Neue Studie: Vogelgrippe verbreitet sich offenbar anders als gedacht

Neue Erkenntnisse lösen eine anhaltende Debatte über den Rohmilchkonsum und seine möglichen Risiken aus.
Ende März war das H5N1-Virus erstmals bei Milchkühen in den USA entdeckt worden.
Ende März war das H5N1-Virus erstmals bei Milchkühen in den USA entdeckt worden.Foto: Bernd Wüstneck/dpa
Von 27. September 2024

Der Ausbruch der Vogelgrippe H5N1 bei Kühen in den USA wird wahrscheinlich durch das Melken und nicht durch die Atmung übertragen. Dies geht aus einer Studie hervor, die in der Fachzeitschrift „Nature“ veröffentlicht wurde.

Erneute Debatte um den Konsum von Rohmilch

Demnach erkrankten Kühe, die sich über das Euter infizierten, schwerer und gaben mehr Viruspartikel in die Milch ab als Kühe, die sich über Nase und Maul ansteckten. „Die Ausscheidung von Viren über die Milch kann bis zu einer Milliarde pro Milliliter erreichen“, sagte der Hauptautor der Studie, Jürgen A. Richt, Professor an der Kansas State University und Direktor des Center on Emerging and Zoonotic Infectious Diseases, gegenüber der „Epoch Times“. Der Deutsche gilt als Pionier in der Veterinärwissenschaft, insbesondere im Bereich der von der Weltgesundheitsorganisation propagierten „One Health“-Ansatzes.

Die neuen Erkenntnisse heizen auch die aktuelle Debatte um den Verzehr von Rohmilch und mögliche Risiken an.

Keine Hinweise auf Übertragung zwischen Menschen

Die Forscher fanden auch heraus, dass verschiedene aviäre H5N1-Viren die Rindergrippe auslösen können.

Als der Vogelgrippestamm H5N1 auf Kühe übersprang, mutierte das Virus in einem seiner Proteine und konnte so Kühe effizienter infizieren. Die Autoren gingen davon aus, dass nur H5N1-Viren mit dieser Mutation Kühe infizieren können. Aber auch Vogelviren, die die Mutation nicht enthielten, verursachten Infektionen in ähnlichem Ausmaß, heißt es in der Studie weiter.

Seit März 2024 untersuchen Forscher den Ausbruch der H5N1-Grippe, nachdem das Vogelvirus H5N1 – das nachweislich Säugetiere wie Frettchen und Nerze infizieren kann – offenbar auf Kühe in Texas übergesprungen war.

„H5N1-Infektionen bei Milchkühen hat es noch nie gegeben“, sagte Dr. William Schaffner, Professor für Präventivmedizin an der Vanderbilt University in Tennessee, der Epoch Times. Eine große Sorge sei, ob das Vogelgrippevirus H5N1 nun die Fähigkeit erlangt habe, andere Säugetierarten wie den Menschen zu infizieren.

Derzeit stufen die Centers for Disease Control and Prevention (CDC) Infektionen mit H5N1 als geringes Risiko ein. Bisher gebe es keine Hinweise auf eine Übertragung von Mensch zu Mensch, betont Emily Smith, Epidemiologin und außerordentliche Professorin an der George Washington University in Washington, D.C.

Wissenschaftler sehen moderaten Schutz durch Grippeimpfung

„Eines der Hauptprobleme mit einem neuen Influenza-A-Virus ist, dass die Bevölkerung keine spezifische Erfahrung damit hat“, sagte Smith. „Unser Immunsystem hat keine spezifische Erfahrung damit, sodass wir immer das Risiko einer weit verbreiteten Epidemie haben“, fügte sie gegenüber Epoch Times hinzu.

Bisher sind nur zehn Fälle von H5N1 bei Menschen bestätigt worden, vier davon wurden mit Milchkühen in Verbindung gebracht. Todesfälle sind nicht bekannt.

Das Risiko für Menschen, sich mit dem Vogelgrippevirus H5N1 zu infizieren, sei gering. Wer jedoch mit Wildvögeln und Milchkühen in Kontakt kommt, habe ein erhöhtes Risiko. „Für den Durchschnittsbürger ist das nichts, worüber man sich im Alltag Sorgen machen muss“, so die Wissenschaftlerin. „Aber auf der Ebene der öffentlichen Gesundheit ist es meiner Meinung nach wirklich ernst und muss von Gesundheitsexperten und Regierungen ernst genommen werden“, sagte sie.

Schaffner schlug vor, dass Menschen, die mit Kühen arbeiten, sich gegen die saisonale Grippe impfen lassen sollten. Die Impfstoffe gegen die saisonale Grippe seien zwar nicht gegen die Vogelgrippe gerichtet, könnten aber einen moderaten Schutz bieten.

Für H5N1 gebe es noch keine spezifische Therapie. Erkrankte würden mit antiviralen Medikamenten wie Oseltamivir (Tamiflu) behandelt. Smith sagte, Zink könne die Schwere einer Infektion mindern und vor einer Ansteckung schützen. Eine gesunde Ernährung und körperliche Betätigung würden ebenfalls zu einem guten Gesundheitszustand beitragen.

Experten raten von Rohmilch ab, doch der Absatz in den USA steigt

Da infizierte Milchkühe H5N1-Viren mit der Milch ausscheiden, raten sowohl Schaffner als auch Smith vom Verzehr von Rohmilch ab. Konsumenten von Rohmilch „könnten ein erhöhtes Risiko haben, sich mit H5N1 zu infizieren“, so Schaffner. Beide Wissenschaftler plädieren für eine Pasteurisierung, die H5N1 nachweislich wirksam abtötet.

Manche Menschen bevorzugen Milch wegen ihres Geschmacks und angeblicher gesundheitlicher Vorteile wie weniger Allergien. Die US-amerikanische Food and Drug Administration (FDA) hat den Bundesstaaten vom Verkauf von Rohmilch abgeraten.

Die Behörde erklärte zwar, es gebe derzeit keine Beweise dafür, dass sich Menschen durch den Verzehr von Rohmilch mit H5N1 infizieren können, stellte aber fest: „Wir wissen seit langem, dass Rohmilch gefährliche Mikroorganismen (Keime) enthalten kann, die ein ernsthaftes Gesundheitsrisiko für Verbraucher darstellen können.“

Mark McAfee ist Milchbauer in Kalifornien und beliefert mehr als 50 Geschäfte. Er ist außerdem Vorsitzender des Raw Milk Institute, einer gemeinnützigen Organisation, die die sichere und hygienische Produktion von Rohmilch und Rohmilchprodukten für den menschlichen Verzehr fördert und unterstützt.

McAfee zeigte sich unbeeindruckt von der jüngsten Berichterstattung und den Empfehlungen der Behörden gegen Rohmilch. „Alle Behörden raten seit 30 Jahren vom Verzehr von Rohmilch ab. Für uns ist das nichts Neues“, sagte McAfee. „Unsere Umsätze steigen.“

Nach Angaben des Robert Koch-Instituts sind in Deutschland bisher keine Erkrankungen von Menschen durch Vogelgrippenviren bekannt.

Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel „H5N1 Influenza May Be Spreading Through Cows via Milking Rather Than Air, Experts Weigh In“. (deutsche Bearbeitung os)  



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion