Wu Shu: Mut, das Böse zu stoppen

Von klein auf haben die Opfermanns aus Dresden ihre Kinder mit der traditionellen chinesischen Kampfkunst vertraut gemacht. Eine Reihe Medaillen würdigen das gemeinsame Bemühen, den Kern dieser Kunst zu bewahren.
Titelbild
Ellen Opfermann als Teilnehmerin im Finale des Internationalen Wettbewerbs für traditionelle chinesische Kampfkünste in Waldwick, New Jersey. Sie wurde am 2. September 2024 mit Silber in der Kategorie Frauen mit Waffen ausgezeichnet. Der Goldtitel blieb unbesetzt.Foto: Larry Dye/Epoch Times
Von 13. September 2024

Beim Bogenschießen-Parkour erreiche ich ihn per Telefon: Andreas Opfermann, Vater der Familie Opfermann aus Dresden, zu der Mutter Hongfeng Yang sowie die bereits erwachsenen Kinder Eike und Ellen Opfermann gehören.

Erfolgreich sind die Eltern zurückgekehrt von der Atlantikküste der USA. In New Jersey, nicht weit von New York City entfernt, fand dort vom 30. August bis zum 2. September der 8. Internationale Wettbewerb für traditionelle chinesische Kampfkünste statt, ausgerichtet vom Fernsehsender NTD, einem Schwestermedium von Epoch Times.

Jedes Familienmitglied wurde ausgezeichnet

Erfolgreich zum einen wegen der insgesamt vier Medaillen, die Familie Opfermann und Cao Si, ebenfalls Mitglied des von der Familie gegründeten Vereins Chinesisch-Deutsches Zentrum e. V., nach Hause bringen. Erfolgreich aber auch, da somit das über 20-jährige Engagement der Opfermanns für die traditionelle chinesische Kampfkunst in Form ihres Vereins gewürdigt wird. Und Andreas Opfermann eine Extra-Auszeichnung für kulturelles Erbe (Cultural Heritage) entgegennehmen konnte.

Eike Opfermann gewann Gold in der Kategorie Männer mit Waffen. Foto: Larry Dye/Epoch Times

Was motivierte die Familie, sich neben ihrem Broterwerb jahrzehntelang der Kampfkunst – im Chinesischen Wu Shu genannt – zu widmen? Woraus speiste sich das Interesse und die Hartnäckigkeit, dabei zu bleiben?

Hongfeng Yang, selbst Chinesin, fasst dies kurz in prägnanten Worten zusammen: „Uns liegt die traditionelle chinesische Kultur am Herzen. Und die Grundlage aller Aspekte der traditionellen chinesischen Kultur stellt die Meditation (Qigong) dar. Auf dieser Grundlage haben wir die Kraft und Motivation geschöpft, den Weg der Pflege, Bewahrung und Weitergabe der unterschiedlichen Facetten der traditionellen chinesischen Kultur zu gehen.“

Dabei betont sie die Unterstützung, die sie immer wieder von außerhalb erfahren haben. Besonders durch Kampfkunstmeister Dr. Youfu Li. Er habe sie tatkräftig unterstützt und ermutigt, den Weg der traditionellen chinesischen Kampfkunst zu beschreiten.

Er war es auch, der 2008 den Wettbewerb für traditionelle chinesische Kampfkünste mit ins Leben rief, um so die jahrtausendealte Tradition wiederzubeleben.

Das gleiche Ziel verfolgt das Fu Xing College in Südkalifornien.

Fu Xing College in Los Angeles

„Durch das Studium und die Erforschung der traditionellen chinesischen Kultur erlangen die Studenten ein tiefes Verständnis dafür, wie die Tugenden der Kampfkünste zur Verbesserung der Moral der menschlichen Gesellschaft eingesetzt werden können. Der Abschluss qualifiziert die Absolventen für eine Vielzahl von Führungsaufgaben in akademischen, künstlerischen und beruflichen Bereichen.“

So zu lesen auf der Website des Fu Xing Colleges, das vor gut einem Jahr gegründet wurde und dessen Präsident Dr. Li ist.

Hier erreiche ich Eike und Ellen Opfermann telefonisch – bei ihnen 9 Uhr morgens, bei uns 18 Uhr abends. Eike weiß, dass er seine Goldmedaille dem Training am Fu Xing College zu verdanken hat. Eigentlich erst hier, sagt der 26-Jährige, habe er richtig Feuer gefangen und mit vollem Elan gelernt.

Es sei schwer in Worte zu fassen, sagt er. Ohne Erwartungen sei er zum College gekommen, wollte es einfach mal ausprobieren und habe das echte traditionelle chinesische Kung Fu gelernt. Wobei Kung Fu mit „etwas durch harte/geduldige Arbeit Erreichtes“ übersetzt werden kann.

Dieses Training habe eine Art „Wow-Effekt“ bei ihm ausgelöst, wofür er Dr. Li unendlich dankbar sei: „Da ist so viel mehr dahinter. Es ist nichts, was man an der Oberfläche sehen kann. Es ist eher der Fokus. Und dadurch verändern sich sehr viele Dinge im Hintergrund.“

Wenn man es ganz nüchtern betrachten würde, sei es auf den ersten Blick ein Training wie jedes andere. Doch habe es dem Körper auf eine ganz andere Art und Weise gutgetan – und einfach Spaß gemacht.

Schönheit der Bewegungen

Diese Freude ist es auch, die die um drei Jahre jüngere Schwester Ellen bei den Kampfkünsten hält. Und die Schönheit der Bewegungen. Zwar habe auch sie eine Art pubertären Knick erlebt, ähnlich dem großen Bruder. Denn viele Gleichaltrige habe es bei dieser Kunst, die oberflächlich betrachtet als Sportart gesehen wird, nicht gegeben.

Einer der Aspekte, der sie dann aber vor drei Jahren wieder mit neuem Engagement zur Kampfkunst zurückfinden ließ, war der Facettenreichtum. Insgesamt gebe es viele unterschiedliche Stile und Bewegungen, die auch sehr individuell anwendbar seien. Und „selbst wenn man 50 Jahre lang schon trainiert, hat man immer noch nicht ausgelernt“. Man lerne das ganze Leben lang.

Und eben das mache sie glücklich: Sich ständig verbessern zu können, indem sie immer weiter lerne. Sofern ihr das BWL-Studium an der TU in Freiberg Zeit lässt, kommt sie als Schülerin an das Fu Xing College. Denn es dauere eine Weile, bis man ein tiefergehendes Verständnis der einzelnen Bewegungen erlange.

Die Silbermedaille, die ihr in der Kategorie Frauen mit Waffen verliehen wurde, dürfte ein guter Ansporn sein, ihren Weg der Kampfkunst weiterzugehen. Wobei auch in ihrer Kategorie wie in den meisten der Goldpreis nicht vergeben wurde.

Kampfkunst als Instrument des Friedens

Verglichen mit den Ergebnissen des Wettbewerbs vor zwei Jahren, bei dem gar kein Gold vergeben wurde, konnten dieses Jahr immerhin in den beiden Kategorien Männer mit Waffen und ohne Waffen Leistungen auf diesem Niveau gewürdigt werden.

Was also ist es, das die traditionelle chinesische Kampfkunst so anspruchsvoll macht? Laut Eike sei Kung Fu auf keine bestimmte körperliche Verfassung oder Fitnesszustand begrenzt. Egal, wo man gerade im Leben stehe – jeder, absolut jeder könne es betreiben. Sicherlich sei es mit einem fehlenden Bein etwas schwieriger, aber auch nicht unmöglich.

Denn das Herz des Wu Shu ist die Kampfkunsttugend. Eikes Lehrer am Fu Xing College beschreiben dies als die Angstfreiheit im Angesicht des Bösen. Außerdem versuche man das Gute nicht zu täuschen, sondern zu fördern, zu bewahren und zu beschützen.

Bescheidenheit und Loyalität sind dabei entscheidende Stützen. Und wie lasse sich das Böse vom Guten unterscheiden? Wahrhaftigkeit, Güte und Nachsicht werden hierfür als Prinzipien genannt.

„Essenzieller Bestandteil des Übens in der Kampfkunst ist das Wiederholen dessen, was du gelernt hast. Das kann auf unterschiedliche Art und Weise geschehen, der Situation entsprechend angepasst“, führt Eike aus. Man müsse nicht jedes Mal ins Schwitzen kommen und müsse nicht einmal zu einem bestimmten Ort gehen, um dort zu trainieren.

„Man kann die Bewegungen durchgehen, auch wenn man sich nicht bewegen kann und im Flugzeug sitzt. Man kann immer noch im Kopf die Bewegungen durchgehen und üben. Das machen andere Künstler wie zum Beispiel Musiker ganz genau gleich.“

Veredelung des Charakters ermöglicht Fortschritte

Der Trainingssport ist also für die klassische Kampfkunst die äußere Hülle, das Sichtbare. Dabei wird mit keinem Gegenüber gekämpft, sondern die Bewegungsabläufe werden immer wieder in der Gruppe geübt. Der Fokus liegt jedoch nicht darauf, synchron zu agieren.

„Jeder hat ein unterschiedliches Verständnis auf unterschiedlichen Ebenen. Und deswegen sehen die Bewegungen auch nie komplett gleich aus. Und kein Mensch ist gleich gebaut, auch deshalb werden die Bewegungen nie komplett gleich aussehen“, erklärt Eike, der als Assistenztrainer am Fu Xing College arbeitet.

Wichtig sei, die Bewegungen korrekt zu machen, und dafür sei der Trainer da.

„Es gibt einige traditionelle Schulen, die sehr viel Wert auf Meditation legen. Das ist die innere Kultivierung. Einen inneren Weg zu haben, ist sehr, sehr wichtig. Und für uns steht das super im Einklang mit Falun Gong [eine Qigong-Schule]. Das ist genauso wie in der Musik. Wenn man zu einem gewissen Punkt kommt, braucht man auch die Erhöhung der eigenen Herzensnatur, um Fortschritte zu machen. Man merkt schnell, dass dies in Einklang miteinander steht und einander begünstigt.“

Die Begeisterung der Geschwister für eine Kunst, deren Anfänge ihnen ihre Eltern mitgaben, ist ansteckend. Ihre Mutter zeigte Eike mit acht Jahren und der Schwester Ellen bereits mit sechs Jahren die ersten Bewegungen. Sie selbst holte nun im internationalen Wettbewerb Bronze in der Kategorie Frauen ohne Waffen.

Andreas Opfermann ist stolz, dass so viele Medaillen in den Verein gebracht wurden, der mit der Austragung der europäischen Wettbewerbe einiges für das Gelingen in New Jersey beitrug. Doch kein Grund zu pausieren. Und für ihn steht fest: Meditation bedeutet die Grundlage für Erfolg in allen Lebensbereichen.

Bereits mit acht Jahren kann in der Juniorkategorie am internationalen chinesischen Kampfkunstwettbewerb von NTD teilgenommen werden. Hier Amy Li als Teilnehmerin am 2. September 2024. Foto: Larry Dye/Epoch Times

Eike Opfermann mit dem Qimen-Schwert. Foto: Dai Bing/Epoch Times



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