Arbeitslosigkeit steigt saisonbereinigt – Wirtschaftskrise auf dem Arbeitsmarkt angekommen
Die Arbeitslosigkeit im September hat im Vergleich zum Vormonat deutlich weniger abgenommen als eigentlich im Herbst üblich. Das geht aus dem Monatsbericht der Bundesagentur für Arbeit (BA) hervor, der heute veröffentlicht wurde.
Demnach sank die Arbeitslosenzahl im September um 66.000 auf 2.806.000. Im Vergleich zum Vorjahr verzeichnet die Bundesagentur für Arbeit (BA) allerdings einen Anstieg der Arbeitslosenzahlen um 179.000 Personen. Die Arbeitslosenquote verbesserte sich minimal um 0,1 Prozentpunkte auf 6,0 Prozent, liegt jedoch weiterhin 0,3 Prozentpunkte über dem Niveau des Vorjahres.
Saisonbereinigt gestiegene Arbeitslosigkeit
Saisonbereinigt zeigt sich sogar ein gegenteiliger Trend: Die Zahl der Arbeitslosen stieg gegenüber dem Vormonat um 17.000. Ebenso stieg die Unterbeschäftigung, die auch Teilnehmer in arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen und kurzfristig Arbeitsunfähige einschließt, um 14.000 auf insgesamt 3.569.000 Personen. Dies entspricht einem Anstieg um 132.000 im Vergleich zum September des Vorjahres.
Ein weiterer Indikator für die Probleme am Arbeitsmarkt ist die Zunahme der Kurzarbeit. Im September meldeten Betriebe für 65.000 Personen konjunkturelle Kurzarbeit an – ein signifikanter Anstieg gegenüber dem Vormonat. Im August meldeten, laut BA-Angaben, die Betriebe für 40.000 Personen Kurzarbeit an. Die tatsächliche Inanspruchnahme des Kurzarbeitergeldes bleibt mit 212.000 Betroffenen im Juli zwar stabil, zeigt jedoch im Jahresvergleich ein schwankendes Bild.
Parallel dazu sinkt die Nachfrage nach Arbeitskräften weiter. Der BA-Stellenindex (BA-X), welcher die Nachfrage nach Personal in Deutschland misst, sank im Jahresvergleich um 9 Punkte, obwohl er im September leicht um einen Punkt auf 107 Punkte angestiegen war. Die Anzahl der gemeldeten freien Stellen verringerte sich um 65.000 auf 696.000.
Zahl der Leistungsempfänger gestiegen
Die Zahl der Leistungsempfänger steigt ebenfalls: 890.000 Personen erhielten im September Arbeitslosengeld, was einem Anstieg von 107.000 gegenüber dem Vorjahr entspricht. Die Zahl der erwerbsfähigen Bürgergeldberechtigten lag bei fast vier Millionen, ein Anstieg um 47.000 Personen. Dies bedeutet, dass 7,2 Prozent der erwerbsfähigen Bevölkerung in Deutschland von Bürgergeld lebt.
„Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung haben im September zwar abgenommen, jedoch deutlich weniger als sonst in diesem Monat. Der Auftakt der Herbstbelebung am Arbeitsmarkt verläuft in diesem Jahr also nur schleppend“, sagte die Vorstandsvorsitzende der BA, Andrea Nahles, heute Vormittag anlässlich der monatlichen Pressekonferenz in Nürnberg.
Die aktuellen Zahlen zeugten von einer „anhaltenden Unsicherheit auf dem Arbeitsmarkt“, trotz der üblichen Herbstbelebung. Während saisonale Effekte die Arbeitslosenzahlen leicht verbessern, deuten die steigenden Zahlen bei Kurzarbeit und Unterbeschäftigung auf tiefgreifende strukturelle Herausforderungen hin, befand Nahles.
Wirtschaftsprobleme hinterlassen Spuren auf Arbeitsmarkt
Auch das vom ifo Institut ebenfalls am Freitag veröffentlichte „Beschäftigungsbarometer“ kommt zum Ergebnis, dass sich die strukturellen Probleme der deutschen Wirtschaft inzwischen auch auf dem Arbeitsmarkt niederschlagen. So sank es im September auf 94,0 Punkte, nach 94,8 Punkten im August. Es basiert auf einer Umfrage unter tausenden Unternehmen in verschiedenen Branchen, die ihre Beschäftigtenplanungen für die nächsten drei Monate angeben sollen. Die Personalplanung der Unternehmen in Deutschland wird offenbar zurückhaltender. „Die strukturellen Probleme der deutschen Wirtschaft hinterlassen nach und nach Spuren auf dem Arbeitsmarkt“, sagte Klaus Wohlrabe, Leiter der ifo Umfragen. „Die Unternehmen ziehen häufiger einen Arbeitsplatzabbau in Betracht.“
In der Industrie ist das Barometer auf den niedrigsten Wert seit August 2020 gefallen. Weil Aufträge fehlen, planen die Firmen ihr Personal zurückhaltender. Ähnliches gilt für den Handel. Aufgrund der Konsumzurückhaltung wird weniger Personal gebraucht. Auch bei den Dienstleistern ist die Einstellungsbereitschaft gesunken. Die Dynamik hat sich in den letzten Monaten merklich abgeflacht.
Nur im Baugewerbe ist das Barometer leicht gestiegen. Es sei jedoch von einer konstanten Entwicklung der Mitarbeiterzahlen auszugehen, so das ifo Institut.
Schleichender Abbau von Arbeitsplätzen
Gerade erst hat auch das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg sein „Arbeitsmarktbarometer“ vorgelegt. Das Institut prognostiziert für die kommenden Monate, dass die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Deutschland zwar steigen wird, allerdings nicht so stark wie in früheren Jahren. Das IAB prognostiziert für das aktuelle Jahr einen Zuwachs von 160.000 auf insgesamt 34,95 Millionen und für 2025 eine weitere Zunahme um 170.000 auf 35,12 Millionen Beschäftigte.
Trotz dieses Wachstums rechnet das IAB mit einem Anstieg der Arbeitslosigkeit um 170.000 in diesem Jahr und um 60.000 im nächsten Jahr. Besonders im öffentlichen Dienst sowie im Bereich Erziehung und Gesundheit erwarten die Forscher einen starken Zuwachs an Arbeitsplätzen, jeweils um 190.000 in den Jahren 2024 und 2025. In der Industrie und im Baugewerbe wird jedoch ein Rückgang der Beschäftigung erwartet.
Enzo Weber, der Leiter des Forschungsbereichs „Prognosen und gesamtwirtschaftliche Analysen“ am IAB, betont, dass in der Industrie trotz des Beschäftigungsrückgangs Mitarbeiter gehalten werden, weil sie schwer zu ersetzen seien. Das stabilisiere zwar die Einkommen und hilft, die Wirtschaft vor einer tieferen Rezession zu bewahren. Weber warnt aber davor, dass das zu einem „schleichenden Abbau von Arbeitsplätzen, vor allem durch weniger Neueinstellungen“ führen könnte.
Die mit dem Beginn der Pandemie und im Jahr 2022 noch einmal eingeknickten Jobchancen für Arbeitslose hätten sich nicht wieder nachhaltig erholt. Trotz des hohen Arbeitskräftebedarfs zeigten sich hier Verfestigungstendenzen, berichtet Weber. Derzeit geht das IAB davon aus, dass das Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr um 0,1 Prozentpunkte zurückgehen wird. Für das Jahr 2025 sagt das Institut nur ein schwaches Wachstum von 0,4 Prozentpunkten voraus.
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