VW will mindestens drei Werke schließen – Betriebsrat Sachsen droht mit bundesweiter Lahmlegung der Werke
Der kriselnde Autobauer Volkswagen will nach Angaben des Gesamtbetriebsrats mindestens drei Werke in Deutschland schließen sowie zehntausende Jobs abbauen.
Die verbleibenden Mitarbeiter müssten mit Gehaltseinbußen von bis zu 18 Prozent rechnen, warnte der Betriebsrat am Montag. Scharfe Kritik an den Plänen kam von der Gewerkschaft IG Metall, während sich die VW-Konzernspitze nicht konkret äußerte. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) forderte, „Arbeitsplätze zu erhalten und zu sichern“.
„Der Vorstand will in Deutschland mindestens drei VW-Werke dichtmachen. Er behauptet: Ohne einen solchen Einschnitt geht es nicht“, erklärte Betriebsratschefin Daniela Cavallo vor rund 25.000 Mitarbeitern im Wolfsburger Stammwerk.
#Volkswagen-Betriebsratschefin #Cavallo nennt Vorgehen des Vorstands „peinlich und dreist“ pic.twitter.com/t1AqgZ990l
— Epoch Times Deutsch (@EpochTimesDE) October 28, 2024
Als besonders gefährdet gelte das Werk in Osnabrück, das kürzlich einen erhofften Folgeauftrag von Porsche verloren hatte.
VW-Betriebsrat Sachsen droht mit bundesweiter Lahmlegung der Werke
Die geplante Schließung von mindestens drei VW-Werken in Deutschland könnte aber auch die E-Auto-Fabrik in Zwickau betreffen, die rund 10.000 Menschen beschäftigt.
Im Zwickau versammelten sich am Montag tausende Mitarbeiter mit Trillerpfeifen, Rasseln und roten Weckern ans Werkstor, um ihrem Ärger Luft zu machen.
Uwe Kunstmann, Gesamtbetriebsratschef von Volkswagen Sachsen, habe ein Zukunftskonzept von der Unternehmensführung gefordert: „Diese Abwärtsspirale werden wir nicht mitmachen.“ Dabei drohte er, dass die Beschäftigten ab Dezember bundesweit die Werke von Volkswagen lahmlegen werden. Dann gebe es einen „heißen Winter“.
Anbei Reaktionen der Mitarbeiter aus dem Volkswagen-Werk Kassel Baunatal:
„Es geht jetzt um alles” – VW-Mitarbeiter aus dem #Volkswagen-Werk Kassel Baunatal reagieren auf angekündigte Schließungen und Kürzungen pic.twitter.com/TxKEpqWRZk
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„Kein Werk ist sicher“
Wie Daniela Cavallo in Wolfsburg mitgeteilt hatte, habe die Konzernspitze angekündigt, die verbleibenden Werke in Deutschland zu verkleinern. „Alle deutschen VW-Werke sind von diesen Plänen betroffen. Keines ist sicher“, erklärte Cavallo.
Nähere Angaben macht sie nicht. VW beschäftigt in Deutschland rund 120.000 Mitarbeiter, davon rund die Hälfte in Wolfsburg.
Beschäftigte, die ihren Job behalten, müssten mit kräftigen Lohneinbußen rechnen. „Der Vorstand will allen Beschäftigten, egal ob Tarif, Tarif-Plus oder Management, zehn Prozent vom Monatsentgelt wegnehmen. Dauerhaft“, fuhr Cavallo fort.
Zusätzlich soll es 2025 und 2026 keine Gehaltserhöhungen geben. Werkerinnen und Werker müssen demnach „etwa 18 Prozent Entgelteinbußen hinnehmen“.
Cavallo warnte davor, die Ankündigungen „als Säbelrasseln in der Tarifrunde abzutun“. Am Mittwoch steht die zweite Verhandlungsrunde zwischen dem Konzern und der IG Metall über den Haustarifvertrag an.
Den Angaben zufolge präsentierte die Unternehmensspitze ihre Pläne kürzlich dem Gesamtbetriebsrat unabhängig von den laufenden Tarifverhandlungen.
VW: Lage ist „ernst“
Nach den jüngsten Mitteilungen des VW-Betriebsrats zu möglichen Werksschließungen und Stellenabbau hat der Konzern seine Sparpläne erneut verteidigt, nennt aber weiter keine Details zu konkreten Maßnahmen.
„Fakt ist: Die Lage ist ernst und die Verantwortung der Verhandlungspartner ist enorm“, sagte Personalvorstand Gunnar Kilian laut Mitteilung. „Ohne umfassende Maßnahmen zur Wiedererlangung der Wettbewerbsfähigkeit werden wir uns wesentliche Zukunftsinvestitionen nicht leisten können.“
Es seien Restrukturierungsmaßnahmen nötig, um das Unternehmen „nachhaltig wettbewerbsfähig“ aufzustellen. Nur dadurch ließen sich weitere Investitionen in die Zukunft aus eigener Kraft finanzieren. Auch deshalb habe die VW-Konzernspitze Anfang September verkündet, dass Werkschließungen und betriebsbedingte Kündigungen bei der Kernmarke nicht mehr ausgeschlossen seien.
Markenchef Thomas Schäfer begründete den Schritt mit den hohen Kosten an den deutschen Standorten. „So wie bisher können wir nicht weitermachen“, so Schäfer laut Mitteilung. „Wir sind an den deutschen Standorten nicht produktiv genug und liegen aktuell bei den Fabrikkosten 25 bis 50 Prozent über dem, was wir uns vorgenommen haben.
Damit sind einzelne deutsche Werke doppelt so teuer wie der Wettbewerb.“ Ziel bleibe, die Umsatzrendite bis 2026 auf 6,5 Prozent zu steigern. Nur so ließen sich die notwendigen Investitionen in die Zukunft finanzieren.
Früheren Konzernangaben zufolge fehlen VW rund 500.000 Fahrzeuge pro Jahr, um alle Standorte auszulasten.
IG Metall droht mit „Konsequenzen“
Die IG Metall reagierte mit scharfer Kritik und bezeichnete die Sparpläne als „in keiner Weise hinnehmbar“. „Das ist ein tiefer Stich in das Herz der hart arbeitenden VW-Belegschaft“, erklärte Verhandlungsführer Thorsten Gröger.
Die IG Metall erwarte, dass am Verhandlungstisch „tragfähige Zukunftskonzepte“ skizziert werden.
Sollte VW seine Planungen bei den Gesprächen am Mittwoch bestätigen, müsse der Vorstand mit „Konsequenzen“ rechnen. „Wenn die Chefetage den Abgesang Deutschlands einläuten will, muss sie mit einem Widerstand rechnen, den sie sich so nicht ausmalen kann“, warnte Gröger.
Scholz: Krise darf nicht zulasten der Beschäftigten gehen
Vizeregierungssprecher Wolfgang Büchner sagte zu den Plänen, es sei Auffassung des Kanzlers, „dass mögliche falsche Managemententscheidungen aus der Vergangenheit nicht zulasten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gehen dürfen“.
Die möglichen Schließungen wollte er im Detail nicht kommentieren. Scholz‘ „grundsätzliche Haltung“ sei jedoch klar. Auf welche möglichen „falschen“ Entscheidungen des VW-Managements sich der Kanzler bezieht, präzisierte sein Sprecher nicht.
Kritik an VW-Chefetage
Der Vorsitzende der Gruppe Die Linke im Bundestag, Sören Pellmann, forderte „eine planvolle Industriepolitik“. „Während die VW-Chefetage sich Boni auszahlen lässt, drohen Werksschließungen und Massenentlassungen“, kritisierte er.
Die Linken-Gewerkschaftspolitikerin Susanne Ferschl warf der Konzernführung vor, die Krise durch ihr „kurzsichtiges Vorgehen selbst verursacht“ zu haben. Statt gemeinsam mit Betriebsrat und Gewerkschaft Konzepte zu erarbeiten, müsse nun die Belegschaft „die Zeche zahlen“.
Am Mittwoch beginnt die zweite Runde der Tarifverhandlungen bei VW, eine Einigung gilt als unwahrscheinlich. Der Betriebsrat hielt angesichts der Lage bei dem Autobauer am Montag Infoveranstaltungen in allen deutschen Werken ab. Allein in Wolfsburg kamen rund 25.000 Beschäftigte zusammen. (afp/dpa/red)
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