Selbstmordgedanken: Die dunkle Seite begehrter Abnehmspritzen

Der Hype um Wegovy, Mounjaro und Ozempic – während die Pharmariesen Novo Nordisk und Eli Lilly ihre Gewinne bejubeln, sehen sich Mediziner und Patienten mit einer beängstigenden Kehrseite der Gewichtsverlust-Medikamente konfrontiert.
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Seit den letzten Jahren steigt nicht nur die Anzahl der übergewichtigen Menschen, sondern auch die Zahl derjenigen, die Medikamente zur Gewichtsreduzierung einnehmen.Foto: iStock
Von und 8. Oktober 2023

Das Interesse an den Arzneimitteln Wegovy, Mounjaro und Ozempic nimmt nicht nur in Amerika, sondern auch in Deutschland stark zu. Dennoch sind die begehrten Medikamente zur Gewichtsabnahme nicht ohne Risiko.

Vor Kurzem ist ein Bericht von „Reuters“ in die Schlagzeilen geraten. Die Analyse zeigt, dass über die Hälfte der Meldungen über Nebenwirkungen, die der US-amerikanischen Lebens- und Arzneimittelbehörde (FDA) vorliegen, Selbstmordgedanken betreffen. Dabei seien diese kurz nach Beginn oder Erhöhung der Dosis dieser injizierbaren Medikamente aufgetreten. Etwa 40 Prozent stellten eine Linderung fest, nachdem sie die Medikamente abgesetzt oder eine kleinere Dosis eingenommen hatten.

Alle drei Medikamente rezeptpflichtig

Mit dem Diabetesmittel Ozempic und der Abnehmspritze Wegovy ist der dänische Pharmakonzern Novo Nordiskzum zum zweitwertvollsten Unternehmen Europas aufgestiegen. Mittlerweile wird der Konzern mit fast 400 Milliarden Euro bewertet, wie das „Handelsblatt“ berichtet. Der US-Hersteller Eli Lilly, der Mounjaro herstellt, ist mit einem Börsenwert von 525 Milliarden Dollar sogar der wertvollste Pharmakonzern der Welt.

Explizit als Abnehmmittel ist nur Wegovy zugelassen. Ozempic und Mounjaro sind als Diabetesmittel zugelassen. Nutzer rühmen sich aber gern mit deren Nebeneffekt zur effektiven Gewichtsabnahme. Die Arzneimittelkommission riet aber aufgrund von Lieferengpässen von Ozempic von einer Off-Label-Anwendung einschließlich zur Gewichtsregulierung ab. Demnach sollte die Verfügbarkeit für Diabetespatienten im Vordergrund stehen.

In Deutschland sind alle drei Medikamente rezeptpflichtig. Sie gehören zu einer Klasse von Arzneimitteln, die als Glucagon-like Peptide-1 (GLP-1) Rezeptoragonisten bezeichnet werden. In ihrer Wirkungsweise basieren diese eigentlich auf einem Stoff, der im Speichel von Echsen auftritt. Mindestens seit diesem Sommer stehen die Medikamente im Fokus der Regulierungsbehörden.

Seit Juli in der Kritik

Im Juli leitete der Sicherheitsausschuss der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) eine Untersuchung über das Risiko von Selbstmord- und Selbstverletzungsgedanken im Zusammenhang mit der Verwendung beliebter Medikamente ein – darunter Ozempic und Wegovy, die beide den Wirkstoff Semaglutid enthalten. Überprüft wurde auch das Medikament Saxenda, das ebenfalls zur Gewichtsreduzierung zugelassen ist und den Wirkstoff Liraglutid enthält.

Bei der Untersuchung von etwa 150 Fällen wurde festgestellt, dass Menschen Selbstverletzungen und Suizidgedanken entwickelten, kurz nachdem sie mit der Einnahme dieser Medikamente begonnen hatten. Die EMA plant, die Überprüfung dieser Angelegenheit im November abzuschließen.

In den USA hat das System zur Meldung von Nebenwirkungen der Lebens- und Arzneimittelbehörde (FDA) seit 2018 insgesamt 6.253 ernste Vorfälle – darunter 163 Todesfälle – aufgezeichnet, die mit der Einnahme von Ozempic in Verbindung stehen. Bei Wegovy wurden seit 2021 über 460 ernste Fälle sowie 6 Todesfälle verzeichnet. Saxenda steht seit 2015 mit beinahe 2.000 ernsten Vorfällen und 49 Todesfällen in Zusammenhang.

Selbstmordgedanken: Wiederkehrendes Thema bei Medikamenten zur Gewichtsabnahme

Auf dem Beipackzettel von Wegovy wird ausdrücklich vor möglicherweise ernsten psychischen Nebenwirkungen wie Depressionen und Selbstmordgedanken gewarnt. Patienten wird geraten, plötzliche Stimmungswechsel, Verhaltensänderungen und Gefühle zu überwachen. In ähnlicher Weise wurde Liraglutid mit Selbstmordgedanken und verschlechterten Depressionen bei einigen Patienten in Verbindung gebracht.

Ein Fall, über den die englische Epoch Times kürzlich berichtet hat, wirft ein Licht auf diese mentalen Gesundheitsrisiken. Nachdem ein Mann im Februar aufgrund seiner Diabetes-Erkrankung angefangen hatte, Ozempic einzunehmen, zog er sich uncharakteristischerweise zurück. Bis Mai stellten sich starke Müdigkeit und eine sinkende Stimmung ein. Am 14. Mai nahm er sich das Leben.

Dass Medikamente zur Gewichtsabnahme Selbstmordgedanken auslösen, ist nicht neu. Das Gewichtsverlust-Medikament Rimonabant (Acomplia, Riobant, Slimona) von Sanofi wurde 2008 aufgrund von Bedenken bezüglich Selbstmordgedanken vom europäischen Markt genommen. Obwohl es nicht mit GLP-1-Medikamenten in Verbindung steht, reduzierte es das Hungergefühl über das Endocannabinoid-System, welches eine Verbindung zwischen Körper und Geist darstellt. In den USA war Rimonabant nie zugelassen worden, aufgrund von psychiatrischen Nebenwirkungen.

Nebenwirkungen und Preise offenbar nicht abschreckend

In einer per E-Mail versandten Stellungnahme an The Epoch Times gab Novo Nordisk an, dass die Sicherheit der Patienten für das Unternehmen höchste Priorität habe. Demzufolge würde der Konzern alle Meldungen über Nebenwirkungen bei der Verwendung ihrer Medikamente sehr ernst nehmen.

Der Arzneimittelhersteller merkte an, dass GLP-1-Rezeptoragonisten wie Semaglutid und Liraglutid seit über einem Jahrzehnt auf dem Markt seien und seit mehr als 15 Jahren zur Behandlung von Typ-2-Diabetes und seit über acht Jahren zur Behandlung von Fettleibigkeit eingesetzt würden. „Novo Nordisk bleibt zuversichtlich im Nutzen-Risiko-Profil der Produkte und bleibt dem Sicherstellen der Patientensicherheit verpflichtet“, fügte der Arzneimittelhersteller hinzu.

Bisher aufgetretene Nebenwirkungen und die hohen Preise schrecken die Menschen nicht allzu sehr ab. In den USA kostet eine Monatsdosis Wegovy mehr als 1.300 Dollar (etwa 1.200 Euro). In Deutschland zahlen die Abnehmer dem „Handelsblatt“ zufolge mit 328 Euro zwar deutlich weniger, günstig ist es jedoch nicht. Krankenkassen übernehmen bisher keine Kosten.

Der große Ansturm auf diese Medikamente scheint eine Reaktion auf eines der größten Gesundheitsprobleme der Gegenwart darzustellen: die Fettleibigkeit. In den USA sind mehr als 70 Prozent der Erwachsenen übergewichtig, in Deutschland mehr als die Hälfte.

Der Inhalt ersetzt keine medizinische Beratung. Bei Gesundheitsfragen wenden Sie sich bitte an Ihren Arzt oder Apotheker.

Dieser Artikel erschien zuerst auf theepochtimes.com unter dem Titel „Over 200 Cases of Suicidal Thoughts After Taking Weight Loss Drugs: New Analysis“ (Deutsche Bearbeitung il)



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