Wann endet die Milchschwemme?

Durch das russische Importembargo für EU-Agrarprodukte in Folge des Ukraine-Konflikts gingen für die heimische Branche wichtige Abnehmer verloren.
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Milch fließt aus einer Tüte.Foto:  Martin Gerten/Illustration/dpa
Epoch Times17. Mai 2016
Die Milchpreise in Europa sind im Keller. Verbraucher können sich freuen, der Liter Milch kostet in Supermärkten in Deutschland deutlich weniger als einen Euro. Doch die Branche ächzt wegen des Überangebots. Abhilfe sollen ein deutscher „Milchgipfel“ und die EU schaffen. In Brüssel zeichnet sich derzeit aber wenig Bewegung ab. Ein Überblick:

Wie ist die Lage in Deutschland?

Bedenklich. Etwa 75 000 Milchbauern gibt es hierzulande nach Angaben des Agrarministeriums, Stand 2014. Tausende haben die Milchviehhaltung in den vergangenen Monaten aufgegeben, viele andere bangen um ihre Existenz. Erst Anfang Mai hat der Discount-Marktführer Aldi die Preise für einen Liter frische Vollmilch von 59 auf 46 Cent heruntergesetzt – das hat Signalwirkung für den gesamten Handel. Die Erzeuger bekommen davon weniger als 30 Cent. Um kostendeckend wirtschaften zu können, müssten es nach eigener Darstellung aber 40 Cent sein.

Was wollen die deutschen Bauern?

Finanzielle Hilfen sind natürlich willkommen und auch in Zukunft gefragt, zudem verlangen sie eine Neuregelung der Beziehungen von Milcherzeugern, Molkereien und dem Handel. Die Geister scheiden sich aber am Thema Milchquote. Während der Deutsche Bauernverband (DBV) ihr nicht nachtrauert, verlangt der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM), finanzielle Zuschüsse an eine Verringerung der Produktion zu koppeln. Die jahrelang praktizierte EU-Milchquotenregelung war im vergangenen Jahr ausgelaufen. Zuletzt konnten die Bauern so viel melken wie sie wollten.

Was hat Brüssel bisher für die Branche getan?

Im September 2015 einigten sich die EU-Agrarminister auf ein Notprogramm in Höhe von 500 Millionen Euro. Damit sollten Finanzhilfen und Stützungsprogramme finanziert werden. Auf Deutschland entfielen etwa 69 Millionen Euro. Im März hatte die EU zudem den Weg für freiwillige, zeitlich begrenzte Mengenreduzierungen in den EU-Staaten für Milchprodukte freigemacht. Produzenten können sich nun absprechen, ohne kartellrechtlich in Schwierigkeiten zu geraten. Der BDM kritisiert allerdings, dass diese freiwillige Mengendrosselung nur einen Flickenteppich ergebe.

Was tut die Bundesregierung?

Eine neue Milchquote kommt für Agrarminister Christian Schmidt (CSU) nicht in Frage. Sein Credo: „Die Milchkrise muss im Markt gelöst werden.“ Für die Reduzierung der Milchmenge setzt er auf Freiwilligkeit. Schon jetzt greift der Bund Bauern in Not finanziell unter die Arme.

Und was macht die EU-Kommission?

Durch das russische Importembargo für EU-Agrarprodukte in Folge des Ukraine-Konflikts gingen für die heimische Branche wichtige Abnehmer verloren. Die Brüsseler Behörde verstärkt seitdem ihre Bemühungen, für die europäischen Agrarprodukte andere Märkte zu erschließen. EU-Agrarkommissar Phil Hogan reist immer wieder zu Gesprächen, zuletzt war er etwa in Mexiko und Kolumbien.

Worüber wird in Brüssel nun noch gestritten?

Einige Kritiker halten die bisherigen Maßnahmen für nicht ausreichend, anderen gehen sie in die falsche Richtung. Mit der einseitigen Ausrichtung auf den Export werde Bauern, Verbrauchern, Umwelt und den Zielländern gleichermaßen geschadet, sagt etwa der grüne Europaparlamentarier Martin Häusling. Die Orientierung auf den Weltmarkt fördere die Produktion von Massenware und schade auch der Entwicklung einheimischer Märkte mit existenzsichernden Einkommen für Erzeuger in Drittländern.

Manche EU-Staaten fordern für den heimischen Markt stärkere Mengenregulierungen und Ausgleichszahlungen auf EU-Ebene. Besonders kritische Töne schlägt Paris an. Französische Bauern protestieren immer wieder besonders heftig gegen die niedrigen Preise.

Wie soll es weitergehen?

Für stärkere Regulierungen gibt es auf EU-Ebene derzeit keine Mehrheit. Deutschland und etliche andere Länder, vor allem in Mittel- und Nordeuropa, sehen darin vielmehr Rückschritte. Eine Reihe von Ländern hat außerdem noch nicht die vollen Beträge aus dem September-Hilfspaket abgerufen, heißt es in Brüssel. Bis zum Sommer ist nicht mit weiteren Entscheidungen zu rechnen. Erst soll beurteilt werden, wie die im März verabschiedeten Maßnahmen wirken. Ende Juni ist ein weiteres Treffen der EU-Landwirtschaftsminister geplant.

Und wie sieht es konkret in Deutschland aus?

CDU und CSU planen ein Hilfspaket von „100 Millionen Euro plus X“. Details stehen noch nicht fest, im Gespräch sind aber Zuschüsse zur Unfallversicherung, Bürgschaften, damit Banken den Landwirten weiter Geld leihen, und Freibeträge zum Abbau von Schulden. Am 30. Mai lädt Minister Schmidt zum „Milchgipfel“ – dort will er Erzeuger, Molkereien und den Handel an einen Tisch bringen. Kritik daran kommt vom BDM: Die Landwirte hätten „keine Zeit mehr für eine weitere

Gesprächsrunde“.

(dpa)


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