Omikron läutet neue Phase ein – Kekulé sieht bisherige Maßnahmen als ungeeignet
Die Debatte um Omikron läuft auf Hochtouren. Am 21. Dezember veröffentlichte „ntv“ einen Gastbeitrag von Alexander Kekulé, in dem er über die neue Corona-Variante aufklärte. Diese Variante hebe sich so sehr von ihren Vorgängern ab, „dass man als Virologe regelrecht ins Schwärmen geraten könnte“, schreibt Kekulé.
Die Natur habe an 59 Stellschrauben gedreht, um das Pandemievirus SARS-CoV-2 gegenüber dem ursprünglichen Wuhan-Prototyp zu verbessern, und könne nun scheinbar mühelos auch Geimpfte und Genesene infizieren. Trotz allem deute vieles darauf hin, dass die Infektionen in der „Omikron-Welle“ vergleichsweise harmlos verlaufen, was laut Kekulé der Immunität aufgrund von Impfungen sowie durchgemachte Infektionen zuschreibt.
Der Virologe nimmt Bezug auf Daten aus Südafrika, wo Omikron erstmalig gemeldet wurde. Die in Pretoria praktizierende Ärztin Angelique Coetzee war bei ihren Patienten auf ungewohnte Symptome gestoßen. „Sie sind wegen extremer Müdigkeit in die Sprechstunde gekommen“, beschrieb die Medizinerin. Dies sei ungewöhnlich für jüngere Patienten.
Die meisten Infizierten seien Männer unter 40 Jahren gewesen, weniger als die Hälfte von ihnen sei geimpft gewesen. Sie hätten leichte Muskelschmerzen gehabt, einen „kratzigen Hals“ und trockenen Husten. Nur einige hätten leicht erhöhte Temperatur gehabt. Alle hätten sich wieder erholt, ohne ins Krankenhaus zu müssen.
Weniger schwere Fälle
Mit Blick auf Südafrika verweist Kekulé darauf, dass im Vergleich zur Delta-Variante nur ein Zehntel der durch Omikron verursachen Infektionen zu Krankenhauseinweisungen führen. Auch der Anteil intensivpflichtiger stationärer COVID-Patienten sei „deutlich geringer“. Rund 70 Prozent der Bevölkerung in der anfangs betroffenen südafrikanischen Provinz Gauteng hätten Antikörper gegen SARS-CoV-2, wobei die Impfquote bei nur 30 Prozent liege.
In Europa, genauer in Dänemark, könne man beobachten, dass die Infektionszahlen sich zwar alle zwei bis drei Tage verdoppeln, während die Krankenhauseinweisung seit Anfang Dezember nur um sechs Prozent angestiegen und die Todesfälle geringfügig zurückgegangen seien. Bei den Dänen sind 90 Prozent der Erwachsenen vollständig geimpft.
Entsprechend sieht Kekulé auch in Deutschland, bei einer Impfquote von 81 Prozent der Erwachsenen, die Lage relativ gelassen. Er geht davon aus, dass Omikron seltener zu schweren Erkrankungen führt als die Delta-Variante. Laboruntersuchungen hätten ergeben, dass Geimpfte und Genese zwar kaum vor einer Infektion, aber gut vor einer schweren Erkrankung durch Omikron geschützt seien.
„Mit Omikron ist die Pandemie jedoch in eine neue Phase eingetreten, für deren Bekämpfung die bisherigen Gegenmaßnahmen nicht mehr geeignet sind“, so Kekulé. Zwar könnte ein sofortiger, vollständiger Lockdown die Omikron-Variante aufhalten, dies sei jedoch „nicht mehr verhältnismäßig“.
Im Vergleich zur Delta-Variante sei das Risiko für junge Leute sowie Geimpfte und Genesene ohne besondere Risikofaktoren gering. „Deshalb wird es kaum zu vermeiden sein, dass sich innerhalb weniger Wochen ein Großteil der deutschen Bevölkerung mit Omikron infiziert.“
Der Virologe und Epidemiologe Klaus Stöhr verglich die aktuelle Debatte um einen Lockdown in einem Interview mit dem „MDR“ damit, dass man einen Regenschirm aufspanne, obwohl man wisse, dass es erst in drei Wochen gewittert. Dabei nahm er Bezug auf andere Länder. Zwar liege beispielsweise in den Niederlanden die Inzidenz doppelt so hoch wie in Deutschland, dafür seien aber prozentual viel weniger Menschen auf der Intensivstation.
In Großbritannien sei die Inzidenz noch höher, gleichzeitig die Situation auf den Intensivstationen stabil. In Deutschland zeige sich das Bild, dass die Einweisungen auf den Intensivstationen rückläufig seien. Stöhr geht davon aus, dass Omikron die Delta-Variante in Deutschland zunächst verdrängen wird. Die höhere Infektiösität könne zwar zu höheren Inzidenzen führen, was aber keine Steigerung der Anzahl der Intensivpatienten oder schwere Verläufe bedeuten muss.
Gezielte Impfung statt wahlloses Boostern
Für gefährdet hält Kekulé zwei Gruppen: Ungeimpfte Erwachsene und geimpfte Risikopersonen, die noch keinen Booster bekommen haben. Insbesondere den über 60-Jährigen Ungeimpften und denjenigen ohne Auffrischungsimpfung drohe eine massive Überlastung der Krankenhäuser.
Insoweit plädiert Kekulé für gezielte Impfaktionen anstatt wahlloses Boostern für jedermann. Er hält es sogar für „unverantwortlich“, dass jetzt massenweise junge, gesunde Leute ihre dritte Impfung erhalten, während Hochaltrige noch keinen Termin bekommen oder abgewiesen wurden, weil die letzte Impfung noch keine sechs Monate her war.
Um zusätzliche Zeit und Ressourcen zu gewinnen, schlägt Kekulé vor, nach Weihnachten die Kontakte für zwei Wochen „so gut es geht herunterzufahren“ – beispielsweise durch eine bundesweite Schließung von Kinos, Theatern, Clubs und anderen Großveranstaltungen im Innenraum. Zudem soll es allgemeine Tests bei allen anderen Freizeitveranstaltungen geben.
„Die Beibehaltung der Sonderrechte für Geimpfte und Genesene (2G-Regel), die bereits in der Delta-Welle erheblich zum Anstieg der Inzidenz beigetragen haben, wäre in der Omikron-Welle unverantwortlich“, so Kekulé. Das gelte auch für Betriebe, in denen sich geimpfte Mitarbeiter regelmäßig testen lassen sollten.
Zusammenkünfte im Freien seien hingegen unbedenklich, sofern ein Mindestabstand eingehalten werden kann. Er plädiert dafür, dass die Regierung die Bürger von der Notwendigkeit der Kontaktbeschränkungen überzeugt und ihnen das strategische Ziel erklärt. Es gehe diesmal nicht darum, die Infektionswelle zu brechen oder unter eine bestimmte Inzidenz zu kommen. „Das wäre bei Omikron sinnlos.“ Deshalb bestehe auch nicht die Gefahr, dass die Einschränkungen über die geplanten zwei Wochen hinaus verlängert werden.
Einen Tag nach dem veröffentlichten Gastbeitrag wurde bekannt, dass die Martin-Luther-Universität gegen den Virologen eine „vorläufige Dienstenthebung“ ausgesprochen hat. Seit vielen Jahren leitete er dort das Institut für Medizinische Mikrobiologie. Kekulé hat einen Anwalt eingeschaltet. Laut Medienberichten kämpfte der Virologe seit Jahren für eine bessere Ausstattung seines Instituts. Er sprach von einem „politischen Verfahren“.
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