Stiftung Warentest: Jedes zweite Olivenöl im Test ist mangelhaft
Gesund und aromatisch – viele Deutsche schätzen Olivenöl aus südlichen Ländern wie Italien, Spanien und Griechenland und zahlen dafür oft mehr Geld als für andere Speiseöle. Aber lohnt sich das? Stimmt die Qualität des „grünen Golds“? Ist auf die angegebene Herkunft Verlass? Und wie sieht es mit Schadstoffen aus? 13 von 26 Olivenölen der höchsten Güteklasse „nativ extra“ fallen im Test durch – auch sehr teure (Preise: 5,35 – 40,00 Euro pro Liter). Nur ein einziges Produkt schneidet gut ab.
Stichig, modrig, ranzig
Die meisten Olivenöle im deutschen Handel verheißen höchste Qualität – „nativ extra“ steht auf ihren Etiketten. Die EU-Olivenölverordnung stellt eine Reihe von Anforderungen an diese erste Güteklasse: So müssen „native Olivenöle extra“ Grenzwerte für viele chemische Parameter einhalten und den Vorgaben entsprechend exakt gekennzeichnet sein; außerdem dürfen die Öle nicht den kleinsten Fehler in Geruch und Geschmack haben. Doch viele Produkte im Test erfüllen diese Anforderungen nicht. Sie schmecken beispielsweise stichig, ranzig oder modrig und hätten deshalb auf die niedrigere Güteklasse „nativ“ herabgestuft werden müssen. Vier Olivenöle schneiden sensorisch immerhin sehr gut ab. Die Tester beschreiben sie zum Beispiel als „fast intensiv fruchtig“, „leicht bitter“, „deutlich scharf“ und „sehr gut ausgewogen“.
Bei fünf Ölen bestätigt Laboranalyse die angegebene Herkunft nicht
Jedes Olivenöl, das in der EU verkauft wird, muss eine Herkunftsangabe tragen. Sie kann zum Beispiel lauten: „Ursprungsland Spanien“, „Mischung von Olivenölen aus EU-Ländern“, „Mischung von Olivenölen aus Drittländern“. Die Olivenölverordnung schreibt aber nicht vor, dass die Herkunft im Labor überprüft werden muss. Die Stiftung Warentest hat das für die Olivenöle im Test gemacht. Mit den derzeit verfügbaren Methoden lässt sich nur verifizieren, dass die Oliven eines Öls aus einem Land kommen. Bei Mischungen aus mehreren Ländern können die Anteile nicht geografisch zugeordnet werden. Weil die Öle im Test nur ein Land als Herkunft nennen, war eine Laboranalyse per Nahinfrarotspektroskopie (NIRS) möglich. Das Ergebnis: Bei fünf Olivenölen – vier laut Etikett aus Italien, eins aus Spanien – ergaben sich große Diskrepanzen zwischen Analyseergebnissen und Herkunftsangaben.
Mineralöl, PAK, Pestizide, Weichmacher
Vom Anbau der Oliven bis zur Abfüllung in der Ölmühle – auf jeder Produktionsstufe von Olivenöl kann es zu Schadstoffeinträgen kommen: Bereits die fettreichen Oliven am Baum können fettlösliche Schadstoffe aus der Umwelt aufnehmen, zum Beispiel Substanzen aus Abgasen und Verbrennungsprozessen. Olivenbauern setzen teils Pflanzenschutzmittel ein, und in den Ölmühlen dürfen Anlagen mit technischen Ölen geschmiert werden. Die Tester haben die Olivenöle auf viele Schadstoffe geprüft und kamen dabei zu kritischen Befunden: Fünf Produkte bekamen wegen Mineralölbelastungen das test-Qualitätsurteil mangelhaft. Weitere Öle fielen durch hohe PAK-, Weichmacher- und Pestizidgehalte negativ auf. Die Stiftung Warentest hatte bereits im September 2015 beim Test von Gourmetölen in zahlreichen Produkten hohe Schadstoffgehalte nachgewiesen.
Kein Anbieter im Test kennzeichnet sein Produkt korrekt
Korrekte Angaben auf dem Olivenöl-Etikett sollen Verbraucher vor Täuschung schützen. Was draufstehen muss, schreibt die EU-Olivenölverordnung genau vor. Kein Anbieter der Öle im Test hält sich komplett daran. Pflicht ist beispielsweise folgende Dreierangabe fürs Hauptsichtfeld: „Natives Olivenöl extra“, „erste Güteklasse – direkt aus Oliven ausschließlich mit mechanischen Verfahren gewonnen“, sowie eine Herkunftsangabe. Um den Geruch und den Geschmack zu beschreiben, dürfen die Anbieter nur wenige Vokabeln benutzen wie „fruchtig“, „bitter“ und „scharf“. Darüber hinaus gehört der Hinweis, dass Olivenöl dunkel und kühl gelagert werden soll, auf jede Olivenölverpackung. Der Spielraum für Werbung mit gesundheitsbezogenen Angaben, sogenannte Health Claims, beschränkt sich auf eine Aussage: „Olivenöl-Polyphenole tragen dazu bei, die Blutfette vor oxidativem Stress zu schützen.“
Olivenöl kann Cholesterinwerte senken helfen
Auch wenn beim Olivenöl im Test viel im Argen liegt, darauf verzichten sollte niemand. Es veredelt Salate; Kenner braten, frittieren und backen damit. Wer viel Olivenöl verzehrt, kann gesundheitlich profitieren. Studien zeigen: Die traditionelle Mittelmeerkost mit wenig Fleisch, viel Gemüse, Fisch, Nüssen und Olivenöl kann Herz und Kreislauf gut tun. Das liegt an der Zusammensetzung: Olivenöl besteht zu mehr als zwei Dritteln aus Ölsäure. Diese einfach ungesättigte Fettsäure kann helfen, das schlechte LDL-Cholesterin im Blut zu senken.
(Stiftung Warentest/mh)
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