Bio-Fachhändler kämpfen ums Überleben

Durch die hohe Inflation schauen viele Menschen beim Einkaufen mehr aufs Geld. Der Bio-Boom der letzten 20 Jahre erfährt einen deutlichen Rückschlag. Folglich müssen immer mehr Bio-Fachhändler den Gang zum Insolvenzgericht antreten.
Bio-Fachhändler kämpfen ums Überleben
Rasche Besserung ist für den Bio-Fachhandel wohl erst einmal nicht in Sicht.Foto: Istock
Epoch Times28. Dezember 2022

Die Bio-Branche steckt in der Krise. Bekannte Händler wie Superbiomarkt oder Reformhaus Bacher haben sich laut Medienberichten so verschuldet, dass sie Insolvenz anmelden mussten. Bacher ist eine Reformhauskette mit mehr als 100 Filialen bundesweit, die 1927 gegründet wurde. Auch die Bio-Kette Basic mit 20 Filialen in Deutschland kündigte Mitte Dezember an, sich in einem Schutzschirmverfahren – einer besonderen Variante der Eigenverwaltung – sanieren zu wollen.

„Der deutsche Öko-Markt schrumpfte 2022 zum ersten Mal in seiner Geschichte“, berichtet der Deutsche Bauernverband in einem aktuellen Marktbericht, der der „Deutschen Presse-Agentur“ vorliegt. Gleichzeitig schwappt eine Insolvenzwelle durch den Fachhandel.

„Bio-Fachgeschäfte und Hofläden stecken zum Teil in einer existenziellen Krise“, sagte der Handelsexperte Stephan Rüschen von der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) in Heilbronn. Denn auch umweltbewusste Verbraucher hätten ihr Einkaufsverhalten wegen der hohen Inflation deutlich verändert. „Die Leute wollen weiterhin nachhaltig einkaufen und konsumieren, aber billiger – wegen der gesunkenen Kaufkraft“, betonte Rüschen.

Verbraucher greifen auch bei Bio zu günstigeren Produkten

Bis Ende Oktober sei der Bio-Umsatz um 4,1 Prozent auf 15 Milliarden Euro gesunken, heißt es in dem Bericht des Deutschen Bauernverbandes weiter. Gründe seien die Energiepreisexplosion und der dramatische Anstieg der Lebensmittelpreise als Folge des Ukraine-Krieges. „Die Leute greifen auch bei Bio zu günstigeren Produkten und gehen dafür statt in den Fachhandel häufiger in die normalen Supermärkte und vor allem zu den Discountern“, beschreibt Rüschen die Veränderung.

Doch gebe es deutliche Unterschiede zwischen den Vertriebsschienen. Auch bei Bio-Produkten seien die Discounter die Gewinner, wo Verbraucher an billigere Ware als im Fachhandel kommen, heißt es in dem Bericht. In anderen Supermärkten sei der Öko-Umsatz in etwa gleich geblieben, während er beim Naturkostfachhandel und im Direktverkauf dramatisch gesunken sei.

Nach Zahlen des Marktforschers GfK aus dem Herbst brachen die Umsätze der Bio-Supermärkte innerhalb eines Jahres um 10,8 Prozent ein. Die Naturkostläden und Reformhäuser verzeichneten sogar ein Minus von 37,5 Prozent.

Angebot in Supermärkten macht Gang in Bio-Läden überflüssig

Rasche Besserung ist für den Bio-Fachhandel wohl erst einmal nicht in Sicht. „Bio wird erst wieder auf den gewohnten Wachstumspfad zurückkehren, wenn die Energiepreise und damit die Inflation deutlich sinken und die Kaufkraft wieder steigt“, prognostiziert Branchenkenner Rüschen.

Doch selbst dann dürften viele Bio-Fachgeschäfte weiterzukämpfen haben, glaubt Rüschen.

Die klaren Gewinner der Krise sind die Edekas und Rewes sowie die Discounter.“

Sie hätten mit ihrem ausgeweiteten Angebot den Gang in die Bio-Läden für viele Kunden mittlerweile überflüssig gemacht.

Wachstumspotenzial sollte die Bio-Branche, wenn sich die Preissituation eines Tages beruhigt, auf jeden Fall noch haben. Denn im europäischen Vergleich belegt Deutschland mit Bio-Umsätzen von 180 Euro pro Kopf lediglich Rang 7. Zum Vergleich: Die Schweizer geben pro Kopf im Jahr 418 Euro für Bio-Produkte aus, die Dänen 384 Euro.

Umsatz der Bio-Branche über 20 Jahre mehr als verfünffacht

Vor dem derzeitigen Einbruch war die Bio-Branche lange Zeit erfolgsverwöhnt. Der Umsatz von Bio-Lebensmitteln hat sich nach einer Studie der DHBW in den letzten 20 Jahren in Deutschland mehr als verfünffacht. Der Marktanteil der Öko-Produkte stieg von 3,7 Prozent im Jahr 2010 auf 6,8 Prozent im Jahr 2021. Während der Corona-Pandemie hatte sich das Umsatzwachstum sogar noch einmal gesteigert. Die Bio-Bauern konnten der gestiegenen Nachfrage kaum nachkommen.

Allerdings profitierte von dem Boom schon in den vergangenen zehn Jahren weniger der Bio-Fachhandel als der klassische Lebensmittelhandel. Supermärkte und Discounter bauten in dieser Zeit laut DHBW ihren Anteil am Bio-Geschäft Schritt für Schritt von 54 auf 62 Prozent aus, der Anteil der Bio-Fachhändler schrumpfte von 46 auf 37 Prozent.

Zunächst hatten diese Einbußen den Bio-Supermärkten und Naturkostläden aber nicht sonderlich wehgetan, weil auch sie ihren Umsatz dank des kräftigen Wachstums des Gesamtmarktes fast verdoppeln konnten. (dpa/il)



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