Was tun gegen Mangel an Gesundheitspersonal und Arzneimitteln?
Die deutschen Krankenhäuser stehen derzeit stark unter Druck. Praktisch bundesweit fehlt es vor allem an Personal und an Medikamenten. Dabei machen virale Erkrankungen – u. a. Grippeviren, das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) und Covid19 – den Kliniken besonders zu schaffen. Das berichtet das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
Um den Mangel an Ärzten und Pflegepersonal zu beheben, hat sich die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) für ein bundesweites Ende der Isolationspflicht für solche Klinikbeschäftigte ausgesprochen, die zwar positiv auf Corona getestet worden seien, aber keine Symptome beklagten. „Wir erkennen mittlerweile auch in unseren Nachbarstaaten, dass die Pandemie zunehmend an Gefahr verloren hat“, sagte der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß im RND-Gespräch.
Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion sieht das ähnlich: „Wer krank ist, bleibt daheim, und der Rest geht arbeiten“, so der Vorschlag von Unionsfraktionsvize Sepp Müller (CDU) gegenüber dem „RND“. „Um einer weiteren Überlastung der Krankenhäuser entgegenzutreten, braucht es eine bundesweite Aufhebung der Isolationspflicht für medizinisches Personal“. Für ihn sei es unverständlich, dass „symptomfreie, aber positiv auf das Coronavirus getestete Pfleger und Ärzte bis zu 14 Tage zu Hause bleiben“ müssten, während „Grippekranke theoretisch arbeiten könnten“.
Die Stiftung Patientenschutz lehnt solche Ideen ab. „Wie das Stoppschild im Straßenverkehr Gefahren regelt, so wirkt die Isolationspflicht bei Corona: Sie schützt andere“, sagte Eugen Brysch im „RND“-Interview. „Anstatt jetzt alle Dämme zu brechen, sollte die Politik dafür sorgen, dass der Schutzschild gegen Infektionen besonders für Hochbetagte steht.“
Medikamente immer knapper
DKG-Vorstand Gaß beklagte zudem den Mangel an verfügbaren Medikamenten. 40 Prozent der Lieferengpässe, die dem Bundesinstitut für Arzneimittel im 3. Quartal 2022 gemeldet worden seien, beträfen das Krankenhaus, sagte Gaß nach Agenturberichten den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Besonders schwerwiegend sei das angesichts der Mangellage bei Notfallmedikamenten wie etwa dem Wirkstoff Alteplasem, der u. a. zur Behandlung von Herzinfarkten und Schlaganfällen gebraucht werde. Auch das Breitband-Antibiotikum Amoxicillin, Krebsmedikamente und Paracetamol- und Ibuprofen-haltige Fiebersäfte für Kinder seien knapp.
Nicola Buhlinger-Göpfarth, die stellvertretende Bundesvorsitzende des Hausärzteverbands, bestätigte derartige Engpässe auch für die Praxen: „Das Problem ist nicht neu, das Ausmaß schon“, sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Zwar könnten viele Medikamente durch andere Präparate ersetzt werden, das aber bedeute einen „enormen zusätzlichen Aufklärungsaufwand“ und damit eine „zusätzliche zeitliche Belastung, die nur bedingt leistbar“ ist.
Die Oldenburger Apothekerin Dr. Gabriele Röscheisen-Pfeifer beobachtet die Lieferengpässe bereits seit dem Frühsommer. Bis heute habe sich die Situation noch verschlimmert, berichtete sie gegenüber dem „RND“. Die Apotheken hätten bereits begonnen, Fiebersäfte und Paracetamolzäpfchen selbst herzustellen.
Lauterbach: „Mit der Ökonomisierung zu weit gegangen“
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hofft, den Nachschubproblemen in Sachen Arzneimittel mit einem neuen Generikagesetz Herr werden zu können. Einen entsprechenden Entwurf werde er demnächst vorstellen, kündigte Lauterbach am 15. Dezember in der ZDF-Talkrunde „Markus Lanz – Das Jahr 2022“ an. „Wir sind auch in diesem Bereich mit der Ökonomisierung zu weit gegangen“, sagte Lauterbach. Künftig solle nicht mehr der Preis eines Medikaments die „alleinige Rolle“ spielen, sondern mehr Gewicht auf die Verfügbarkeit gelegt werden.
Was das Personalproblem im Gesundheitswesen betreffe, wolle er sich für bundesweit 5.000 zusätzliche Medizin-Studienplätze einsetzen. Dazu werde er auf die Bundesländer zugehen. „Auf uns läuft eine mittlere Katastrophe zu, was das Ärzteangebot angeht“, sagte Lauterbach. Ohne eine Aufstockung der Studienplätze werde „die Babyboomer-Generation nicht angemessen“ versorgt werden können.
Lauterbach hatte sich in den vergangenen Monaten stets gegen eine Lockerung der Isolationspflichten bei einem positiven PCR-Test geäußert. Mitte November beispielsweise hatte er die Ankündigung von vier Bundesländern kritisiert, die die allgemeine Isolationspflicht aufheben wollten. Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Schleswig-Holstein schafften die Isolationspflicht für Corona-Infizierte trotzdem zum 16. November 2022 ab. Das berichtete u. a. die Tagesschau.
Die einrichtungsbezogene Impfpflicht im Gesundheits- und Pflegebereich soll zum 1. Januar 2023 auslaufen. Das Gesundheitsministerium begründete die Entscheidung am 21. November mit der „Dominanz sogenannter immunevasiver Corona-Varianten“, wie auch die „Welt“ berichtete. Diese immunevasiven Erreger könnten „der Immunantwort von Menschen, die geimpft und/oder genesen sind, besser entgehen als ihre Vorgänger.“
[Mit Informationen von Agenturen]
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