Bargeld ade? Debatte um den digitalen Euro wirft Fragen auf
Die Europäische Zentralbank (EZB) denkt schon seit Längerem an die Einführung eines digitalen Euros. Dieser würde dann auf einer Blockchain-Technologie basieren. Im Herbst soll über die Einführung entschieden werden.
Die Debatte um digitale Währungen
Die Debatte um den digitalen Euro begann bereits im Jahr 2014. Damals veröffentlichte die Europäische Zentralbank eine Studie über die Ausgabe digitaler Währungen. Die Studie untersuchte verschiedene Arten von digitalen Währungen, einschließlich Kryptowährungen wie den Bitcoin. Beleuchtet wurden die möglichen Auswirkungen auf das Finanzsystem.
Betont wurden die potenziellen Vorteile wie niedrige Transaktionskosten und die „finanzielle Inklusion“, indem sie Menschen, die keinen Zugang zu traditionellen Bankdienstleistungen haben, den Zugang zu Finanzdienstleistungen ermöglicht.
Gefahren sah die Studie in den Schwankungen bei der Wertermittlung von digitalen Währungen, die das Digitalgeld am Ende unattraktiv für den Handel machen könnte. Weiter wies die EZB-Studie auf das hohe Risiko von Betrug und Veruntreuung hin, da digitale Währungen oft nicht von Regulierungsbehörden überwacht werden.
Die Studie kam zu dem Schluss, dass eine sorgfältige Abwägung von Vorteilen und Herausforderungen notwendig ist, bevor eine endgültige Entscheidung getroffen wird.
Facebook-Pläne machen Zentralbanken Angst
Die Jahre danach dümpelte die Debatte bei der EZB vor sich hin. 2019 kam plötzlich wieder Bewegung in das Projekt. Das „Wall Street Journal“ meldete damals, dass der Konzern Facebook (heute Meta) sein Geschäftsfeld erweitern möchte: In Zukunft will er sein eigenes Geld schaffen. Die amerikanische Tageszeitung berief sich damals auf Personen, die mit der Sache betraut sein sollen. Bei der EZB schlug diese Nachricht ein wie eine Bombe. Die „Süddeutsche Zeitung“ beschrieb im letzten Jahr eine vielsagende Begebenheit.
Der damalige EZB-Präsident Mario Draghi hatte am 18. Juni 2019 führende Geldpolitiker und Wissenschaftler in die portugiesische Stadt Sintra eingeladen – zum elitären Forum der Währungshüter. Die Neuigkeit kam überraschend: Der Gründer von Facebook, Mark Zuckerberg, hatte angekündigt, dass Facebook künftig auch im Bereich Währung mitmischen möchte. Damit wurde die Idee von Libra geboren, einer digitalen Währung, die von Milliarden Facebook-Nutzern weltweit genutzt werden könnte und den Euro und Dollar möglicherweise ersetzt. Dies sorgte für große Besorgnis bei Notenbankern, die an diesem Tag laut „Süddeutsche[r] Zeitung“ überrumpelt wirkten.
Europas Souveränität könnte gefährdet werden
Im Januar 2022 meldete die Nachrichtenagentur „Bloomberg“ zwar, dass sich Mark Zuckerberg von den Plänen einer Digitalwährung verabschiedet habe – die Angst vor Machtverlust bei den Zentralbanken, die seine Ankündigung damals schürte, wirkt bis heute. Damals ließen die G-7-Staaten einen Bericht erstellen, der die Gefahren von Libra offenlegte.
Für die Herbsttagung von IWF und Weltbank hieß es damals laut dem Onlineportal „Business Insider“, sogenannte „Stablecoins“, dessen Wert an ein bestehendes Wirtschaftsgut geknüpft seien, könnten die weltweite Geldpolitik und Finanzstabilität gefährden. Sie dürften erst zugelassen werden, wenn die mit ihnen verbundenen großen Risiken bereinigt seien. Die weitgehend unregulierten Zahlungsmittel könnten zudem die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorfinanzierung erschweren.
Die EZB machte sich nun verstärkt an die Planung eines digitalen Euros. Im Bericht von 2020 warnten die Währungshüter, privates Geld wie der Libra könne Europas Souveränität gefährden – finanziell, wirtschaftlich und politisch.
Gleichzeitig übte die Politik mit strengen gesetzlichen Anforderungen für die Umsetzung des Libras Druck auf Facebook aus. Mag man vorher zugesehen haben, wie ein studentisches Start-up zu einer mächtigen Kommunikationsplattform wurde, war plötzlich Schluss mit lustig, als es um das staatliche Geldmonopol ging.
Digitaler Euro soll ausländischen Konzernen Paroli bieten
Seit Oktober 2021 läuft die von der EZB anberaumte zweijährige Untersuchungsphase zum digitalen Euro. Dass es danach bei der EZB eine Entscheidung für einen digitalen Euro ab 2026 geben wird, davon kann man ausgehen.
So hat sich EZB-Präsidentin Christine Lagarde schon im November positiv zu einem digitalen Euro geäußert. Man könne damit dem Vordringen ausländischer Konzerne im europäischen Zahlungsverkehr Paroli bieten. „Durch die Ausgestaltung von öffentlichem digitalen Geld können wir diesen Entwicklungen voraus sein“, sagte Lagarde damals in einer Videobotschaft für eine Konferenz der Europäischen Zentralbank (EZB) und der EU-Kommission.
Darüber berichtete unter anderem das „Handelsblatt“. Das Vertrauen in das Geldsystem könne so gesichert und Neuerungen gefördert werden. Eine solche Digitalwährung werde auf einer europäischen Infrastruktur aufsetzen, hob sie hervor. Europas strategische Autonomie werde dadurch gestärkt. Das Unternehmen Meta (Facebook) erwähnte sie in diesem Zusammenhang nicht.
Kritiker befürchten Verdrängung des Bargeldes
Allerdings bestätigte die EZB-Präsidentin auch die Befürchtung vieler Kritiker, dass die Einführung eines digitalen Euros das Bargeld verdrängen könnte. Wie der Buchautor und Wirtschaftsjournalist Norbert Häring damals auf seinem Blog „Geld und mehr“ berichtete, begründete Lagarde die Pläne zum digitalen Euro damit, dass immer weniger Menschen mit Bargeld bezahlen würden.
Dadurch könnte das Bargeld als öffentliches Geld seine Ankerfunktion für das „hybride System“ aus von der EZB herausgegebenem öffentlichen Geld und dem privaten Geld der Geschäftsbanken verlieren.
Das war dann auch der gesamte Tenor der Veranstaltung, die man sich auf Video anschauen kann: der digitale Euro als ein Mittel für die Zeit, in der Bargeld keine bedeutende Rolle mehr spielt. Es gab niemanden – wirklich niemanden –, der sich aktiv für Bargeld einsetzte.
Weder hatte jemand versprochen, noch dafür geworben, dass die Europäische Zentralbank und die Gesetzgeber Maßnahmen ergreifen, um den Rückgang der Bargeldakzeptanz und -nutzung aufzuhalten oder zumindest nicht zu beschleunigen.
„Überwachungsfreundlicher Ersatz“ für Bargeld
Schaut man sich die Konferenz an, dann zieht sich eine Frage durch die ganze Diskussion um den digitalen Euro: Wem soll das Digitalgeld am Ende wirklich nützen? Eine Frage aus dem Publikum, warum man auf ein programmierbares Zentralbankgeld warten sollte, wo man das doch schneller auch auf die mit großem Aufwand eingeführten Sofortüberweisungen von Bankengeld aufsetzen könnte, blieb unbeantwortet.
Wirtschaftsjournalist Häring hat eine Antwort parat: Die Motivation für einen digitalen Euro ist, einen „überwachungsfreundlicheren Ersatz für das von Notenbanken und Politik ungeliebte Bargeld“ zu schaffen.
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