Alles Natur – und wunderbar wanderbar
Bruder Rolf vom Franziskanerkloster Hülfensberg, in dem sich Gäste eine Auszeit nehmen können, weiß einige Flucht- und Grenzgeschichten zu erzählen. Von 1945 bis 1990 befand sich die 448 Meter hoch auf einem Plateau gelegene Wallfahrtsstätte im Sperrgebiet der atheistischen DDR. An Thüringens Grenze zu Hessen bei Eschwege war und ist sie, mit vier Kreuz-Wallfahrten im Jahr und erstmals 1351 erwähnt, ältester und bedeutendster Pilgerort, ja geradezu Heiligtum des katholisch geprägten Eichsfelds. Zudem leuchtet abends seit 1933 das 18,60 Meter hohe Konrad-Martin-Kreuz. In DDR-Zeiten ein heller Punkt zum „Rübermachen“ und den Gesetzeshütern ein Dorn im Auge. Sie wollten das Licht verbieten, aber der damalige Bruder Erwin erklärte, das Licht leuchte für die Toten. Schmunzelnd soll er hinzugefügt haben: „Irgendwo auf der Welt stirbt ja immer einer.“
In der gotischen Wallfahrts- und Klosterkirche erfährt das romanische Hülfenskreuz, dessen Holz um das Jahr 1100 geschlagen worden sein soll, besondere Verehrung. Der Gekreuzigte steht ohne Seitenwunde auf einem Podest und scheint zu lächeln.
Ein „Klosterpfad“ besteht seit 2005, und der „Pilgerweg Loccum-Volkenroda“ wurde am Reformationstag 2007 eröffnet.
Wie die Zeit Wunden heilt, so wurde aus dem Grenzverlauf, dem „Todesstreifen“, das Grüne Band, ein artenreiches Biotop und Wandergebiet im Eichsfeld.
„Mit Franziskus von Assisi wurde der Welt eine Sonne geboren“, schrieb Dante in der „Göttlichen Komödie“ (1307-21). Nachzulesen im nahen mittelalterlichen Mühlhausen, wo man ihm und seinen Brüdern mit der Ausstellung „Franziskaner in Thüringen“ huldigt. Bis 31. Oktober ist sie im Bauernkriegsmuseum in der Kornmarktkirche zu sehen. Selbst Mühlhausen ist „wanderbar“. Eine Stunde spaziert man um die gut erhaltene Stadtmauer mit noch sieben von 38 Türmen. Der ehemalige Graben wurde zu einer Parkanlage. In der Divi-Blasii-Kirche mit den zwei 122 Meter nach rechts kippenden Türmen und einer Rosette wie der von Notre-Dame in Paris spielte die Orgel kein Geringerer als Johann Sebastian Bach (84. Bachfest vom 7.-16.8.2008) www.muehlhausen.de).
Wer den Nationalpark Hainich zwischen Mühlhausen, Bad Langensalza und Eisenach durchwandert, glaubt sich im Urwald – und das mitten in Deutschland. Zwischen mächtigen Baumveteranen, meist silbrigstämmigen Rotbuchen – eine Eiche mit 1,75 Meter Durchmesser und 5,45 Meter Umfang darf da nicht fehlen -, liegen umgestürzte Riesen, gespalten, ausgehöhlt, vom Sturm zerzaust. Doch saftig grüne Moose, Flechten und Pilze beleben das tote Holz. Ein einsames Veilchen lugt hervor. Im Frühling verströmen Teppiche von Bärlauch ihren Knoblauchduft. Eine vielfarbige Blütenpracht bedeckt den mit braungelbem Laub bedeckten Erdboden. Tümpel und Teiche, Wasserläufe bahnen sich den Weg. Natur Natur sein lassen ist das Motto. Am besten erlebt man die Kraft der Natur bei einer Führung. Wie sonst käme man auf die Idee, in die Wipfel der Baumriesen mit Hilfe eines Spiegels zu schauen. Auf dem Feensteig erwandert man Grimms und Bechstein-Märchen. Ein angrenzender Kiefernwald wird zum aufregenden Labyrinth, zum lustvollen Irrgarten. Denn nicht jeder Weg führt zum Ausgang.
Noch jung an Jahren ist der Baumkronenpfad im Hainich und doch so beliebt, dass er im ersten Jahr 2005 gleich 26.000 Besucher zählte. Hier steigt man dem Urwald aufs Dach. Von der Thiemsburg gelangt man zu mächtigen Säulen, die einen 310 Meter langen Weg durch die Baumkronen tragen. In zehn Meter Höhe beginnt der Erlebnispfad voll spannender Geschichten und Rätsel und endet auf 24 Meter. Dann geht`s hinauf auf den Baumturm, und der Blick schweift von 40 Meter Höhe weit über die Wipfel hinaus. Eine von den dreißig hier lebenden Wildkatzen entdeckt wohl kaum einer.
In der Thüringen-Therme in Mühlhausen könnte man die aufregenden Erlebnisse ausklingen lassen, um am nächsten Tag gleich neue zu starten.
Durch das flache Thüringer Becken fährt man gen Norden Richtung Harz bis zum Soleheilbad Frankenhausen. Das ist die Stadt mit dem schiefsten Turm Deutschlands. Dort erhebt sich das Kyffhäusergebirge, wo der sagenumwobene Kaiser Friedrich I. Barbarossa (1152-90) träumt. Zuerst aber heißt es wieder: wandern. Wandern auf dem mit Qualitätssiegel ausgezeichneten Kyffhäuserweg entlang bizarrer Gipsfelsen, weiß wie Alabaster, über Stinkschiefer – dran schaben und riechen! -, durch naturbelassenen Wald, vorbei an HörErlebnis-Stationen und seltener Flora zu geschichtsträchtigen Monumenten. 81 Meter ragt das Kyffhäuser-Denkmal (www.kyffhaeuser-denkmal.de) über dem tiefsten Brunnen (176 m) der Welt auf, zu Ehren Wilhelms I. – preußischer König und deutscher Kaiser – 1890 erbaut. Als Feldherr mit Pickelhaube sitzt er hoch zu Ross und reitet in das Land hinein, das Besucher – nach 247 Stufen – von der Turmkuppel grandios überblicken können. Unterhalb der Kaiserstatue krault der in Stein gehauene Barbarossa lässig seinen bis zu den Füßen reichenden Bart.
Dass seinen Namen auch die größte touristisch erschlossene Gips-Anhydrit-Höhle trägt, versteht sich fast von selbst.
Info:
Unterkunft: z. B. Hotel zum Herrenhaus, 99947 Behringen/Hütscheroda, www.hotel-zumherrenhaus.de
Auskunft: www.hainichland.de; www.kyffhaeuser-tourismus.de; Thüringen Tourismus, Tel. (0361)37420, kostenlos: Tel. 0800-THUERINGEN, Fax (0361)3742388, E-Mail: [email protected], www.thueringen-tourismus.de
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