„Abgefahrene“ Vision: Die Zukunft der Mobilität sollte grün und autofrei sein
Öffentliche Verkehrsmittel wie Busse und Züge, Fahrräder oder die eigenen Füße, so sollte die Zukunft der Mobilität aussehen. Autos, insbesondere mit Verbrennungsmotor, spielen in dieser Vision nur eine Nebenrolle. Bis dahin ist es ein weiter Weg, denn die aktuellen Zulassungszahlen des Kraftfahrtbundesamtes zeigen, noch nie war das eigene Auto beliebter als heute.
Im Jahr 2009 fuhren etwa 41,3 Millionen Fahrzeuge mit deutscher Zulassung über die Straßen. Nach Angaben des Kraftfahrtbundesamtes (KBA) gab es am 1. Januar 2020 insgesamt 58.256.135 zugelassene Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger in Deutschland. Etwa 47,7 Millionen davon sind PKW. Hintereinander geparkt, ergebe sich daraus eine 310.000 Kilometer lange Blechlawine. Mit anderen Worten: Stau auf allen Spuren aller Autobahnen und Zubringer der Republik und aller angrenzender Staaten.
Allein im vergangenen Jahr wurden laut KBA demzufolge 3,6 Millionen PKW neu zugelassen. Das entspricht einem Plus von fünf Prozent gegenüber 2018. Mehr Fahrzeuge pro Jahr kamen nur 2009 auf die Straße, als die Abwrackprämie für finanzielle Anreize sorgte. Das schreibt die „Welt“. Ferdinand Dudenhöffer, Direktor des Zentrums für Automobilforschung (CAR) in Duisburg, sagte, obwohl manche dieser Fahrzeuge die alte Flotte ersetzten, steigt die Zahl der zugelassen PKW in Deutschland um etwa 620.000 Fahrzeuge. Pro Jahr.
Weiter zitiert die „Welt“ Dudenhöffer: „Es wird gerne behauptet, dass die Menschen in Städten automüde sind. Das lässt sich aber nicht nachweisen, sondern es gilt eher das Gegenteil […]“. Dabei war „das vergangene Jahr […] kein außergewöhnliches Jahr für die Entwicklung der Pkw-Bestände in den Großstädten.“
Mehr Urbanisierung, noch mehr Autos
Nach CAR-Zahlen stieg der PKW-Bestand in allen der 20 größten Städte Deutschlands. Spitzenreiter war München mit einem Zuwachs von zwei Prozent. Am anderen Ende lag Bonn mit „einem Plus von 0,1 Prozent.“ Binnen der letzten zehn Jahre legten die Zahlen in einigen deutschen Städten trotz gut ausgebautem Nahverkehr, Carsharing und alternativen Verkehrsangeboten wie E-Scooter sogar um über 20 Prozent zu.
Der jüngste, vom Bundesministerium für Bildung und Familie (BMBF) geförderte, Mobilitätsreport beschäftigte sich mit der individuellen Mobilität in Zeiten der Corona-Krise und unterstreicht diese Entwicklung. In der aktuellen Situation fuhren 35 Prozent der Befragten lieber mit dem Auto als mit Bus oder Bahn. Und wollten auch zukünftig dabei bleiben. Grund dafür sehen die Studienautoren in einem „offenbar als ungefährdet empfundenen Rückzugsraum“ ohne Maskenpflicht.
Die langfristige Steigerung der KFZ-Zahlen sind jedoch nicht (nur) auf den Wunsch nach persönlicher Freiheit zurückzuführen. Während 2009 etwas unter 500 Autos pro 1.000 Einwohnern durch die Städte fuhren, waren es 2019 schon über 570, so die CAR-Forscher. So erhöhte sich die Zahl der PKW in Berlin um etwa zwölf Prozent während die Einwohnerzahl nur um 8,5 Prozent stieg. Den Trend zur Urbanisierung sieht auch das BMBF.
Während die Corona-Krise sich auch in den Zulassungszahlen widerspiegelte – im Mai wurden 49,5 Prozent weniger Fahrzeuge zugelassen als im Vormonat – versuchten einige Städte die plötzlich autofreien Straßen anderen Verkehrsteilnehmern umzuwidmen. Mit mäßigem Erfolg. So heißt es im Mobilitätsreport: „Der Autoverkehr wird sich die Freiräume [nicht zuletzt durch kürzere Zeitbudgets der Nutzer] überwiegend zurückholen.“
Der Rückgang der Neuzulassungen dürfte indes nicht ausschließlich auf die Verbannung des öffentlichen Lebens zurückzuführen seien, sondern vor allem auf die Einschränkung oder Schließung der Zulassungsbehörden.
Mehr als eine Zweck-Ehe: Der Deutsche Michel und sein Auto
CAR-Direktor Dudenhöffer rechnet indes mit weiterhin steigender Fahrzeugdichte – auch, so schreibt die „Welt“, weil „die Autobauer mit neuen Produkten, wie etwa dem Auto-Abo, Autofahren noch einfacher machen“.
Diesen Trend könnte die Corona-Pandemie wiederum begünstigen. Wird der öffentliche Nah- und Fernverkehr aus Angst vor einer Ansteckung oder dem lästigen Tragen einer Gesichtsmaske gemieden, könnte sich das Reiseverhalten wieder mehr Richtung PKW verlagern.
Urlaub mit dem eigenen Fahrzeug werde zur neuen Normalität, weil Flugreisen, Kreuzfahrten und Co. künftig nur noch eingeschränkt möglich sein würde, so der Hamburger Zukunftsforscher Horst Opaschowski. Laut „Welt“ zeige eine Meinungsumfrage des Berliner Start-ups Civey zudem, „dass knapp 70 Prozent der über 2500 Befragten, die in diesem Sommer verreisen, mit dem Auto unterwegs sein werden.“
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