Studie als Hoffnungsschimmer: Gelähmte können mit neuer Behandlung wieder laufen
Gelähmte können durch gezielte elektrische Stimulation ihrer Wirbelsäule wieder begrenzt laufen – sogar ohne Hilfe. Laut einer Studie, die am Donnerstag im Fachblatt „Nature“ erscheint, fanden Schweizer Ärzte heraus, dass durch die Stimulation sogar Nervenbahnen reaktiviert werden können, die durch einen Unfall stillgelegt wurden.
Das Ergebnis: Die drei Probanden konnten über kurze Strecken wieder laufen. „Der klinische Test hat mir Hoffnung gemacht“, sagte der 35-jährige Gert-Jan Oskam, dem nach einem Verkehrsunfall 2011 gesagt wurde, er werde nie wieder laufen können. Nach fünfmonatiger Behandlung ist er nun in der Lage, kurze Strecken sogar ohne elektrische Stimulation zu gehen.
Auch der 28-jährige David Mzee, dessen linkes Bein seit einem Unfall 2010 komplett gelähmt war, kann nun dank des Implantats bis zu zwei Stunden lang mit einer Gehhilfe laufen. Ohne Einschaltung der elektrischen Impulse schafft er kurze Strecken.
Der Schweizer Neurologe Grégoire Courtine sagte der Nachrichtenagentur AFP, die Erfolge seien das Ergebnis von „mehr als einem Jahrzehnt sorgfältiger Forschung“. In vorherigen Studien wurde eine kontinuierliche elektrische Stimulation der Wirbelsäule vorgenommen. Dies funktionierte gut bei Ratten, weniger gut hingegen bei Menschen.
Nach dem mehrmonatigen Training mit gezielten Impulsen konnten die drei Probanden ihre zuvor gelähmten Muskeln sogar ohne elektrische Stimulation aktivieren.
„Das Ergebnis war völlig unerwartet“, sagt Courtine in einem Video, das „Nature“ veröffentlichte. „Sie konnten sogar einige Schritte ohne jede Unterstützung, mit freien Händen, gehen.“ Mit der gezielten Stimulation kann ein Patient fast normal gehen, die Füße rollen dabei gleichmäßig auf und ab.
Bei der kontinuierlichen Stimulation sind die Bewegungen ruckartiger. Zusammen mit einer ausgiebigen Krankengymnastik kann die gezielte Stimulation offenbar zudem die Nervenverbindungen zwischen dem Gehirn und den Muskeln reaktivieren.
Die Stimulation startet mit einem Impuls, der auf einen Muskel zielt und eine Bewegung des Patienten auslöst, beispielsweise einen Schritt. Sensoren an den Füßen erkennen die Bewegung als erste Phase eines Schrittes und senden weitere Impulse aus, um die für die Beendigung des Schrittes nötigen Muskelbewegungen auszulösen. Gleichzeitig denken die Patienten daran, die Muskeln zu bewegen und zu gehen.
Weil die Neuronen im Gehirn fast zeitgleich mit den auf die Muskeln einwirkenden elektrischen Impulsen arbeiten, entsteht vermutlich irgendwann eine Verbindung zwischen dem Gehirn und den Muskeln. Dadurch können die Patienten auch ohne Impulse die Muskeln steuern.
Chet Moritz von der Universität in Washington sprach in einer unabhängigen Evaluierung der Studie von einem „riesigen Sprung vorwärts“ im Bereich der Rückenmarksverletzungen.
Courtine warnte vor allzu großen Erwartungen. Alle drei Probanden seien weiter auf ihre Rollstühle angewiesen, sagte er. Außerdem kamen für Studie nur Patienten in Betracht, die noch einen Rest an Empfindungen in ihrer unteren Körperhälfte hatten.
Gemeinsam mit seiner ebenfalls an der Studie beteiligten Kollegin Jocelyne Bloch gründete er ein Startup, um die Technik voranzubringen und an Patienten zu erforschen, die sich gerade erst das Rückenmark verletzt haben. (afp)
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