BASF-Tochter verkauft: Argentinien erlebt Energie-Boom – Deutschland geht leer aus

Mit einer offensiven Energiepolitik hat Argentiniens Präsident Milei den Sektor zu neuer Blüte geführt und auf diese Weise auch seinen Haushalt entlastet. Die BASF-Tochter Wintershall Dea war lange vor Ort – und wird jetzt zum Leidwesen Deutschlands an den britischen Harbour-Energy-Konzern verkauft.
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Buenos Aires, Argentinien.Foto: Aleksandr_Vorobev/iStock
Von 26. August 2024

In der zuletzt turbulenten Wirtschaftsgeschichte Argentiniens war die Agrarindustrie stets einer jener Stabilitätsanker, auf die das Land auch in Notzeiten bauen konnte. Seitdem der im Dezember vereidigte libertäre Präsident Javier Milei mit dem Energiesektor ein weiteres Standbein zur Priorität erklärt hatte, kommt auch aus dieser Ecke Unterstützung. Deutschland hatte bislang mit BASF-Tochter Wintershall Dea einen bedeutenden Player vor Ort.

Dies sollte sich bald ändern: Der britische Konzern Harbour Energy will das Unternehmen erwerben – inklusive dessen Lizenzen im Bereich der CCS-Technologie. Die Abscheidung und Speicherung von Kohlendioxid gilt als Schlüsseltechnologie, die es ermöglichen soll, bei nicht vermeidbaren Industrieproduktionsprozessen anfallendes CO₂ aus der Atmosphäre zu entnehmen.

Wintershall Dea hoffte in Argentinien auf bahnbrechende CCS-Innovationen

Während die Technologie vorwiegend den Grünen lange Zeit als Feindbild gegolten hatte, zeigte sich Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck zuletzt offen bezüglich der Nutzung von CCS im Ausland. Mit dem anstehenden Verkauf von Wintershall Dea, das in Argentinien bahnbrechende Projekte dazu betreibt, gehen nicht nur rund 900 Arbeitsplätze in Kassel und Hamburg verloren. Vor allem wandert das Know-how ab, das mit der Arbeit an den CCS-Vorhaben verbunden ist.

Einem Bericht der „Welt“ zufolge hat das Bundeswirtschaftsministerium dort, wo seine Genehmigung zum Verkauf erforderlich war, diese bereits erteilt. Das Unternehmen selbst will den Verkauf schon zu Beginn des vierten Quartals 2024 über die Bühne bringen. Mit diesem gehen neben Produktion und Entwicklung auch die Explorationsrechte an den britischen Konzern über.

Analyst Carl Moses weist gegenüber dem Blatt darauf hin, dass die Förderung von nicht konventionellem Erdöl und Erdgas sowie die Produktion von CO₂-armem Wasserstoff erst in seiner Anfangsphase stünden. In Argentinien würden in diesen Bereichen neue Akzente für die Zukunft gesetzt. Deutschland verliere dabei jedoch „sozusagen seinen besten Spieler auf dem Platz“. Auch mit Blick auf die Erschließung von Lithium-Vorkommen bleibe Deutschland außen vor.

Partnerschaft mit Brasilien ausgebaut – Pipelines über bolivianisches Territorium

Argentinien selbst baut unter der Führung von Präsident Milei seinen Energiesektor gezielt aus. Dabei spielt Technologieneutralität eine tragende Rolle. Außerdem bemüht man sich um Energiepartnerschaften mit langfristiger Perspektive.

In diesem Zusammenhang hatte das Energiesekretariat in Buenos Aires erst vor Kurzem Exporte von Erdgas über bolivianische Pipeline-Infrastruktur genehmigt. Dieses soll über die Grenze bei Corumbá in Mato Grosso do Sul Brasilien erreichen.

Als beratender Partner im Bereich der Energiepolitik hat Argentinien das Baker Institute for Public Policy an der Rice University in Houston, Texas, gewonnen. Gegründet wurde die Einrichtung vom früheren US-Finanz- und Außenminister James A. Baker, III.

Zu den Schwerpunkten der Beratungstätigkeit für politische Entscheidungsträger sollen dabei Exploration und Produktion von Erdöl und Erdgas sein. Es wird aber auch Unterstützung im Bereich des Ausbaus der Energieinfrastruktur durch Pipelines, Stromübertragung oder LNG-Exportterminals geben. Ein drittes zentrales Thema soll die Beteiligung des Bergbausektors an der Umstellung auf erneuerbare Energien sein.

Experten trauen Argentinien Überschüsse von bis zu 30 Milliarden US-Dollar aus Energieexporten zu

Bereits in den ersten sieben Monaten des Jahres ist es dem Energiesektor in Argentinien gelungen, einen Handelsbilanzüberschuss von 2,93 Milliarden US-Dollar zu erzielen. Gegenüber dem Vorjahr, als er noch satte Verluste einfuhr, bedeutet dies eine Verbesserung um nicht weniger als 4,1 Milliarden US-Dollar. Für Milet bedeutet dies auch eine Unterstützung beim Aufbau von Währungsreserven.

Ökonom Ricardo Arriazu geht davon aus, dass Argentinien durch Energieexporte, schwerpunktmäßig nach Brasilien oder Chile, bis 2030 einen Haushaltsüberschuss von bis zu 30 Milliarden US-Dollar erzielen könne. Voraussetzung dafür sei, dass Milet in der Lage ist, sein Reformprogramm durchzuziehen.

Positive Impulse brächte unter anderem die nach längerer Zeit abgeschlossene Sanierung der Transanden-Pipeline. Aber auch die Pipeline Sierra Blanca-Allen und die Ausweitung der Produktionskapazitäten der Ölschiefer-Lagerstätte Vaca Muerta wären Schlüsselfaktoren für eine Entwicklung des Landes zum Energie-Powerhouse.

Verliert Deutschland ein weiteres Mal den energiepolitischen Anschluss?

Deutschland hingegen steht einmal mehr mit leeren Händen da. Im Zuge der Energiewende wäre es nicht das erste Mal. Ende der 2000er- und Anfang der 2010er-Jahre sollte das Land mithilfe erheblicher Anfangssubventionen zum Weltmarktführer im Bereich der Solarenergie werden. Tatsächlich verlagerten immer mehr Unternehmen aus dem sogenannten Solar Valley und aus anderen Komplexen ihre Produktion nach China – und mit den Managern ging das Know-how mit.

Zuletzt deuteten sich ähnliche Entwicklungen bei der Förderung von Wärmepumpen an. Im Bundesministerium von Wirtschaftsminister Robert Habeck erhoffte man sich durch die Förderung des Einbaus der Geräte auch Impulse für den heimischen Absatz. Stattdessen wurden Branchengrößen wie Viessmann in die USA verkauft und Bosch baut seine Modelle künftig in Polen.

 



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