BDI: Existenz einiger energieintensiver Unternehmen gefährdet
Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Siegfried Russwurm, sieht einige Unternehmen in Deutschland durch die Russland-Sanktionen gefährdet. Es stelle sich perspektivisch die Frage, „ob die höheren Energiepreise für jeden energieintensiven Betrieb noch durchstehbar sind“, sagte er den Sendern RTL und n-tv. Ein Scheitern einzelner Unternehmen sei „leider nicht auszuschließen“.
Ein Verzicht auf Gaslieferungen aus Russland sei aktuell kein Thema. „Wir müssen uns aber für solche Szenarien vorbereiten“, so Russwurm: „Deutschland ist ein Energie-Importland und wird das auch bleiben.“ Der Spot-Markt sei teuer. Bei einem Verzicht auf russisches Gas komme es auf die Solidarität anderer Staaten an. „Freundschaftspreise ist das, was wir uns wünschen würden.“
„Brauchen Atomkraftwerke noch etwas länger“
Der Chefberater von Finanzminister Christian Lindner (FDP), Lars Feld, hält in dem Zusammenhang längere Laufzeiten der verbleibenden deutschen Atomkraftwerke für ratsam.
„Viel spricht dafür, dass wir die Atomkraftwerke noch etwas länger brauchen, bis die Erneuerbaren stärker ausgebaut sind“, sagte er dem „Handelsblatt“ (Dienstagsausgabe). Würden die letzten drei Atomkraftwerke abgeschaltet, stünden sie als Option für die Versorgungssicherheit nicht mehr zur Verfügung.
Auch beim Kohleausstieg ist laut Feld Zurückhaltung geboten: „Ein Ausstieg weit vor 2038 ist wohl kaum machbar.“ Feld warnte zudem vor steigenden Preisen durch die Ukraine-Krise. „Ich rechne 2022 mit einer Inflationsrate von deutlich über vier Prozent. Der Ukraine-Krieg macht zudem eine Lohn-Preis-Spirale und damit eine größere Inflationsdynamik wahrscheinlicher.“
Die EZB könne jedoch wegen der Unsicherheiten derzeit kaum handeln. „Ein Zinsschritt in diesem Jahr halte ich daher für wenig wahrscheinlich“, sagte Feld. Der frühere Wirtschaftsweisen-Chef begrüßte den Plan von Kanzler Olaf Scholz (SPD), ein 100 Milliarden Euro fassendes Sondervermögen für Verteidigungsausgaben aufzulegen.
„Die Summe muss ins Schaufenster, um Putin zu zeigen, dass wir es ernst meinen.“ Feld wies zudem darauf hin, dass die 100 Milliarden Euro komplett durch Neuverschuldung finanziert werden müssten, weil die Ausgabenwünsche in der Bundesregierung schon so hoch seien.
Energiepreise steigen stark
Derweil legten die Preise am Energiemarkt erneut stark zu. Der Gaspreis war am Morgen im Vergleich zum vorherigen Handelstag 22 Prozent höher. Eine Megawattstunde (MWh) zur Lieferung im April kostet in Europa derzeit rund 114 Euro. Kurz nach Handelsstart war sogar ein Wert von 127 Euro erreicht worden.
Der Ölpreis stieg unterdessen stark: Ein Fass der Nordsee-Sorte Brent kostete gegen 9 Uhr deutscher Zeit 101,58 US-Dollar. Das waren 3,7 Prozent mehr als am Schluss des vorherigen Handelstags. Für die nicht im DAX notierten Anteilsscheine des Rüstungskonzerns Rheinmetall ging es unterdessen deutlich nach oben. Sie legten am Morgen rund 40 Prozent zu. Anleger spekulieren wohl, dass die von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) angekündigten Militär-Mehrausgaben in Milliardenhöhe sich positiv auf das Unternehmen auswirken werden. (dts/red)
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