Warum Frauen häufiger an Autoimmunkrankheiten leiden
Warum leiden Frauen häufiger an Autoimmunkrankheiten als Männer? Ein Forscherteam der Stanford University glaubt, die Antwort auf diese Frage gefunden zu haben.
Schätzungen zufolge sind weltweit etwa fünf bis zehn Prozent der Bevölkerung von Autoimmunerkrankungen betroffen. Angewendet auf Deutschland mit einer Bevölkerung von etwa 83 Millionen Menschen sind demnach zwischen 4,15 und 8,3 Millionen Menschen von einer Form der Autoimmunerkrankung betroffen. Es gibt mehr als 100 bekannte Autoimmunerkrankungen, zu den häufigsten Diagnosen gehören Lupus, rheumatoide Arthritis, Typ-1-Diabetes, Multiple Sklerose, Morbus Crohn, Colitis ulcerosa, Borreliose und Kardiomyopathie.
In einer in der Zeitschrift „Cell“ veröffentlichten Arbeit wies das Stanford-Team darauf hin, dass ein Molekül namens Xist – das nur bei Frauen vorkommt – der Grund dafür sei, dass Frauen häufiger von solchen Krankheiten betroffen sind. Die Entdeckung könnte eine ermutigende Wende für die Behandlung von Autoimmunkrankheiten bedeuten, die in der Vergangenheit durch ein mangelndes Verständnis dessen geprägt war, wie und warum Autoimmunkrankheiten ausbrechen.
„Das Verständnis der Risikofaktoren und Ursachen der Autoimmunität ist im Wettlauf mit der Entwicklung wirksamer Therapien und empfindlicher Diagnostik für jede einzelne Autoimmunerkrankung noch wichtiger geworden“, schreibt das Forscherteam. „Die große Heterogenität innerhalb der Autoimmunkrankheiten und die sich überschneidenden Merkmale zwischen den Krankheiten haben jedoch unsere Fähigkeit eingeschränkt, wirksame Therapien und empfindliche Diagnosen für jede einzelne Autoimmunkrankheit zu entwickeln.“
Der Studie zufolge betrifft das Xist-Molekül nur Frauen, weil sie zwei X-Chromosomen haben, während Männer ein X- und ein Y-Chromosom besitzen. Chromosomen, die Proteine produzieren, tragen das genetische Material des Körpers. Das Xist-Molekül kommt ins Spiel, indem es eines der X-Chromosomen im Körper einer Frau deaktiviert und so die Überproduktion von Proteinen verhindert. Im Wesentlichen schaltet das Xist-Molekül eines der Chromosomen stumm.
Xist löst Autoantikörper aus
„In einigen weiblichen Zellen wird das von der Mutter geerbte X zum Schweigen gebracht, während in anderen das X des Vaters abgeschaltet wird – auf scheinbar zufällige Weise“, schreibt Sarah C.P. Williams von der University of California-Los Angeles in einer Pressemitteilung.
Die Stanford-Forscher entdeckten, dass das Xist-Molekül, wenn es das X-Chromosom zum Schweigen bringt, Proteine sammelt. Das Molekül kann mehr als 100 Proteine an sich ziehen, von denen ihm viele bei der Inaktivierung des X-Chromosoms helfen. Darüber hinaus stellte das Team fest, dass viele der Proteinstrukturen, die das Xist-Molekül aufbaut, Autoantikörper anziehen. Im Gegensatz zu T-Zellen oder anderen Kampfzellen, die den Körper schützen, richten sich Autoantikörper gegen freie Moleküle, die mit Autoimmunkrankheiten in Verbindung stehen.
Bei der Verteidigung des Körpers können die Autoantikörper jedoch auch Schaden anrichten und Entzündungen in den Organen und Geweben verursachen. Diese Immunreaktion kann das Risiko für die Entwicklung von Autoimmunerkrankungen erhöhen, da die Autoantikörper die körpereigenen Proteine und nicht die Krankheitserreger für die Krankheit halten.
Um die Rolle von Xist unabhängig vom X-Chromosom besser zu verstehen, züchteten die Forscher männliche Mäuse, die Xist auf einem ihrer Chromosomen trugen. Außerdem stellten sie sicher, dass das Xist-Molekül das X-Chromosom in der männlichen Maus nicht zum Schweigen bringt, wie es bei einem der X-Chromosomen in weiblichen Mäusen der Fall ist, sondern sich daran festhält.
Dann führte das Team den Mäusen einen Umweltauslöser zu, um zu sehen, wie das Xist-Molekül reagieren würde. Sie fanden heraus, dass das Molekül wie bei den weiblichen Tieren die gleiche Art von Autoantikörpern auslöste. Die Studie deutet darauf hin, dass die Exposition gegenüber Entzündungen oder Gewebeschäden das Risiko einer Frau, Autoimmunerkrankungen zu entwickeln, auslösen oder erhöhen könnte, da das Xist-Molekül die Produktion von Autoantikörpern auslöst.
„Ich glaube nicht, dass die Daten schon ausreichen, um zu sagen, dass es der wichtigste [Faktor] ist, denn es ist sozusagen die erste Beobachtung, dass dies möglich ist“, sagte Montserrat Anguera, eine Forscherin an der Universität von Pennsylvania, die nicht an der Studie beteiligt war. „Es unterstreicht die Tatsache, dass es nicht nur einen Weg gibt, an dem das inaktive X-Chromosom beteiligt ist, sondern dass es verschiedene Wege gibt, wie das inaktive X-Chromosom zu einem weiblichen Nachteil bei Autoimmunkrankheiten beitragen kann“.
Diese Entdeckung könnte Ärzten und Therapieunternehmen dabei helfen, gezieltere Behandlungen für Menschen mit Autoimmunerkrankungen zu entwickeln.
Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel: „Researchers Are Closer to Knowing Why Women Suffer More From Autoimmune Diseases“ (deutsche Bearbeitung jw)
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