STIKO vergleicht COVID-19 bei Kindern- und Jugendlichen mit Grippe
Am 10. Juni hat die Ständige Impfkommission (STIKO) im Rahmen eines Epidemiologischen Bulletins ihre Empfehlung bezüglich der Verabreichung von COVID-19-Impfstoffen bei Kindern abgegeben. Eine generelle Impfempfehlung für die Altersgruppe 12 bis 17 Jahre gibt es nicht. Auch eine Impfung in der Schwangerschaft wird derzeit nicht generell empfohlen.
Ausdrücklich spricht sich die an das Robert Koch-Institut angegliederte STIKO dagegen aus, dass eine COVID-19-Impfung Voraussetzung für Bildung, Kultur und andere Aktivitäten des sozialen Lebens ist. Nach Einschätzung der STIKO aufgrund der Datenlage sind Kinder nicht Treiber des Pandemiegeschehens. Bei vielen Kindern und Jugendlichen verläuft eine Infektion asymptomatisch und mild. Krankenhausaufenthalte sind selten und nur vereinzelt traten Todesfälle bei schwer Vorerkrankten auf.
Die Krankheitslast von COVID-19 bei Kindern und Jugendlichen im Alter von 12–17 Jahren ist mit der Krankheitslast von Influenza in dieser Altersgruppe vergleichbar“, heißt es von der STIKO.
Ein Nutzen der Impfung, schwere Erkrankungen und Todesfälle zu verhindern, sei in dieser Altersgruppe nicht allgemein gegeben. „Es müssten etwa 100.000 12 bis 17-jährige Kinder und Jugendliche geimpft werden, um einen einzigen COVID-19- bedingten Todesfall in dieser Altersgruppe zu verhindern“, so die STIKO weiter.
Aufgrund der begrenzt vorhandenen Impfstoffe sollten diese nutzbringend eingesetzt werden. Insoweit gewährt die STIKO den Vorrang den nicht geimpften gefährdeten Personen. „Solange noch viele Erwachsene mit deutlich höherem Risiko ungeimpft sind, ist eine Umverteilung der Impfstoffe an gesunde Kinder und Jugendliche epidemiologisch und individualmedizinisch nicht sinnvoll.“
Eine Impfung sei aber nach ärztlicher Aufklärung und bei individuellem Wunsch und Risikoakzeptanz des Kindes oder Jugendlichen beziehungsweise der Sorgeberechtigten möglich. COVID-19-Erkrankungen verlaufen in dieser Altersgruppe jedoch eher mild und häufig asymptomatisch. Dem entgehen stehen „seltene unerwünschte Wirkungen“ der Impfung. Eltern, Pädagogen sowie Betreuungspersonen von Kindern und Jugendlichen sollten nach Ansicht der STIKO die angebotene Impfung wahrnehmen.
Datenlage zu COVID-19 bei Personen unter 18 Jahren
Bei seiner Auswertung stützt sich die STIKO auf Daten, die vom 1. März 2020 bis Mitte Mai 2021 erhoben wurden. Dabei werden als COVID-19-Fälle alle labordiagnostischen PCR-Nachweise von SARS-CoV-2 gewertet – unabhängig vom Vorhandensein oder der Ausprägung einer klinischen Symptomatik.
COVID-19 ist in der Regel eine milde Erkrankung im Säuglings-, Kindes- und Jugendalter“, erklärt die STIKO und vergleicht diese mit Influenza-Erkrankungen.
Allerdings müsse angemerkt werden, dass während der COVID-19-Pandemie erhebliche Infektionsschutzmaßnahmen (z.B. Kontaktbeschränkungen, Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes) ergriffen wurden, die während der Grippesaison üblicherweise nicht zur Anwendung kommen. Daher sei laut STIKO anzunehmen, dass ohne diese Maßnahmen die COVID-19-Fallzahlen und -Inzidenzen höher gewesen wären.
Ab Mitte März 2021 wurde in Deutschland „das anlasslose Testen“ von Kindern und Jugendlichen und Schulen eingeführt, heißt es in dem Bericht. Dies habe „höchstwahrscheinlich“ die Fallzahlen in den betroffenen Altersgruppen durch gesteigerte Testhäufigkeit ab diesem Zeitpunkt „beeinflusst“. Im untersuchten Zeitraum geht die STIKO von drei Infektionswellen aus, wobei die aktuelle dritte Welle wieder rückläufig ist, aber die Talsohle noch nicht erreicht hat.
Im Zeitraum März 2020 bis Mitte Mai 2021 wurden über 440.000 Kinder unter 18 Jahren als COVID-19-Fälle gemeldet. Bei genauer Betrachtung der einzelnen Altersgruppen ergibt sich folgendes Bild:
Von diesen positiv auf SARS-CoV-2 getesteten Kindern wurden 5.122 hospitalisiert. Unter ihnen befanden sich rund 1.200 Kinder, die noch kein Jahr alt waren.
Auch die Datenerhebung der Deutschen Gesellschaft für pädiatrische Infektiologie (DGPI), die seit Mitte März 2020 gesammelt hat, wurde im Bericht der STIKO herangezogen. Demnach wurden bis 16. Mai 2021 insgesamt 1.522 Kinder und Jugendliche wegen COVID-19 im Krankenhaus behandelt. 20 Prozent der Kinder hatte keine COVID-19-Symptome, bei zehn Prozent der Fälle war die Symptomatik „unklar“. Bei 71 Prozent der im Krankenhaus behandelten Personen unter 18 Jahren lagen COVID-19-Symptome vor. Bis April mussten 40 Kinder und Jugendliche intensivmedizinisch behandelt werden, 24 wurden invasiv beatmet.
Insgesamt wurden vom Robert Koch-Institut 12 verstorbene Kinder im Zeitraum 1. März 2020 bis Mitte Mai 2021 als an COVID-19 verstorbene Fälle eingeordnet.
Impfung bei Vorerkrankung
Die STIKO empfiehlt die mRNA-Technologie Corminaty von BioNTech/Pfizer für Kinder und Jugendliche ab 12 Jahren, sofern diese unter Vorerkrankungen leiden. Dazu zählen:
- Adipositas
- angeborene oder erworbene Immundefizienz oder relevante Immunsuppression
- angeborene zyanotische Herzfehler (O2-Ruhesättigung < 80%)
- schwere Herzinsuffizenz
- schwere pulmonale Hypertonie
- chronische Lungenerkrankungen mit einer anhaltenden Einschränkung der Lungenfunktion
- chronische Niereninsuffizienz
- chronische neurologische oder neuromuskuläre Erkrankungen
- maligne Tumorerkrankungen
- Trisomie 21
- syndromale Erkrankungen mit schwerer Beeinträchtigung
- Diabetes mellitus (bei einem Wert HbAlc-Wert >9%)
Darüber hinaus empfiehlt die STIKO eine Impfung für Kinder und Jugendliche, wenn sich in ihrem Umfeld Personen mit hoher Gefährdung für einen schweren COVID-19-Verlauf befinden, die selbst nicht geimpft werden können oder bei denen der begründete Verdacht auf einen nicht ausreichenden Schutz nach Impfung besteht. Hierneben seien auch Jugendliche zu beachten, die durch Berufseinstieg einem arbeitsbedingt erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt sind. Bei Personen mit eingeschränkter Immunfunktion sollte individuell entschieden werden, ob eine einmalige Impfung ausreicht.
Ungeimpft bleiben sollen nach Ansicht der STIKO derzeit Personen, die bereits infiziert waren und bei denen ein PCR-Test nachgewiesen wurde. Begründet wird dies mit dem bestehenden Impfstoffmangel. Nach einer durchgemachten Infektion betrage die Schutzwirkung „mindestens“ sechs bis neun Monate. Danach reicht nach Ansicht der Impfkommission eine einmalige Impfung zunächst aus. „Ob und wann später eine zweite COVID-19-Impfung notwendig ist, lässt sich gegenwärtig nicht sagen“, so die STIKO.
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