Tauchrevolution am Roten Meer
Diesmal war alles anders. Denn sonst sind es die bunten tropischen Korallengärten, die nach dem Sprung vom Tauchboot mit ihrem verwirrenden Gewimmel exotischer Fische herüber winken. Heute jedoch überrascht das Meer mit gähnender Leere. Und die entpuppt sich beim zweiten Blick als der weit geöffnete Schlund eines Walhais, des größten Fisches der Weltmeere, der unbemerkt seinen massigen Leib neben das Boot geschoben hat. Da Taucher jedoch nicht auf dem Speiseplan dieses Meeresgiganten stehen, kommt das ungewöhnliche und überraschende Zusammentreffen einer Einladung gleich, ihn bei seinen schwingenden Bewegungen für wenige aufregende Minuten zu begleiten.
Selbst in der Erinnerung zaubert dieses Erlebnis bei strahlender ägyptischer Sonne ein zusätzliches Leuchten in die Augen von Gesprächspartner Clemens. Und es sind Abenteuer wie diese, die ihn schließlich veranlassten, seinen einstigen Beruf an den Nagel zu hängen und sich voll und ganz dem Tauchsport zu verschreiben. Viele Traumstationen hat er seither kennengelernt. Doch nun bedeutet das Rote Meer, von der einstigen Korallenbleiche weitgehend verschont, seine persönliche Endstation Sehnsucht.
Und noch ein anderer Grund kommt hinzu. Es ist eine technische Revolution, die das Sporttauchen in eine neue Dimension überführen könnte. Konkret bedeutet dies, so erklärt er, die Umstellung vom offenen System der Pressluft-Atmung auf ein geschlossenes Atmungssystem. Die Atemluft wird dabei nicht mehr nahezu unverbraucht in blubbernden Blasen an die Wasseroberfläche entlassen. Vielmehr wird sie zurück geleitet in das Tauchgerät und dort – computergesteuert – lediglich um den verbrauchten Sauerstoffanteil ergänzt.
Für alle Neugierigen empfiehlt es sich daher, sich bei einem „Action Day“, so nennt man hier einen Schnupperkurs, mit der neuen Art des Tauchens vertraut zu machen. Birga, ungekrönte Königin der Tauchbasis im Umgang mit der neuen „Rebreather“-Technik, hilft beim Anlegen des mit seinem wuchtigen Atemschlauch etwas sperrig wirkenden Gerätes. Nach kurzer Einweisung geht es hinein in das klare Meereswasser an der Spitze der kleinen Halbinsel von Soma Bay nahe dem Küstenort Safaga.
Nach kurzer Unterwasser-Orientierung beim Umgang mit der neuen Technik wird der Unterschied zum herkömmlichen Tauchen sofort deutlich. Denn in der Tat fehlen die „Bubbles“, die sonst nach jedem Ausatmen halbkugelförmig nach oben drängen. Stattdessen Ruhe ringsum und dazu ein ungewöhnlich sanftes Schweben im warmen Wasser, vergleichbar einer Feder im Aufwind eines lauen Sommerabends.
Und ein weiterer unerwarteter Effekt kommt hinzu. Es ist die unglaubliche Nähe zu den Meereslebewesen, den Fischen, Rochen und Muränen, die sich nun offensichtlich durch ausbleibende Luftblasen nicht mehr gestört fühlen. Der Taucher, so die beglückende Erfahrung, gehört nun gleichsam dazu und zelebriert auf diese neuartige Weise sein Einssein mit der Natur.
„Hinzu kommt, dass man nahezu unbegrenzt unten bleiben kann“, ergänzt Volker Clausen, der die Tauchbasis regelmäßig besucht. Und der muss es wissen. Denn seit dem Jahr 2003 ist er der Weltrekord-Halter im Rebreather-Tieftauchen und brachte es ganz in der Nähe auf die unglaubliche Tiefe von 224,5 Metern. Eine Leistung, die ihn damals zum Star auf vielen Fernsehkanälen machte.
Doch im Gespräch mit seinen Bewunderern ist Volker bescheiden geblieben. Bei neugierigen Fragen kann er sich sogar vorstellen, dass genau hier, eine knappe Autostunde südlich von Hurghada, ein „Rebreather-Pool“ entsteht, von dem aus Sporttaucher nach mehrtägiger Ausbildung die neuen Geräte ausleihen können. Ein möglicher Treffpunkt auch für Tauchlehrer aus ganz Europa, die den richtigen Umgang mit der inzwischen ausgereiften Technik an heimischen Tauchschulen weitervermitteln könnten.
So sieht es auch Stefan vom nagelneuen Tauchhotel „The Breakers“, das unmittelbar an die Tauchbasis angrenzt, ja mit ihr gleichsam eine Einheit bildet. Auch er schwärmt von den Möglichkeiten, die sich hier neuerdings auftun. Und natürlich von der idealen Lage des Hotels unmittelbar am Strand, von dem aus ein 420 Meter langer leicht gebogener Steg über die seichte Lagune hinweg führt bis zum Außenriff, an dem die Gischt sprühenden Brecher auflaufen, denen das Hotel seinen Namen verdankt.
Ähnlich revolutionär wie das neue Tauchen war einst auch das Kitesurfen, das sich aus dem Windsurfen heraus entwickelt hat. Das „Kite House“, malerisch gelegen an der Spitze einer kleinen Bucht von Soma Bay, ist in diesem Bereich des Roten Meeres neuerdings die Heimat der Kitesurfer, die sich hier – angetrieben von den ständigen Fallwinden aus der im Westen aufragenden Gebirgskette – auf der Oberfläche tummeln.
In flinkem Hin und Her gleiten sie, gezogen von ihren bunten Winddrachen, über die im hellen Sonnelicht Funken sprühenden Wellen dahin. Nur unterbrochen von Sprüngen bis zu zwanzig Metern Höhe, die allen Zuschauern auf der Beobachtungsterrasse des „Kite Houses“ den größten Respekt abnötigen.
Peter, zugereist aus der Schweiz, ist einer von ihnen. Gerade bereitet er sich vor auf eine neue Aufführung vor den imponierenden Kulissen dieser gewaltigen Naturbühne. Seit sechs Jahren weiß er sich schon mit diesem Sport verbunden und hat es in dieser Zeit längst zum „Kite Master“ gebracht. In dieser Funktion vermittelt er interessierten Anfängern in zwei Tagen die Grundkenntnisse und nicht zuletzt den „Respekt vor dem Wasser“. Zwei weitere Tage benötigen dann die Fortgeschrittenen, um sich anschließend allein auf das Kite-Abenteuer einzulassen.
Dann muss jeder wissen, betont Peter, wie er den Drachen beherrscht, wie er die launischen Winde einzuschätzen hat und – nicht zu vergessen – wie er umgeben von anderen Kitern den gebührenden Abstand wahrt. So ist es denn wider Erwarten nicht allein die Muskelkraft, die einen guten Kiter auszeichnet, sondern vielmehr die Koordination der Einzelbeobachtungen um ihn herum.
Für Peter jedenfalls „ist der Spaßfaktor riesig“. Denn ohne Motor und fremde Hilfe fühlt auch er sich eins mit der Natur, ganz im Einklang mit Wind und Wasser. Dabei sieht er im Unterschied zu vielen anderen Sportarten „nach oben hin keine Grenze, an der es gefährlich wird“. Noch ein kurzer Gruß und schon steht er auf seinem Brett, das ihn in Windeseile hinausträgt auf die goldglitzernde Bucht.
www.somabay.com, www.egypt.travel
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