Schmerzmittel bald nur noch aus China? Metamizol-Produktion in Deutschland vor dem Aus
Der Pharmakonzern Euroapi will Ende 2025 die Produktion des Schmerzmittels Metamizol im Industriepark Höchst in Frankfurt am Main einstellen, wie verschiedene Medien berichteten. Damit wächst die Abhängigkeit von China.
Allerdings ist der Wirkstoff wegen seiner nicht unerheblichen Nebenwirkungen umstritten; eine Neubewertung durch die Europäische Arzneimittelagentur steht bevor.
Metamizol, besser bekannt unter den Handelsnamen wie Analgin, Berlosin, Novalgin und Novaminsulfon, ist das Schmerzmittel, das in Deutschland nach Ibuprofen mit am häufigsten verordnet wird.
Die Produktionsanlage in Höchst soll nun in eine Art Dornröschenschlaf versetzt werden. Je länger die Betriebsruhe andauert, desto unwahrscheinlicher ist es, dass in der Anlage je wieder Wirkstoffe hergestellt werden.
Sorge vor Abhängigkeit von China
Bork Bretthauer, Chef-Lobbyist der deutschen Generika-Industrie, macht die Politik verantwortlich. „Generika-Hersteller können ihren Wirkstoff nicht mehr in Europa beziehen, weichen deshalb auf chinesische Wirkstoffhersteller aus. Auf diese Weise sind wir in eine gefährliche Abhängigkeit geraten und verwundbar geworden. Was, wenn sich zwischen uns und China ein Handelskrieg entspinnt“, so Bretthauer.
Tino Sorge, gesundheitspolitischer Sprecher der CDU im Deutschen Bundestag, forderte die Regierung auf, die in Deutschland ansässigen Pharmahersteller zu entlasten.
„Wenn die Bundesregierung jetzt nicht entschieden gegensteuert, wird sie den Trend hin zu mehr Abhängigkeit von außereuropäischen Herstellern nicht aufhalten können“, sagte Sorge.
Zwar gibt es verschiedene Anbieter von Metamizol in Deutschland, doch nach Branchenauskünften liegt die Gewinnspanne durch hohe Rabatte gegenüber Krankenkassen bei nur wenigen Cent.
Schwerwiegende Nebenwirkungen bekannt
Der Wirkstoff Metamizol ist umstritten, auch wenn die Anzahl der verschriebenen Medikamente seit Jahren steigt. Die Darreichungsform gibt es in Tabletten, Tropfen, Infusion oder Zäpfchen. Verwendung findet Metamizol überwiegend bei Schmerzen und Fieber.
Seit 1987 gilt in Deutschland eine Verschreibungspflicht. Wie die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) mitteilt, kann es laut Produktinformation der verschiedenen Metamizol-haltigen Arzneimittel in seltenen Fällen (1 von 1.000) oder sehr seltenen Fällen (1 von 10.000) zu schweren Nebenwirkungen, der sogenannten Agranulozytose, kommen. Dabei handelt es sich um einen plötzlichen und starken Abfall des Anteils der Granulozyten, einer Art weißer Blutkörperchen. Dies kann zu schweren, im schlimmsten Fall tödlichen Infektionen führen.
Fallbeispiel aus Deutschland
In Deutschland wurde der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft im vergangenen Jahr ein solcher Fall gemeldet. Wie das „Deutsche Ärzteblatt“ berichtete, hatte ein 37-jähriger, bis dahin gesunder Patient wegen Rückenschmerzen über mehrere Tage Metamizol eigenständig eingenommen. Die genaue Dauer und Dosis sind nicht bekannt. Als er sich dann mit Halsschmerzen und starken Schluckbeschwerden in einer Universitäts-HNO-Klinik vorstellte, wurde bei ihm eine Agranulozytose sowie eine eitrige Tonsillitis festgestellt, woraufhin er operiert wurde.
Später stellten sich schwerwiegende Komplikationen ein, darunter ein septischer Schock sowie das Guillain-Barré-Syndrom, eine Form von Muskelschwäche. Ein Luftröhrenschnitt war notwendig. Zweieinhalb Wochen später wurde der Patient mit Rollator nach Hause entlassen und musste sich einer Rehabilitationsbehandlung unterziehen.
Neue Risikobewertung durch EMA
Kürzlich wurden auch ähnliche Fälle aus Finnland gemeldet. Wie die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) mitteilte, hat das Unternehmen, welches das einzige in Finnland zugelassene Metamizol-haltige Arzneimittel vertreibt, aus Sicherheitsgründen die Rücknahme seiner Zulassung beantragt.
Der Sicherheitsausschuss der EMA wird nun das Risiko einer Agranulozytose für alle in der EU zugelassenen Metamizol-haltigen Arzneimittel in ihren verschiedenen zugelassenen Anwendungen und ihre bestehenden Maßnahmen zur Risikominimierung überprüfen.
Anhand einer Nutzen-Risiko-Analyse sollen die Metamizol-haltigen Arzneimittel bewertet werden. Insoweit ist bisher nicht absehbar, ob die Medikamentenzulassungen in der gesamten EU aufrechterhalten, geändert, ausgesetzt oder widerrufen werden.
(Mit Material der Nachrichtenagenturen)
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