Pflegekräfte sehen in Impfpflicht Gefahr für Patienten

Schon jetzt zeichnet sich ab, dass die ab 16. März geltende Impfpflicht im Gesundheitswesen erhebliche Auswirkungen auf die Patientenversorgung haben wird. Schon jetzt kündigen Pflegekräfte an, dass sie die Arbeitslosigkeit der Impfpflicht vorziehen. Die Einrichtungen gehen damit auf unterschiedliche Weise um.
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In der Pflege fehlen viele Pflegekräfte. Die Impfpflicht bringt weitere Probleme mit sich.Foto: iStock
Von 19. Januar 2022
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Überstunden, krankheitsbedingte Ausfälle, Personalmangel. Schon vor Corona waren die desaströsen Zustände im Gesundheitswesen bekannt. Nun kommt auch noch die COVID-Impfpflicht dazu. Auch wenn diese erst Mitte März 2022 zum Tragen kommt, sind die ersten Auswirkungen bereits spürbar. Dabei geht es nicht nur um die Menschen, die sich nicht impfen lassen wollen und denen damit Arbeitslosigkeit oder arbeitsrechtliche Auseinandersetzungen drohen. Leidtragende sind auch ihre Arbeitgeber, Pflegeheimbewohner und Patienten.

Auch wenn die Impfquote mancherorts mit 80 oder 90 Prozent relativ hoch ist, könnten die fehlenden zehn bis 20 Prozent der nicht geimpften Mitarbeiter für viele Einrichtungen Probleme nach sich ziehen. Christian Fett, Leiter des Seniorenzentrums St. Lioba in Villingen-Schwenningen im Süden von Baden-Württemberg, befürchtet: „Wir werden Pflegekräfte verlieren.“  Konkret machen ihm laut „FAZ“ zehn Mitarbeiter Sorgen, darunter vier Pflegefachkräfte, von denen drei in Vollzeit arbeiten. Zwei von ihnen haben Zusatzqualifikationen für die Anleitung von Auszubildenden und den Umgang mit Demenzkranken. Außerdem gibt es noch Pflegehilfskräfte und Mitarbeiter aus den Bereichen Küche und Reinigung.

In einem Pflegeteam in Sachsen-Anhalt wollen sich vier bis sechs Pflegekräfte kündigen lassen oder selbst kündigen, berichtete ein Altenpfleger laut „RT“. Damit könne sich die Strategie der Regierung, mit der pflegebedürftige Personen vor Corona geschützt werden sollen, als „absolute Katastrophe“ entpuppen.

„Ruhe bewahren und bitte nicht weglaufen“

Hubertus Seidler, Chef der Bühler SWB Wohnstift Betriebs GmbH in Baden-Württemberg, hat laut „Welt“ in drei der vom Unternehmen betriebenen Altenheimen eine kleine Umfrage zur Impfpflicht gemacht. Demnach erwägen vier bis fünf Leute pro Einrichtung eine Kündigung, wenn die Impfpflicht ab 16. März greift. Zahlreiche Ungeimpfte würden zudem möglicherweise vors Arbeitsgericht ziehen. Dass die Impfpflicht wie geplant umgesetzt wird, sieht Seidler momentan nicht. „Ruhe bewahren und bitte nicht weglaufen“, appelliert er.

In Norddeutschland sieht Thomas Asendorf, Geschäftsführer des Pflegeheims St. Spiritus in Pasewalk, zwar eine Welle an Problemen auf seine Einrichtung zurollen, aber „keine, mit denen wir nicht umgehen können“. Laut „Nordkurier“  will er bis Anfang Februar alle Mitarbeiter darum ersuchen, bis zum 15. März den Impfnachweis zu erbringen. Wer sich nicht impfen lasse, wird wohl unbezahlt freigestellt werden. Betroffen sei eine geringe Anzahl im „mittleren einstelligen Bereich“ bei insgesamt 40 Mitarbeitern. Um Versorgungslücken zu vermeiden, sollen parallel Stellen ausgeschrieben werden.

Schlaflose Nächte hat hingegen Annette Struck von der Ambulanten Kranken- und Altenpflege Sodtke und Struck im 16 Kilometer entfernten Löcknitz. Von ihren 29 Mitarbeiterinnen sind sieben ungeimpft. Selbst wenn nur fünf aufgrund der Impfpflicht nicht mehr arbeiten dürften, wäre der Verlust für das Unternehmen nicht ausgleichbar. „Die Leute arbeiten seit 20 Jahren bei mir. Die kann man nicht ersetzen“, sagte Struck gegenüber dem „Nordkurier“.  Im schlimmsten Fall müsse sie Pflegeaufträge kündigen, sodass dann auch Angehörige der Betreuten mit den Auswirkungen der Impfpflicht konfrontiert sind.

Die Folgen für die ungeimpften Mitarbeiter selbst sind noch ungeklärt. Sollten sie sich auf einen Arbeitsrechtsstreit einlassen? Oder kommt eine Sperrzeit auf sie zu, wenn sie sich arbeitslos melden? Nach Angaben von Ronny Steeger, Pressesprecher der Agentur für Arbeit, müssen Personen, die selbst kündigen, mit einer Sperrzeit rechnen.

Allerdings gilt die Einzelfallprüfung, sodass bei Vorliegen eines wichtigen Grundes diese Sperrzeit nicht greift. Ein fehlender Impfnachweis oder ein Tätigkeitsverbot in der Pflegebranche hat „keine Auswirkungen auf die Verfügbarkeit und somit den Leistungsanspruch“.  Auch wer bis zum 15. März wegen fehlender Impfung entlassen wird, hat sich laut Steeger nicht arbeitswidrig verhalten, sodass er keine Sperrzeit zu befürchten hat. Wie mit Ungeimpften, die nach dem 15. März entlassen werden, umgegangen wird, soll von Fall zu Fall entschieden werden.



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