Wie Darmentzündungen Depressionen verursachen

Darmbeschwerden und Depressionen – auf den ersten Blick scheinen diese zwei Leiden nichts miteinander zu tun zu haben. Doch der Schein trügt.
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Nicht nur Liebe geht durch den Magen.Foto: Goran13/iStock
Von 16. Januar 2024

Depressionen sind weltweit eine der häufigsten Ursachen für eine Berufsunfähigkeit. Geschätzt haben etwa 322 Millionen Menschen auf der ganzen Welt diese Krankheit – das sind mehr als 4,4 Prozent der Weltbevölkerung. Dabei leiden nicht nur die Betroffenen unter den Auswirkungen, sondern auch Familien, Gemeinschaften und die Gesellschaft als Ganzes.

Die Ursachen für Depressionen sind verschieden. Moderne Forschungen bringen allerdings immer öfter eine schlechte Darmgesundheit mit ihnen in Verbindung. So können die im Darm freigesetzten Entzündungssignale ins Gehirn gelangen, die Gehirnfunktion beeinträchtigen und möglicherweise eine Depression auslösen.

Das beutetet, dass viele der fast 70 Prozent der Bundesbürger, die unter Magen-Darm-Beschwerden leiden, auch Depressionen haben könnten.

Depressionen: Ein Warnsignal des Körpers

In der Regel sind Depressionen ein Warnsignal: Etwas stimmt nicht und muss dringend in Ordnung gebracht werden. Allzu oft ist es eine Darmentzündung, die durch die moderne Ernährung, übermäßigen Zucker- oder Alkoholkonsum, Nahrungsmittelunverträglichkeiten, ein Ungleichgewicht des Darmmikrobioms oder chronische Infektionen verursacht wird.

Auch andere körperliche und geistige Leiden stehen mit einer schlechten Darmgesundheit in Verbindung. Dazu gehören Autoimmunität, Angstzustände, Stress, eine schwache Immunität und sogar neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer.

Ein kranker Darm kann sich auf verschiedene Weise auf das Gehirn und somit auf das geistige Wohlbefinden auswirken. Im Folgenden sind vier Möglichkeiten, wie Probleme im Darm zu psychischem Ungleichgewicht führen.

1. Darmentzündungen

Entzündungen im Darm senden über verschiedene Wege Signale an das Gehirn und stören dessen normale Funktion. Ein wichtiger Mechanismus ist die Freisetzung von Entzündungsmolekülen wie beispielsweise Zytokinen, die die Blut-Hirn-Schranke überwinden. Im Gehirn angekommen, stören sie das empfindliche Gleichgewicht der Neurotransmitter, die für die Regulierung von Stimmung und Gefühlen entscheidend sind.

Studien zufolge geht ein erhöhter Gehalt an entzündungsfördernden Zytokinen mit depressiven Symptomen einher.

Diese Zytokine verursachen auch Entzündungen im Gehirn und verlangsamen die Signalübertragung zwischen den Nerven. Dies kann zu Symptomen wie Hirnnebel, Depression, Müdigkeit und Motivationsverlust führen.

2. „Leaky Gut“

Ein durchlässiger Darm, auch „Leaky Gut“ genannt, ist ein Zustand, bei dem die Darmschleimhaut geschädigt wird. Ursachen für diesen Zustand können ungesunde Darmbakterien, falsche Ernährungsgewohnheiten, Nahrungsmittelunverträglichkeiten und chronische Entzündungen sein. 

Dadurch gelangen schädliche Substanzen wie Krankheitserreger, Toxine und unverdaute Nahrungspartikel durch die geschädigte Darmbarriere in den Blutkreislauf. Diese Stoffe lösen eine Immunreaktion aus, die zu einer systemischen Entzündung führt. Diese Entzündung kann sich wiederum auf das Gehirn auswirken und zu depressiven Symptomen beitragen.

Gleichzeitig beeinträchtigen Zustände wie ein undichter Darm die Integrität der Blut-Hirn-Schranke. Mit anderen Worten: Ein durchlässiger Darm führt oft zu einem „durchlässigen Hirn“.

Auf diese Weise gelangen schädliche Substanzen durch die Blut-Hirn-Schranke ins Gehirn und aktivieren dort Immunzellen. Das führt zu Entzündungen im Gehirn, einer Verschlechterung der Gehirnfunktion und Depressionen.

3. Blutzucker 

Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass ein Ungleichgewicht im Blutzucker zu Depressionen und anderen Gemütsstörungen beitragen kann. Der Darm spielt bei der Regulierung des Blutzuckerspiegels eine entscheidende Rolle.

Ein unausgeglichener Blutzuckerspiegel kann beispielsweise auf eine Darmdysbiose (ein Übermaß an schlechten Darmbakterien) zurückzuführen sein. Das beeinträchtigt das Energieniveau, das emotionale Gleichgewicht und das allgemeine geistige Wohlbefinden.

4. Glutenunverträglichkeit

Bei manchen Menschen führt eine Unverträglichkeit gegenüber Gluten zu psychischen Gesundheitsstörungen. Gluten kann bei Unverträglichkeit sowohl im Darm als auch im Gehirn starke Entzündungen verursachen. 

Bei einigen Menschen äußert sich die Glutenintoleranz oder -sensibilität überhaupt nicht im Darm, sondern neurologisch durch Stimmungsschwankungen oder kognitive Störungen.

Bei anderen jedoch führt die Glutenunverträglichkeit zu chronischen Darmentzündungen, die wiederum Entzündungen im Gehirn verursachen. In jedem Fall kann ein einfacher Verzicht auf Gluten bei diesen Menschen die Entzündung und damit auch die Symptome der Depression deutlich verringern.

Depressionen mit Bewegung lindern

Eine schlechte Darmgesundheit kann zwar auf verschiedene Weise Depressionen fördern, ist aber nicht der einzige Mechanismus. Nicht diagnostizierte oder nicht richtig behandelte Autoimmunerkrankungen, chronische Infektionen, hormonelle Ungleichgewichte, frühere Hirnverletzungen sowie eine Schilddrüsenunterfunktion sind Beispiele für andere Faktoren, die zu Depressionen beitragen können. Sie erfordern unterschiedliche Behandlungsansätze.

Darüber hinaus spielen eine sitzende Lebensweise und eine ungesunde Ernährung eine wichtige Rolle bei Depressionen. Sport kann in diesen Fällen Linderung verschaffen, wie mehrere Studien zeigten.

Körperliche Betätigung unterstützt das Gehirn auf verschiedene Weise und kann Depressionen vorbeugen. So kann Sport beispielsweise:

  • das Nervenzellwachstum fördern, 
  • die Freisetzung von stimmungsaufhellenden Chemikalien stimulieren, 
  • Neurotransmitter regulieren, 
  • Stress abbauen, 
  • den Schlaf verbessern.

Dem Darm etwas Gutes tun

Dennoch spielt der Darm eine wichtige Rolle für die Gesundheit des Gehirns. Deswegen ist es notwendig, ihn ständig auf verschiedene Weise zu pflegen.

So gibt es verschiedene Möglichkeiten, die Darmgesundheit zu verbessern sowie Darmentzündungen zu lindern oder vorzubeugen. Dazu gehören solche Strategien wie:

  • sich körperlich betätigen,
  • Entzündungsauslöser wie Zucker und verarbeitete Kohlenhydrate aus der Ernährung streichen,
  • den Blutzucker ins Gleichgewicht bringen, 
  • auf eine Vollwertkost umsteigen, wie sie unsere vorindustriellen Vorfahren gegessen haben (Konzentration auf Eiweiß, Ballaststoffe und gesunde Fette),
  • chronische Infektionen behandeln, 
  • andere Bereiche identifizieren, in denen ein Ungleichgewicht besteht, und sie in Ordnung bringen.

All dies kann tiefgreifende Auswirkungen auf die Gehirnfunktion haben, wodurch Depressionen gelindert, die Stimmung verbessert und die Energie und Motivation gesteigert werden.

Über den Autor

Datis Kharrazian ist Chiropraktiker, Gesundheitswissenschaftler, Arzt für funktionelle Medizin und Autor. Er ist zudem ein Fellow der chirurgischen Fachgesellschaft American College of Surgeons in den USA und Professor für Klinische Neurologie am Carrick Institute in Florida. Sein Spezialgebiet ist die nichtmedikamentöse Behandlung von Autoimmunerkrankungen sowie neurologischen und seltenen chronischen Erkrankungen.

Dieser Artikel ersetzt keine medizinische Beratung. Bei Gesundheitsfragen wenden Sie sich bitte an Ihren Arzt oder Apotheker.

Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel „Exploring the Role of Gut Inflammation in Depression“ (redaktionelle Bearbeitung as).



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