Bericht über möglichen Deal: Peking nimmt VW-Werke in Osnabrück und Dresden ins Visier

Die Pläne zur Schließung der VW-Werke in Dresden und Osnabrück könnten der Anfang einer neuen Ära sein: Laut einem „Reuters“-Bericht zeigen chinesische Investoren großes Interesse an den Produktionsstandorten. Vor dem Hintergrund der EU-Strafzölle auf Elektrofahrzeuge sucht China gezielt nach Wegen, in den europäischen Markt vorzudringen.
Neuwagen von VW fanden 2024 weniger Käufer. (Archivbild)
Neuwagen von VW fanden 2024 weniger Käufer. (Archivbild)Foto: Hendrik Schmidt/dpa
Von 18. Januar 2025

Die zur Schließung vorgesehenen VW-Fabriken in Osnabrück und Dresden könnten sich schon bald in chinesischer Hand befinden. Dies geht aus einem Bericht von „Reuters“ hervor, der sich auf Quellen beruft, die mit Strategien des kommunistischen Regimes in China vertraut seien. Die Führung in Peking suche unter dem Eindruck von EU-Strafzöllen nach Chancen, ihrer Automobilindustrie ein Standbein in Europa zu verschaffen. Bei VW sei man an einem möglichen Deal interessiert.

VW will alternative Nutzungsmöglichkeiten prüfen

Bereits im Herbst des Vorjahres hatte der Betriebsrat mitgeteilt, dass die Geschäftsführung von VW die Schließung von mindestens drei Werken in Deutschland ins Auge fasst. Dies sei Teil eines großangelegten Projekts zur Kosteneinsparung, das angesichts des gesamtwirtschaftlichen Umfeldes erforderlich sei.

Zu den Schließungskandidaten gehören unter anderem die Fabriken in Dresden und Osnabrück. Vor Weihnachten gaben die Gewerkschaften ihren Widerstand gegen eine mögliche Schließung der Produktion des ID.3 in Dresden mit 340 Mitarbeitern ab 2025 auf. Außerdem stimmten sie einem Aus für das Werk in Osnabrück ab 2027 dem Grunde nach zu, wo 2.300 Mitarbeiter das T-Roc Cabrio produzieren.

Alternative Nutzungsmöglichkeiten für die Fabriken will VW zwar prüfen. Solche sind jedoch nicht in Sicht – und sie würden definitiv mit einer erheblichen Verkleinerung der Geschäftstätigkeit einhergehen. Nicht nur die VW-Modelle selbst, sondern auch jene der Marken Porsche, Audi und Skoda mussten Umsatzrückgänge hinnehmen, ein Teil davon ist bedingt durch chinesische Billigkonkurrenz.

Gewerkschaften stellen Bedingung: Es müssen deutsche Standards gelten

Eine vollständige Schließung wäre jedoch ebenfalls mit Kosten verbunden. Ein Verkauf der Werke könnte Schätzungen von Bankern zufolge, mit denen die Nachrichtenagentur sprach, jeweils zwischen 100 und 300 Millionen Euro einbringen. Dies trägt dem „Reuters“-Bericht zufolge dazu bei, dass das Kaufinteresse chinesischer Anbieter bei VW auf offene Ohren stößt.

Der Bericht zitiert Quellen aus dem Umfeld der Geschäftsführung und der Gewerkschaften. Beide bekunden Interesse an einer weiteren Nutzung des Standorts. Ziel müsse „eine tragfähige Lösung sein, die die Interessen des Unternehmens und der Mitarbeiter berücksichtigt“, heißt es unter anderem. Die Arbeitnehmervertreter fordern zudem Beschäftigung „unter dem VW-Logo und nach VW-Standards“.

In China sorgt es für Argwohn, zu gewohnten VW-Bedingungen und damit teuer produzieren zu müssen. Die Gewerkschaften haben die Hälfte der Sitze in den Beiräten und fordern Job- und Standortgarantien. Allerdings erklärt ein Sprecher aus dem Umfeld der chinesischen Regierung gegenüber Reuters:

„China hat eine Reihe von Öffnungsmaßnahmen eingeführt, um neue Geschäftsmöglichkeiten für ausländische Unternehmen zu schaffen.“

Möglicher Kauf von VW-Werken als politisch heikle Angelegenheit

Inwieweit die deutsche Bundesregierung Übernahmen deutscher Traditionsunternehmen durch Peking-gesteuerte Autokonzerne billigen würde, ist offen. Die Außenwirtschaftsverordnung ermöglicht es dem Bundeswirtschaftsministerium, Verkäufe an chinesische Investoren zu untersagen – und zuletzt war diese Praxis tatsächlich restriktiver gehandhabt worden.

Der Maßstab ist dabei die „voraussichtliche Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit“. Zuletzt untersagte die Bundesregierung die geplante Übernahme eines Satellitenherstellers. Seit 2021 wurden drei von 54 anzeigepflichtigen chinesischen Investitionsvorhaben untersagt, in sechs Fällen verhängte das Ministerium Auflagen. So geschehen beispielsweise beim Cosco-Einstieg in den Hamburger Hafen.

Mittlerweile reicht der Erwerb von mindestens 15 Prozent der Stimmrechte durch einen Nicht-EU-Investor aus, um eine Prüfung nach der Außenwirtschaftsverordnung auszulösen. Ähnlich wie im Fall von Cosco würde der Erwerb von Schließung bedrohter VW-Werke zum Politikum. Die Aussicht auf den Erhalt von Arbeitsplätzen stünde gegen die Gefahr des Know-how-Abflusses und einen wachsenden Einfluss der Kommunistischen Partei (KP) Chinas auf dem deutschen Automarkt. Wie sich das zuständige Ministerium positionieren würde, ist vor diesem Hintergrund schwer einzuschätzen. Es würde auch darauf ankommen, wer dieses nach der Bundestagswahl führt.

China spielt auf Zeit: Heimische Autobauer weiterhin in der Krise

Bis dato haben sich Autokonzerne wie BYD oder Leapmotor eher in EU-Ländern mit niedrigeren Produktionskosten und schwächeren Gewerkschaften angesiedelt. Am Ende des Tages dürfte die Führung in Peking jedoch bereit sein, notfalls in die eigene Tasche zu greifen, um der eigenen Autoindustrie die Produktion in der EU zu erleichtern.

Immerhin ist dies auf dem weltweit zweitgrößten Markt mit der Möglichkeit verbunden, die im Vorjahr verhängten Strafzölle auf importierte E-Autos zu umgehen. Bislang produziert BYD in Ungarn und der Türkei, Leapmotor im Joint Venture mit Stellantis in Polen und demnächst Chery Auto in Spanien. Leapmotor gilt jedoch auch als Kandidat für eine perspektivische Produktion in Deutschland.

Chinas Autoindustrie kann in Deutschland auf Zeit spielen: Es gelingt ihr, kontinuierlich den eigenen Marktanteil auszubauen, während sich die traditionellen Autobauer und Zulieferer weiterhin in der Krise befinden. Laut Kraftfahrbundesamt verfügten chinesische Modelle auf dem deutschen Automarkt im Oktober des Vorjahres 2024 über einen Marktanteil von 1,1 Prozent.

Marktbeobachter trauen chinesischen Anbietern Marktanteil bis zu 15 Prozent zu

Betrachtet man den Markt für E-Autos isoliert, verfügten chinesische Modelle in Deutschland schon im ersten Quartal 2024 über zehn Prozent Marktanteil. Das entsprach einem Plus von drei Prozentpunkten gegenüber dem Vergleichszeitraum des Jahres davor. Besonders Unternehmen wie BYD und GWM konnten in Deutschland zügig ihre Absatzzahlen ausbauen.

Sie bieten günstigere Kraftfahrzeuge für den Massenmarkt an – und hatten damit zumindest anfänglich Erfolg. Zuletzt litt auch der Absatz der chinesischen Modelle an der seit Ende der Kaufprämie insgesamt stockenden Nachfrage nach Elektromobilität. Burkhard Weller, Chef der Autohandelskette Weller, prognostiziert den Billigmodellen aus China dennoch langfristig bis zu 15 Prozent Gesamtmarktanteil.

Die chinesischen Konzerne können sich auf ihrem Expansionskurs in Europa der Rückendeckung durch die Kommunistische Partei sicher sein. Diese sorgt durch Subventionen für günstige Bedingungen bei Produktion und Export und sichert den zeitnahen Zugriff auf Seltene Erden, die bei der Batterieproduktion gebraucht werden. Zudem verlangt sie von ausländischen Investoren Kooperationen und Joint Ventures mit chinesischen Unternehmen, was diesen Zugang zu Technologien ermöglicht.

2025 erstmals mehr Pkw-Exporte von China nach Europa möglich

Bessere Bedingungen bei der Batterieproduktion tragen auch zu einer wachsenden Bedeutung chinesischer Zulieferer auf dem Weltmarkt bei. Diese haben ihre Investitionen in den vergangenen sechs Jahren vervierfacht – demgegenüber sank der Anteil deutscher Zulieferer auf dem Weltmarkt von 27 auf 25 Prozent.

Parallel dazu büßen deutsche Autohersteller Marktanteile in China ein, weil sie einem Preiskampf auf dem dortigen Markt nicht gewachsen sind. Einer jüngst veröffentlichten Studie von PwC zufolge könnte schon in diesem Jahr erstmals mehr chinesische Autos nach Europa exportiert werden als umgekehrt.



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