Bayern mit neuen Ideen: Wie bezahlbarer Wohnraum Wirklichkeit werden könnte

Inmitten der angespannten Lage auf dem Wohnungsmarkt entdeckt ein Bauinvestor in Bayern ein Förderprogramm, das er als Musterbeispiel für staatliche Unterstützung und Innovation betrachtet. Bayerns Bauminister Christian Bernreiter (CSU) lädt schon jetzt die Bundesregierung ein, sein Programm zu „kopieren“.
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Der Freistaat Bayern fördert Neubauten aus LandesmittelnFoto: iStock
Von 14. März 2024

Hohe Bürokratie, steigende Baukosten und schwierige Finanzierungsbedingungen: Für die Baubranche ist die Situation im Moment mehr als angespannt. Mit fatalen Folgen – immer weniger bezahlbarer Wohnraum entsteht. Laut einer Studie des Pestel-Instituts und des Bauforschungsinstituts ARGE fehlen in Deutschland mehr als 910.000 Wohnungen. Das ist das größte Wohnungsdefizit seit mehr als 20 Jahren. 

Unternehmen würden gerne bauen, allerdings rechnen sich Wohnungsbauprojekte immer weniger. Ein erfreuliches Beispiel kommt nun aus Bayern. Dort nutzt Tilman Hickl, Geschäftsführer der H2i Asset Management GmbH, das staatliche Wohnungsbauprogramm „Einkommensorientierte Förderung“ (EOF). Nicht das Förderprogramm der staatlichen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) steht bei Hickl im Fokus, sondern das Landesprogramm aus Bayern, berichtete gerade erst das „Handelsblatt“. „Es braucht einiges an Zeit, um die komplexen Regularien des Programms zu verstehen“, sagt Hickl. „Aber es lohnt sich.“

Ein „faires“ Gesamtpaket aus Bayern

Mit dem Programm spricht der Freistaat vor allem Investoren an, die Wohnraum für Menschen mit niedrigem und mittlerem Einkommen schaffen wollen. Bayern fördert den Wohnungsbau durch Zuschüsse und zinsvergünstigte Kredite der Landesbodenkreditanstalt. Diese Förderung erstreckt sich nicht nur auf die Investoren, sondern auch auf zukünftige Mieter, die durch Mietzuschüsse unterstützt werden, abhängig von Haushaltsgröße und Einkommen.

Der allgemeine Zuschuss für Investoren beträgt bis zu 600 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche. Zusätzlich ist ein Nachhaltigkeitszuschuss von weiteren 200 Euro pro Quadratmeter möglich, sofern bestimmte Kriterien erfüllt sind. Dazu gehören unter anderem der Bau von Gemeinschaftsräumen oder Spielplätzen. Investoren können auch zusätzliche Mittel erhalten, wenn das Gebäude beispielsweise mit nachwachsenden Rohstoffen gedämmt ist oder vor Ort erneuerbare Energie erzeugt wird.

Auch ein Ortskernzuschuss ist möglich. Dieser beträgt bis zu 100 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche. Das ist allerdings abhängig von der Lage des Objekts. Weiter hat Bayern die Möglichkeit geschaffen, zwei Darlehen zu beziehen. Diese lassen sich gut miteinander kombinieren. 

Das Darlehensmodell besteht aus zwei Komponenten: dem objektabhängigen Darlehen und dem belegungsabhängigen Darlehen.

Das objektabhängige Darlehen kann grundsätzlich bis zu 50 Prozent der Baukosten ausmachen, vorausgesetzt, dass diese die Grenze von 3.100 Euro pro Quadratmeter nicht überschreiten. Es wird zu einem Zinssatz von 0,5 Prozent gewährt, mit einer Zinsbindung von bis zu 55 Jahren.

Das belegungsabhängige Darlehen hängt vereinfacht gesagt von den Einkommen der zukünftigen Mieter ab. Bereits in der Planungsphase bestimmen die Kommunen, an welche Einkommensgruppen die Wohnungen vergeben werden sollen.

Änderungen im Mix der Einkommensstufen haben zwar Auswirkungen auf die Höhe des Darlehens, diese bewegen sich jedoch laut Investor Hickl im niedrigen einstelligen Prozentbereich des Darlehensvolumens. Der Zinssatz beträgt 2,75 Prozent und dient zur Refinanzierung der Mietsubventionen, wie Hickl im Handelsblatt erklärt.

Der H2i-Geschäftsführer spricht im Hinblick auf die Möglichkeiten von einem „fairen Gesamtpaket“. Auf diese Weise möchte sein Unternehmen in den nächsten Jahren rund 2.000 Wohnungen bauen. Dabei hat Hickl vorrangig die kleinen und mittleren Städte in Bayern im Blick. 

Jährlich 70.000 neue Wohnungen in Bayern

Weil die Mieter bezuschusst werden, gelten für sie Einkommensgrenzen, je nach Haushaltsgröße und Anzahl der Kinder. Damit der Investor am Ende nicht draufzahlen muss, legt die Gemeinde schon bei Baubeginn zwei Miethöhen fest: Eine maximale Miete, die der Investor verlangen kann, und eine individuell zumutbare Miete für den jeweiligen Mieter. Die Differenz zahlt die Kommune dem Investor.

Wie in allen anderen Bundesländern auch, benötigt der Freistaat Bayern mehr Wohnraum, als er im Moment baut. Insgesamt bräuchte es jährlich 70.000 neu gebaute Wohnungen. Im Jahr 2022 wurden allerdings nur knapp 63.000 Wohnungen gebaut. Im Mai werden die Zahlen für 2023 vorgelegt. Zu erwarten ist schon jetzt, dass der Abstand zur Zielmarke im Jahr 2023 eher größer als kleiner geworden ist. 

Um den Wohnungsbau anzukurbeln, hat die bayerische Staatsregierung viele Maßnahmen ergriffen. Unter anderem gibt es seit dem vergangenen Jahr den sogenannten „Wohnungsbau-Booster“. Insbesondere der Mietwohnungsbau soll damit gefördert werden. Insgesamt 610 Millionen Euro gab der Freistaat im vergangenen Jahr dafür aus. Die Ausgaben werden weiter steigen. Laut dem Entwurf des Doppelhaushaltes sollen in diesem Jahr 885 Millionen Euro ausgegeben werden. Im Jahr 2025 fließen dann rund 940 Millionen Euro in die Förderung. 

Beispielsweise in der Eigenwohnraumförderung stieg der Zuschuss für den Erwerb bestehender Gebäude von 30.000 Euro auf 40.000 Euro und pro vorhandenem Kind von 5.000 auf 7.500 Euro. Im vergangenen Jahr unterstützte Bayern so, laut Angaben der Landesregierung, 1.542 Familien beim Kauf von Wohneigentum. Das sind rund 60 Prozent mehr als noch im Jahr 2022. 

Vor etwa einem Jahr wurde zudem das sogenannte „Bayern-Darlehen“  eingeführt. Die Einkommensgrenze für einen Vier-Personen-Haushalt mit zwei Kindern liegt beispielsweise hier aktuell bei 101.400 Euro brutto pro Jahr. Wer unter dieser Einkommensgrenze liegt, kann sein Wohneigentum, durch die Bayerische Landesbodenkreditanstalt ausgereicht, unter den marktüblichen Zinsen finanzieren. In Einzelfällen können sogar Bürgschaften als Eigenkapitalersatz gegeben werden. 

Durch das Zinsverbilligungsprogramm werden die Zinsen um 1,5 Prozentpunkte unter den Marktzins gesenkt, beim Kauf von bestehendem Wohnraum sogar um 2,0 Prozentpunkte. Bislang haben nach Angaben der Landesregierung knapp 1.400 Familien auf diese Weise Eigenheime erworben.

Bayern darf gerne kopiert werden

Bayerns Bauminister Christian Bernreiter (CSU) sagte dem Handelsblatt, der Bund sei „herzlich eingeladen“, die bayerischen Initiativen „zu kopieren“. Es müssten auch mehr steuerliche Anreize geschaffen werden, sowohl durch Sonderabschreibungen für den Bau von Mietwohnungen als auch Erleichterungen für selbst genutztes Wohneigentum. „Sollten Bauunternehmen nun in großem Stil Mitarbeiter entlassen und Kapazitäten abbauen, wäre das eine Katastrophe“, warnte Bernreiter.

Lob kam vom Landesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW Landesverband Bayern): Die Unternehmen bewerten die Schritte der Staatsregierung im Vergleich zu denen auf Bundesebene „grundsätzlich als positiv“. Präsident Andreas Eisele sagte dem Handelsblatt aber auch: „Da die Fördermittel auf Bundesebene nicht ausreichen, müssten auch in Bayern zusätzliche Fördermaßnahmen ergriffen werden, beispielsweise der Verzicht auf die Grunderwerbsteuer für die erste selbst genutzte Immobilie.“

Bayern ist übrigens auch selbst Bauherr – mit großen Zielen. Die neue staatliche Wohnungsbaugesellschaft Bayernheim soll bis 2025 10.000 Wohnungen errichten. Die Grünen im Landtag fanden jedoch mit einer Anfrage heraus, dass die Gesellschaft im vergangenen Jahr nur 33 Wohnungen gebaut hatte.



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