Analyse des TTIP-Kerntext – Wikileaks veröffentlicht weitere geheime Dokumente
Am 6. Juli 2015 beginnt die nächste TiSA-Verhandlungsrunde. Passend dazu hat Wikileaks gestern einen geheimen Kerntext und seine Analyse durch Prof. Kelsey auf RT Deutsch veröffentlicht.
TiSA, TPP und TTIP bilden drei geplante Freihandelsabkommen, die den US-Konzernen völlige Freiheit am Weltmarkt verschaffen sollen. TTIP ist das Abkommen zwischen den US-Konzernen und Europa, TPP das zwischen USA und den Pazifikstaaten. TiSa ergänzt beide Abkommen und konkretisiert den Dienstleistungssektor.
Die Dokumente zeigen und beweisen, dass transnationale Großkonzerne wie Google und Amazon die Gewinner des Abkommens sein werden. Staatliche Aufgaben wie Gesundheit und Bildung sollen privatisiert werden. Alle Dienstleistungen werden auf größtmöglichen Profit ausgerichtet, noch vorhandene Schranken für globale Kapitalströme abgebaut. Die Instabilität in der Wirtschaft und im Finanzsystem wird auf Grund dessen zunehmen.
Alle Abkommen sind sehr umstritten, da sie nur im Geheimen verhandelt werden und keiner – nicht einmal Parlamentarier, die darüber abstimmen werden – diese lesen dürfen.
Als zweites geben sie den Konzernen gigantische Macht, es ist von einer kommenden „Konzerndiktatur“ die Rede.
Es wird den Konzernen ermöglicht, Staaten für „zu erwartende Gewinne in der Zukunft“ zu verklagen, wenn Gesetze, die die Bevölkerung oder die Umwelt schützen, den Profitinteressen entgegen stehen. Die Strafzahlungen, die Staaten leisten müssen, werden von Schiedsgerichten festgelegt, die Urteile sind weder anfechtbar noch agieren sie mit rechtsstaatlichen Prinzipien.
Analyse des Kerntextes von TiSA von Jane Kelsey, Professorin für Recht an der Auckland-Universität
Kelsey betont, dass ein ausdrückliches Ziel des Vertrages ist, die Regierungen und ihre Regulierungen im Bildungs- und Gesundheitsbereich zu begrenzen. Alle Dienstleistungen sollen im globalen Maßstab privat werden.
1. Transnationale Konzerne haben mehr Rechte als die lokale und regionale Wirtschaft
Regierungen sollen künftig bei der Auftragsvergabe auf das Recht verzichten, lokalen und regionalen Anbietern z.B. in den Bereichen Rundfunk, Bildung, Elektrizität und Gesundheit, den Vorrang zu geben.
2. Weniger Regierungskontrolle
Alle Wirtschaftsbereiche, inklusive Bankensystem, Finanzsystem, elektronischer Handel, Gesundheitsfürsorge, Transport und Beratung sollen „liberalisiert“ werden. „Liberalisiert“ heißt „etwas freier machen“ und „Regulierungen wegnehmen“.
Alle Wirtschaftsbereiche heißt auch: alle Ebenen des Staates, lokale und regionale Verwaltungen sind gleichfalls betroffen.
Weniger Regulierung bedeutet mehr Chaos, mehr Regulierung kann künftig weggeklagt werden. Beispiele dafür gibt es bereits:
„Nach Erkenntnissen der Welthandelskonferenz waren im vergangenen November mehr als 600 Investor-Klagen vor Privat-Gerichten anhängig. Tschechien und Polen gehören sogar zu den zehn am häufigsten wegen angeblich unfairer Behandlung von Investoren belangten Ländern weltweit.
So musste in einem Fall Ecuador 2,4 Milliarden Dollar Schadensersatz leisten, Libyen 935 Millionen, die Tschechische Republik 354 Millionen.“ Schrieb die WAZ im März.
„Der Frankfurter Flughafenbetreiber Fraport verklagte die Philippinen auf 353 Millionen Euro. Der Konzern hatte in ein Flughafen-Terminal in Manila investiert, nach einem Regierungswechsel wurden die Verträge gekündigt.“ Fraport bekam nicht Recht.
Die hohen Summen, auf die Konzerne die Staaten verklagen, wirken abschreckend genug – der Gesetzgeber verzichtet dann vorsichtshalber auf unternehmerfreundliche Regelungen, die den Menschen der Regionen oder der Umwelt dienen sollten.
3. Ende der Verantwortlichkeit
Durch die Liberalisierung, wie TiSA, TTIP oder TPP planen, befreien sich transnationale Konzerne von ihren (sozialen) Verantwortlichkeiten.
Jane Kelsey schreibt: „Dienstleistungen werden in dem Abkommen lediglich als marktfähige Waren angesehen. Jede weitere Ebene, vor allem die soziale, kulturelle und ökologische Komponente wird ausgeklammert. Ebenso die Rolle des Wirtschaftens für Beschäftigung und Entwicklung.“
4. Unkontrollierbare globale Kapitalströme
Jegliche staatliche Kontrolle der Kapitalströme ist verpönt und wird durch die Abkommen eingeschränkt.
Einige Staaten hatten Gesetze nach dem Zusammenbruch der Lehman Brothers-Bank und der folgenden Finanzkrise beschlossen, die den Finanzsektor unterstützen sollen. Das ist dann nicht mehr möglich.
Einen Lichtblick gibt es: Bisher sind die BRICS-Staaten von dem Abkommen ausgeschlossen. (ks)
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