Automobilindustrie in der Krise: Bosch-Chef schließt weiteren Stellenabbau nicht aus
Noch im Sommer vergangenen Jahres hat der Automobilzulieferer Bosch die Kündigung für rund 80.000 Beschäftigte ausgeschlossen. Inzwischen stehen Tausende Arbeitsplätze auf der Kippe.
„Die momentane wirtschaftliche Lage macht es schwer, Prognosen zu treffen“, erklärte Stefan Hartung, Vorsitzender der Bosch-Geschäftsführung, laut der „Thüringer Allgemeinen“ in einem Interview. Niemand könne derzeit seriös vorhersagen, welche Produktion in fünf Jahren in welchen Bereichen benötigt werde. „Entsprechend ist nicht auszuschließen, dass Kapazitäten verschoben oder auch abgebaut werden müssen.“
Dabei stellte er klar: „Niemand baut gerne Stellen ab.“ Wenn es sich aber nicht vermeiden lasse, werde gemeinsam mit den Arbeitnehmervertretern nach der sozialverträglichsten Lösung gesucht.
Bezüglich der 1.600 Beschäftigten des Elektromotorenwerks in Hildesheim, die derzeit um ihren Job bangen, sei noch nichts entschieden. Aktuell sollen Gespräche mit den dortigen Arbeitnehmervertretern „zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit“ geführt werden.
Nachfrage trotz Verbrenner-Aus
Hartung wies die Aussage, dass in Deutschland der Trend zum E-Auto verschlafen wurde, zurück. Denn die Entwicklung zur Elektromobilität hänge nicht nur vom Angebot, sondern vor allem auch von der Nachfrage ab.
Hinsichtlich des ab 2035 geplanten Verbrenner-Aus gab er zu bedenken: „Es wird nicht helfen, wenn der Regulierer versucht, den Markt unmittelbar zu steuern. Nur weil ich ab 2035 keine Verbrenner mehr produziere, heißt das noch lange nicht, dass die Kunden nicht trotzdem welche haben wollen.“
Der Bosch-Chef rechnet damit, dass manche ihre alten Autos einfach so lange wie möglich weiterfahren. Entscheidend für den Markt von E-Autos sei, ob die Besitzer in einem Haus wohnen oder einen Parkplatz mit Ladesäule vor der Tür haben.
Natürlich könne man die Kraftstoffe regulieren, indem man etwa CO₂-reduzierte Kraftstoffe stärker fördert. Andererseits dürfe man fossile Kraftstoffe nicht zu teuer machen, solange es nicht ausreichend verfügbare Alternativen gibt.
„Die Mobilität der Menschen und die Logistik von Gütern könnte sich so verteuern, dass die soziale Balance gefährdet wird“, warnt Hartung. In jedem Falle müsste man jedoch das Geld, das man über den CO₂-Preis einnimmt, wieder der Volkswirtschaft zuführen.
„Durststrecke“ bei Wärmepumpen
Bezüglich der Wärmepumpen rechnet Hartung damit, dass sich die Kaufentscheidung der Kunden um einige Zeit verschiebt. „Was wir jetzt erleben, ist nur eine Durststrecke.“ Derzeit würden Kunden lieber abwarten, so der Bosch-Chef. „Die Heizungs- und Wärmepumpenindustrie hat in den vergangenen zwei Jahren eine Achterbahnfahrt durchlebt – ohne eigenes Verschulden.“
Grundsätzlich halte Hartung die „Wärmewende“ für den richtigen Weg und die Wärmepumpen seien „ein großartiges Mittel“, um sie zu erreichen. Er ist zuversichtlich, dass Wärmepumpen in den nächsten Jahren in ganz vielen Gebäuden eingebaut werden.
Autogipfel mit Habeck am Montag
Nicht nur der Bosch-Konzern hat mit Schwierigkeiten zu kämpfen. Auch bei anderen Unternehmen ist die Lage ernst. Der Autobauer VW hat Anfang September die seit 1994 geltende Beschäftigungsgarantie mit den Gewerkschaften gekündigt und damit deutschlandweit Befürchtungen um die Zukunft des Herstellers ausgelöst.
Am Freitag sorgte auch Mercedes für Schlagzahlen. Das Unternehmen senkte seine Ergebnisprognose für das laufende Jahr. Begründet wurde dies mit dem schlechten konjunkturellen Umfeld, besonders in China. Die Umsatzrendite für die Sparte Mercedes-Benz wurde von zehn bis elf auf 7,5 bis 8,5 Prozent zurückgesetzt.
Angesichts der angespannten Lage hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) für kommenden Montag, 23. September, zu einem „Autogipfel“ eingeladen. Bei seinem Besuch im VW-Werk Emden hatte der Minister geäußert, dass er sich verpflichtet fühle, den Markt wieder anzukurbeln. Hierfür stellte er neue Fördermaßnahmen für Elektroautos in Aussicht.
An dem Gipfel sollen die größten deutschen Automobilhersteller und -zulieferer, der Automobilbranchenverband VDA und die Gewerkschaft IG Metall teilnehmen.
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