Airlines kämpfen mit Koffer-Mengen an Bord
Das große Gedränge an den Gepäckfächern der Passagierjets stellt viele Airlines vor Herausforderungen. Immer mehr Passagiere reisen mit Rollkoffern im Handgepäck, doch für so viele Kabinen-Trolleys reicht der Platz über den Sitzen oft nicht aus.
Die Folge: Schlangen und Diskussionen am Gate, weil viele Trolleys doch in den Frachtraum sollen. Billigflieger Ryanair versucht der Sache mit neuen Regeln Herr zu werden. Eine praktische Lösung bieten die Flugzeugbauer Boeing und Airbus – doch deren Umsetzung braucht Zeit.
„Wir hoffen, dass all unsere Kunden die neuen Gepäckbestimmungen begrüßen“, sagt Ryanair-Marketingchef Robin Kiely. Zwei Handgepäckstücke bleiben für jeden Passagier kostenlos – auch wenn das größere nun grundsätzlich in den Frachtraum geladen wird. Nur Kunden, die für mindestens fünf Euro die Option „Priority Boarding“ dazugebucht haben, dürfen ihren Trolley garantiert mit an Bord nehmen.
Die Neuregelung soll Verzögerungen vermeiden und die Abflüge pünktlicher machen. Zudem senkt Ryanair die Gebühren für aufgegebenes Gepäck und erhöht das erlaubte Gewicht pro Koffer.
Tatsächlich vollzieht Europas größter Billigflieger dabei eine Kehrtwende. Jahrelang hatte man die Kunden mit hohen Gebühren davon abgehalten, Reisegepäck am Schalter aufzugeben. Das sparte Zeit und Geld. Doch wenn jeder der bis zu 189 Passagiere einen kleinen Rollkoffer mit an Bord nehmen will, gibt es ein Problem.
In den Gepäckfächern einer Boeing 737-800 wie bei Ryanair finden dem Flugzeugbauer zufolge gerade einmal 118 Bordtrolleys Platz. Der Billigflieger zieht sogar bei 90 den Schlussstrich. Und es kostet Zeit und Nerven, den übrigen Kunden zu erklären, dass sie ihren Koffer abgeben müssen.
Vielflieger wissen: Ryanair steht mit dem Dilemma nicht allein da. Ob Easyjet, Lufthansa oder Air France: Sie alle bieten heute im billigsten Tarif nur Handgepäck an. Die Fluggäste haben dazugelernt und nutzen das. Trotzdem sieht die Lufthansa in ihrem Geschäft „unter dem Strich kein allzu großes Problem“ mit der Trolley-Flut, wie eine Sprecherin erklärt.
Im Zweifel sprächen die Mitarbeiter die Passagiere an, ob sie ihren Koffer in den Frachtraum geben möchten. Auch Easyjet findet diese Praxis am kundenfreundlichsten.
Derweil schaut sich Lufthansa die neue Airspace-Kabine von Airbus an, die der Flugzeugbauer 2017 für seine A320-Mittelstreckenjets vorstellt hat. Neben größeren Fensterflächen und einer etwas breiteren Kabine lockt der Hersteller mit XL-Gepäckfächern über den Sitzen, die 40 Prozent größer sein sollen als die bisherigen. In einer A320 finden statt 104 dann 166 Rollkoffer Platz – passend für die üblicherweise bis zu 165 Passagiere.
Die Lufthansa hat sich aber noch nicht entschieden, ob und welches Paket sie für ihre bestehende Flotte oder die noch auszuliefernden Jets der Neuauflage A320neo ordert. Andere Airlines sind schon weiter. Die US-Gesellschaft American Airlines hat beschlossen, über 200 ihrer Airbus-A321-Jets mit den XL-Fächern nachzurüsten. Auch europäische Airlines hätten die größeren Fächer schon geordert, sagt eine Airbus-Sprecherin.
Während sich Airbus und Zulieferer FACC aus Österreich bei der Fertigung warmlaufen, hat Boeing mit seinen sogenannten „Space Bins“ schon vorgelegt. In die vergrößerten Fächer für die 737-Jets wie bei Ryanair passen laut Boeing dann insgesamt bis zu 174 Kabinentrolleys – 50 Prozent mehr als in der Standardversion. Das würde sogar bei Ryanair für fast alle Passagiere reichen. Folglich haben sich die Iren bei ihrem jüngsten Flugzeug für die neue Boeing-Kabine im „Sky“-Design entschieden.
Von daher scheint ein Ende des Koffer-Gedränges zumindest langfristig in Sicht – zumal Flugzeuge im Laufe ihres jahrzehntelangen Lebens meist mehrfach eine neue Kabinenausstattung bekommen. Ob Ryanair seine Handgepäck-Regeln irgendwann wieder ändert, ist heute schwer vorauszusagen.
Einen Fehlgriff hatte sich die Luftfahrtbranche 2015 geleistet. Da wollte der Branchenverband IATA die Höchstgröße für Handgepäckstücke um fast 40 Prozent kappen. Nach heftigem Gegenwind von Kunden und Verbraucherschützern legte er das Vorhaben auf Eis. (dpa)
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion