Baugenehmigungen steigen – doch 790.000 Bauprojekte bleiben auf der Strecke
Trotz der Corona-Pandemie haben die deutschen Bauämter im vergangenen Jahr deutlich mehr Wohnungen genehmigt. Die Zahl stieg im Vergleich zu 2019 um 2,2 Prozent auf 368.400, meldetet das Statistische Bundesamt am Mittwoch (5. Mai).
Darin sind sowohl Bewilligungen für den Bau neuer Gebäude als auch Baumaßnahmen an bestehenden enthalten.
Zweifamilienhäuser besonders gefragt
Mehr genehmigte Wohnungen als 2020 habe es seit der Jahrtausendwende nur 2016 gegeben (375.400), erklärten die Wiesbaden Statistiker. Im vergangenen Jahr wurden demnach in neu zu errichtenden Wohngebäuden rund 320.200 Wohnungen genehmigt – 2,9 Prozent mehr als im Vorjahr.
Besonders gefragt waren Zweifamilienhäuser, wo es sprunghafte Zuwächse bei den Bewilligungen gab (plus 20,5 Prozent). Die Baugenehmigungen für Einfamilienhäuser wuchsen um 2,4 Prozent, die für Mehrfamilienhäuser nur leicht um 0,4 Prozent.
„Der Trend stimmt, aber die Dynamik flacht zu sehr ab“, kommentierte Axel Gedaschko, Präsident des Bundesverbands deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen. So habe der Anstieg der Baugenehmigungen 2019 noch bei 4 Prozent gelegen. „Um das bezahlbare Wohnen in Deutschland wirklich voranzubringen, ist ein stärkerer und dauerhafter Schub bei den Baugenehmigungen notwendig.“
Baugenehmigungen steigen um 6,3 Prozent im Februar
Die Zahl der Baugenehmigungen für Wohnungen ist im Februar deutlich gestiegen. Wie das Statistische Bundesamt bekannt gab, bedeuten 30.058 Genehmigungen ein Plus von 6,3 Prozent gegenüber dem Vormonat Januar 2021. Der Zuwachs geht dabei auf Genehmigungen für Neubauten vor allem von Zwei- und Mehrfamilienhäusern zurück, die Zahl der Genehmigungen für Baumaßnahmen an bestehenden Gebäuden sank hingegen.
Bei den Baugenehmigungen für Wohnungen insgesamt hatte es bereits im Januar mit einem Plus von rund fünf Prozent zum Vormonat einen kräftigen Anstieg gegeben.
Die Bundesregierung hatte im Februar eine überwiegend positive Zwischenbilanz ihrer im September 2018 vereinbarten Wohnraumoffensive gezogen. Das Ziel, 1,5 Millionen Wohnungen in dieser Legislaturperiode zu bauen, sei „nicht außer Reichweite“, hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gesagt.
Dafür müssten 375.000 neue Wohnungen pro Jahr entstehen. Bauwirtschaft und Mietervertreter dagegen äußerten Kritik – sie warfen der Regierung Versäumnisse bei der Wohnungsbauförderung und bei der Sicherung bezahlbaren Wohnens vor.
Stetig steigender Bauüberhang
Baugenehmigungen sind ein wichtiger Indikator für den Neubau im Kampf gegen die Wohnungsnot in vielen Städten. Viele Wohnungen werden genehmigt, aber noch nicht gebaut, etwa weil Handwerker und Baufirmen im Immobilienboom überlastet sind. Daher übersteigt die Zahl der Baugenehmigungen bei weitem die der fertiggestellten Gebäude.
Der sogenannte „Bauüberhang“, wobei die genehmigten Bauvorhaben nicht fertiggestellt werden, stieg 2020 auf 790.000 Einheiten, schreibt die „Welt“.
Die im Vergleich zu den Genehmigungen schwächere Entwicklung bei den Fertigstellungen „schlägt sich in einem stetig steigenden Bauüberhang nieder“, schrieb Lars P. Feld, Professor für Wirtschaftspolitik an der Universität Freiburg, in dem Frühjahrsgutachten des Zentralen Immobilien-Ausschusses (ZIA).
„Die erschöpften Kapazitäten in der Branche dürften weiter das größte Hindernis für eine weitere Ausweitung der Bauaktivität darstellen“, so der Professor.
Um den Überhang abzuarbeiten, „wird die Bauaktivität in den kommenden Jahren weiter hoch bleiben und lässt weitere Zuwächse im Bauvolumen erwarten“, schätzt Feld ein.
„Fast alles spielt sich zu Hause ab“
Die Corona-Pandemie habe die Nachfrage nach Wohnraum nicht gebremst, sagte Tim Lorenz, Vizepräsident Wirtschaft des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie. „Sie hat uns gezeigt, wie wichtig die eigenen vier Wände sind – schließlich spielt sich fast alles zu Hause ab.“ Bei den für die breite Bevölkerung wichtigen Genehmigungen von Mehrfamilienhäusern habe es aber kaum Zuwächse gegeben.
Der Anstieg der Baugenehmigungen dürfe nicht darüber hinwegtäuschen, dass man gerade in Ballungsgebieten weit entfernt sei vom Neubaubedarf, sagte Andreas Ibel, Präsident des Bundesverbandes Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen.
„Baugenehmigungen müssen vor allem dort schnell erteilt werden, wo bezahlbarer Wohnraum dringend gebraucht wird, und das sind die Metropolen“. Ibel fordert zudem, dass die Politik in der Corona-Krise einen stärkeren Fokus auf die Innenstädte legen solle.
„Wenn wir auch in Zukunft attraktive und lebendige Innenstädte wollen, müssen wir das Wohnen dort leichter ermöglichen.“ (dpa/sza)
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