Analysten alarmiert wegen der Zukunft des deutschen Arbeitsmarktes
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Gleich mehrere Analysten und Wirtschaftsforschungsinstitute haben aktuelle Einschätzungen für den Arbeitsmarkt in Deutschland und Europa abgegeben. Sie alle stimmen darin überein, dass die Aussichten für den weiteren Verlauf des Jahres ernüchternd ausfallen. Eine Erholung sei gegenwärtig nicht in Sicht. Die Lage ausgewertet haben das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), das ifo-Institut und die global tätige Unternehmensberatung Ernst & Young.
IAB bringt keine guten Nachrichten vom Arbeitsmarkt mit
Das Arbeitsmarktbarometer des IAB verzeichnet im Februar den mittlerweile sechsten Rückgang in Folge. Dabei sinkt die Komponente zur Vorhersage der Arbeitslosigkeit innerhalb des Frühindikators gegenüber Januar um weitere 0,4 Punkte auf 96,7. Ein Abrutschen unter den Wert von 97 hatte es zuletzt im Jahr 2020 während der Corona-Pandemie und in den Jahren 2008/09 während der Weltfinanzkrise gegeben.
Aber auch die zweite Komponente des IAB-Frühindikators, die sich auf die Beschäftigung bezieht, gibt um 0,4 Punkte nach. Mit 99,9 Punkten fällt sie damit erstmals seit der Corona-Krise wieder unter die neutrale Marke von 100 Punkten.
Enzo Weber, der bei der Einrichtung der Bundesagentur für Arbeit den Forschungsbereich „Prognosen und gesamtwirtschaftliche Analysen“ leitet, sieht das als schlechtes Omen. In einer Erklärung äußert er:
Die Arbeitslosigkeit wird weiter steigen, die Beschäftigung nur noch stagnieren. Die Arbeitsagenturen blicken mit Sorge auf 2025.“
Beschäftigungsbarometer des ifo gibt nach kurzer Erholung wieder nach
Das IAB-Arbeitsmarktbarometer wird monatlich seit November 2008 in Zusammenarbeit mit den Arbeitsagenturen im Inland erstellt. Auf europäischer Ebene gibt es korrespondierend das European Labour Market Barometer.
Nach dessen Einschätzung sieht es im europäischen Ausland kaum besser aus. Das ebenfalls vom IAB im Zusammenwirken mit Arbeitsagenturen ausgewertete European Labour Market Barometer hat zwar mit 0,3 Punkten erstmals seit fünf Monaten einen leichten Anstieg gezeigt. Dieser Effekt lag aber einzig im Einstieg Spaniens in das System mit einem Wert von 101,1 Punkten begründet.
Insgesamt liegt der Gesamtwert aus 17 europäischen Ländern und Regionen jedoch mit 99,5 Punkten immer noch im negativen Bereich. Ohne den optimistischen spanischen Wert wäre er Weber zufolge noch um weitere 0,5 Punkte abgesackt.
Das Münchner ifo-Institut, das seine Prognosen auf Grundlage von Einschätzungen der Branchenvertreter erstellt, hat ebenfalls sein Beschäftigungsbarometer präsentiert. Nach einem leichten Hoffnungsschimmer im Januar, als dieses immerhin auf den Wert von 93,4 gestiegen war, ging es nun wieder abwärts auf 93,0. Damit setzt sich der stetige Abwärtstrend seit Mitte 2022 fort.
ifo: Lage am Arbeitsmarkt bleibt angespannt
Das Institut sieht bevorstehende Stellenkürzungen, insbesondere im Bereich der Industrie. Schon im Vorjahr war dort die Zahl der Arbeitsplätze um etwa 70.000 oder 1,2 Prozent gesunken. Besonders stark betroffen waren dabei die Textil- und Bekleidungsindustrie (minus 4 Prozent) sowie die Automobilbranche (minus 2,4 Prozent).
Dazu kommt, dass der Dienstleistungssektor restriktiver bei Neueinstellungen ist – vor allem im IT-Bereich. Mit weniger Personal wollen sich nach Einschätzung von ifo jedoch auch Handel und Baugewerbe begnügen. Der Leiter des ifo-Bereichs Umfragen, Klaus Wohlrabe, erklärt dazu:
Die Lage am Arbeitsmarkt bleibt angespannt – auch wegen des Strukturwandels in der Wirtschaft.“
Für die Beratungsgesellschaft Ernst & Young äußert Analyst Jan Brorhilker, man rechne für das laufende Jahr mit einem weiteren Verlust von etwa 100.000 Industriearbeitsplätzen. Vor allem in der Automobilbranche würden sich die „schwierigen Transformationsprozesse“ bemerkbar machen.
EY: Export holt es nicht mehr raus
Die Industrie müsse zudem ihre Kapazitäten an das schwache Nachfrageniveau anpassen. Dazu kämen Produktionsverlagerungen ins Ausland, wo vor allem die Neuinvestitionen stattfänden. Es sei an der Zeit, endlich die Inlandsnachfrage zu stärken, betont Brorhilker. Er gibt zu bedenken:
Was uns immer geholfen hat, war der Export.“
Eine schwache Binnennachfrage, steigende Finanzierungskosten und politische Unsicherheiten hätten jedoch zur Folge, dass auch die Ausfuhren der Industrie sänken.
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