„Bin bereit, Geld auszugeben“ – Habeck sieht Deutschland im Subventionszwang
In einer der zahlreichen Podiumsdiskussionen im Rahmen des Weltwirtschaftsforums (WEF) in Davos hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck einige grundlegende Überlegungen zu seiner Wirtschaftspolitik dargelegt. Dabei machte er deutlich, dass er die Zeiten, in denen die Wirtschaft ein politikfreier Raum bleiben sollte, für Vergangenheit hält. Subventionen würden zum Mittel der Machtpolitik – und auch Europa müsse darauf reagieren.
Habeck: Zeit, um „Wirtschaft in Ruhe zu lassen“, sei überall vorbei
Die Wirtschaft, so Habeck, sei „lange als neutrale Sphäre betrachtet“ worden, deren Akteure von der Politik in Ruhe gelassen werden wollten. Nun seien die Zeiten vorbei, in denen sich die deutsche Exportwirtschaft darauf verlassen konnte, dass „alles zu unserem Vorteil läuft“ und andere Länder eine verlängerte Werkbank blieben.
In der Exportwirtschaft sieht man hohe Energiepreise, extreme Regulierung und ideologische Vorgaben der eigenen Politik als Faktoren für sich verschlechternde Bedingungen. So trat vor einigen Monaten ein verschärftes Lieferkettengesetz mit umfangreichen Dokumentationspflichten in Kraft. Dazu kamen überarbeitete Vorgaben für Hermesdeckungen, die ebenfalls auf politische Vorstellungen statt wirtschaftliche Zweckmäßigkeiten zugeschnitten waren.
Habeck hingegen sieht vorwiegend in dem Umstand das Problem, dass sich bisher nicht alle EU-Länder auf einheitliche Vorgaben dieser Art einigen konnten. Nach seiner Überzeugung sind es nicht deutsche und europäische Regulierungen, die eine Schwächung der Wirtschaft gegenüber den USA und China bewirkten. Es sei der Umstand, dass es bislang nicht „mehr Europa“ gebe.
Deutschland zu Subventionen „womöglich gezwungen“
Wie die „Süddeutsche“ berichtet, strebt Habeck eine „tiefere Integration“ an. Auf diese Weise soll es nicht mehr länger einen Wettbewerb zwischen den EU-Staaten geben. Stattdessen sollten diese sich verbünden, um mit den globalen Mitbewerbern USA und China mithalten zu können. Außerdem benötige Europa eine gemeinsame Verteidigungsindustrie.
Habeck drückte sein Bedauern darüber aus, dass die Bundesregierung Milliarden für Subventionen ausgeben müsse. Allerdings, so der Minister, „womöglich werden wir dazu gezwungen sein“. Zahlreiche Nationen würden dies so handhaben, Deutschland passe sich nur an.
Der Minister unterschied in weiterer Folge zwischen „guten und schlechten Subventionen“. Gute dienten dazu, „einen Markt zu schaffen“. Ein Beispiel wäre der Aufbau eines Wasserstoffnetzes. Schlechte hingegen verfolgten das Ziel, „Industrien anderer Länder zu stehlen“. Zumindest in Teilen diene der US-amerikanische Inflation Reduction Act (IRA) diesem Ziel.
Subventionen, der Grund für Abwanderung in die USA – oder hohe Energiepreise?
Dieser, so das Narrativ von europäischen Politikern, locke Unternehmen aus der EU in die USA, nach Kanada oder nach Mexiko, weil er seine Subventionen von einem dortigen Firmensitz abhängig mache. Würden die USA europäischen Unternehmen ebenfalls diese Begünstigung bieten, würden diese – trotz hoher Energiekosten – nicht abwandern.
Die EU ist jedoch, anders als Mexiko oder Kanada, den USA nicht durch ein umfassendes Freihandelsabkommen verbunden. Versuche, ein TTIP zu schaffen, scheiterten in den 2010er-Jahren vor allem an europäischen Bedenken rund um Gentechnik, Umweltstandards und „Chlorhühnern“.
Habeck nimmt jedoch für sich in Anspruch, Unternehmensstandorte und Arbeitsplätze in Deutschland durch Fördergelder gerettet zu haben. Er habe in den vergangenen Monaten mit zahlreichen Managern bedeutender Unternehmen gesprochen, die hier ursprünglich Investitionen zugesagt hätten.
Die Aussicht auf höhere Förderungen in den USA habe jedoch dazu geführt, dass sie ihr Engagement wieder infrage gestellt hätten. Durch die Zusage noch höherer Förderungen habe er dieses retten können, so Habeck. Dies zeige:
„Ich bin bereit, Geld auszugeben, auch wenn ich es nicht will.“
Habeck will den Arbeitsmarkt zum Themenschwerpunkt im Jahreswirtschaftsbericht machen
Gegenüber dem „Handelsblatt“ kündigte der Minister unterdessen an, im bevorstehenden Jahreswirtschaftsbericht den deutschen Arbeitsmarkt in den Fokus zu stellen. In Zusammenarbeit mit anderen Ministerien will Habeck vor allem in sechs Bereichen Reformschritte setzen. Diese sollen „das Angebot an Arbeits- und Fachkräften erhöhen“ und nicht genutzte Potenziale mobilisieren.
Ein Bereich soll dabei die Mobilisierung von Zweitverdienern sein. So will Habeck durch einen Rechtsanspruch auf flexible Arbeit oder Homeoffice vor allem Frauen mit Kindern zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit mobilisieren.
Zudem plant Habeck, aus dem jüngsten Gutachten von ifo und ZEW zum Bürgergeld die Konsequenzen zu ziehen. Diesem zufolge scheitert die Aufnahme einer Arbeit vonseiten der Bezieher häufig an „negativen Erwerbsanreizen“ durch zu hohe „Transferentzugsraten“ (die Rate, mit denen Transferleistungen gekürzt werden, wenn das Einkommen steigt).
Weitere Maßnahmen, die Habeck setzen will, sollen den Anreiz älterer Arbeitnehmer zum längeren Verbleib im Erwerbsprozess sowie die Integration von Einwanderern in den Arbeitsmarkt verstärken. Eine erleichterte Einwanderung für Fachkräfte solle zudem die Effekte der ungünstigen demografischen Entwicklung abmildern.
Konflikte mit den Koalitionspartnern könnten damit schon vorgezeichnet sein: Die SPD wehrt sich gegen eine Aufweichung der „Rente mit 63“, die FDP wiederum gegen einen Rechtsanspruch auf Homeoffice. Außerdem drängen beide auf härtere Regeln für Bürgergeldempfänger.
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion