21 Prozent mehr Pleiten: Europas Unternehmen kämpfen ums Überleben
Die Pleitewelle zieht ihre Bahnen durch Europa. Allein in Westeuropa meldeten im vergangenen Jahr rund 170.000 Unternehmen Insolvenz an, wie eine aktuelle Analyse der Wirtschaftsauskunftei „Creditreform“ zeigt. 2022 waren es noch 140.168 Fälle. Damit stieg die Anzahl der Insolvenzen 2023 im Vergleich zum Vorjahr um 21 Prozent.
Die Studie nennt als Hauptursache für die Zahlungsunfähigkeit vieler Unternehmen die schwache Wirtschaftslage, verstärkt durch Krisen wie steigende Energiekosten, hohe Inflation und die Nachwirkungen der Corona-Pandemie.
In allen Branchen stiegen die Insolvenzen im vergangenen Jahr um zweistellige Prozentzahlen. Besonders betroffen war laut „Creditreform“ der Handel mit einem Anstieg von 24,8 Prozent.
Auch das verarbeitende Gewerbe verzeichnete einen erheblichen Anstieg. Während die Insolvenzzahlen während der Corona-Pandemie durch staatliche Hilfen gedämpft wurden, sehen Experten nun eine Trendwende.
Anstieg der Firmenpleiten europaweit erheblich
In einigen europäischen Ländern sind die Zuwächse der Insolvenzen dramatisch. In den Niederlanden stiegen sie um 54,9 Prozent, in Frankreich um 35,6 Prozent.
Auch Schweden (+28,7 Prozent), Irland (+25,1 Prozent), Finnland (+24,8 Prozent) und Norwegen (+23,2 Prozent) verzeichneten Anstiege von mehr als 20 Prozent. Dagegen meldeten einige Länder wie Dänemark (-11,1 Prozent), Luxemburg (-6,2 Prozent), Spanien (-4,4 Prozent) und Portugal (-4,2 Prozent) Rückgänge.
Griechenland sticht jedoch hervor: Die Anzahl der Firmenpleiten stieg von 45 im Jahr 2022 auf 1.412 im Jahr 2023 – ein Anstieg von 2.969,6 Prozent.
Auch der osteuropäische Raum blieb von der Insolvenzwelle nicht verschont. 2023 gab es fast 65.000 Unternehmensinsolvenzen, was einem Anstieg von 8 Prozent im Vergleich zu 2022 entspricht. Besonders betroffen war Ungarn, aber auch Estland, die Slowakei, Serbien und Tschechien verzeichneten steigende Insolvenzzahlen.
In sechs von zwölf untersuchten Ländern gingen die Insolvenzen jedoch zurück, mit den größten Rückgängen in Kroatien (-22,3 Prozent) und Lettland (-21,2 Prozent).
Die Studie sieht trotz verbesserter Eigenkapitalausstattung vieler Unternehmen zunehmende Risiken durch die restriktivere Geldpolitik der Zentralbanken, schwache Konjunktur und geopolitische Spannungen. Mit einer schnellen Trendumkehr bei den Insolvenzen sei daher vorerst nicht zu rechnen.
Durchweg im zweistelligen Prozentbereich
Auch in Deutschland ist die Situation besorgniserregend. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilte, stieg die Anzahl der Insolvenzen im Oktober im Vergleich zum Vorjahresmonat um 22,9 Prozent. Die zweistellige Zahl aus dem Oktober ist kein Ausreißer.
Schaut man auf die Zahlen, die Destatis in diesem Jahr gemeldet hat, so lag lediglich im Juni der Prozentsatz von Insolvenzen mit 6,3 Prozent unter einem zweistelligen Prozentsatz. In den anderen Monaten meldete das Bundesamt durchweg eine zweistellige Zahl. Im April erreichte mit 28,5 Prozent die Anzahl der Insolvenzen im Vergleich zum Vorjahresmonat sogar fast die 30-Prozent-Marke.
Es ist möglich, dass die Insolvenzzahlen zum Jahresende noch weiter ansteigen. Die vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Zahlen beruhen auf der gerichtlichen Entscheidung, ein Insolvenzverfahren zu eröffnen. Das bedeutet, dass die Unternehmen bereits etwa drei Monate vor der statistischen Erfassung einen Insolvenzantrag gestellt haben. Die tatsächliche Anzahl der Insolvenzen könnte daher höher sein als die gemeldeten Zahlen.
Schon im September hatte der weltweit größte Kreditversicherer Allianz Trade mitgeteilt, dass das Unternehmen im laufenden Jahr mit einer Zunahme der Pleiten um 21 Prozent auf rund 21.500 Fälle rechne.
Da die Wirtschaft weiterhin mit einer Rezession kämpft, sei eine Trendwende bei den Firmenpleiten in diesem Jahr nicht zu erwarten, berichtete damals unter anderem die „Tagesschau“. Schon im Jahr 2023 habe es 22 Prozent mehr Insolvenzen gegeben als das Jahr zuvor.
Nicht nur kleine Unternehmen
Sollten die Prognosen des Kreditversicherers zutreffen, würde die Anzahl der Insolvenzen etwa 15 Prozent über dem Niveau des letzten Vor-Corona-Jahres 2019 liegen. Für das kommende Jahr erwartet Allianz Trade nur noch einen „moderaten Anstieg“ der Fallzahlen auf rund 22.000 Insolvenzen.
Dass nicht nur kleine Unternehmen, sondern auch größere Firmen mit einem Jahresumsatz von mindestens 50 Millionen Euro betroffen sind, zeigt das erste Halbjahr. Laut Allianz Trade gab es in diesem Zeitraum insgesamt 40 Insolvenzen in dieser Unternehmensgröße, darunter der Reisekonzern FIT und erneut die Kaufhauskette Galeria Kaufhof.
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