiheit einzuschränken. Kritiker befürchten, dass Banken im Falle eines Verbots die Kosten für die EZB-Strafzinsen an anderer Stelle wieder hereinholen würden: über steigenden Gebühren für Konto, Karte und Co.

Auf die Frage, wie ernst er es mit einem Verbot meine, antwortete Scholz bei der Frankfurter Tagung:

Es ist gesagt worden, man solle solche Dinge einmal erwägen, und es gehört sich ganz selbstverständlich, dass dann solche Fragen auch geprüft werden.“

Geschäftsbanken müssen derzeit 0,4 Prozent Strafzinsen zahlen, wenn sie Geld bei der EZB parken. Die Währungshüter könnten diesen negativen Einlagensatz weiter ins Minus senken – möglicherweise schon bei der nächsten EZB-Sitzung am 12. September. Ziel der Notenbank ist, die Kreditvergabe und so die Wirtschaft im Euroraum anzukurbeln. Das soll auch die Inflation anschieben.

Nach Angaben des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB) kostet der Negativzins allein Banken in Deutschland bereits jetzt rund 2,3 Milliarden Euro im Jahr. Für die Institute im Euroraum sind es demnach insgesamt 7,5 Milliarden Euro. Eine Verschärfung des Strafzinses würde die Branche in Europa weiter schwächen, warnte BdB-Präsident Hans-Walter Peters. Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing hatte am Mittwoch kritisiert: „Langfristig ruinieren diese Niedrigzinsen das Finanzsystem.“

Sollte die EZB den Zins weiter ins Minus senken, würde die jährliche Belastung der deutschen Geldhäuser nach Angaben von Peters auf 2,9 Milliarden Euro steigen, für die Banken im Euroraum würde sich die Zinslast demnach auf 9,5 Milliarden Euro erhöhen.

Einzelne Institute geben die Strafzinsen der EZB bereits seit einiger Zeit an Unternehmen oder große Investoren wie Fonds weiter. Und selbst reiche Privatkunden werden in manchem Haus zur Kasse gebeten. Das Gros der Privatkunden ist bis dato verschont geblieben – denn im umkämpften deutschen Bankenmarkt ist die Sorge groß, Kunden zu verprellen. Vertreter von Banken und Sparkassen machten zuletzt jedoch deutlich, dass es für die Branche immer schwieriger werde, die Lasten des andauernden Zinstiefs abzufedern.

Bafin-Präsident Hufeld äußerte sich bei der Frankfurter Tagung besorgt angesichts der „Erosion der Profitabilität“ im deutschen Bankensystem. Deutschlands Banken müssten dringend etwas an ihren Geschäftsmodellen ändern. Diese beruhten bisher im Wesentlichen „auf zinstragenden Elementen“. Er glaube nicht, „dass dieses Modell in den nächsten zehn Jahren weiter funktionieren kann“, sagte Hufeld.

Nach Einschätzung Hufelds dürfte die Branche auch in den kommenden zehn Jahren im Umbruch bleiben. „Wir werden nicht schmerzfrei aus der Sache herauskommen“, stellte der Bafin-Chef klar. Er rechne mit Fusionen von Banken, aber auch damit, dass einige Institute aus dem Markt verschwinden werden. (dpa)



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