Mai-Wärme im November: Blühende Zeiten für Mensch und Umwelt
Auf mehr als 20 Grad kletterten die Thermometer am Wochenende an manchen Orten Deutschlands. Die Frühlingsgefühle im ungewöhnlich warmen Herbst tun Tier, Mensch und Pflanze gut, von kleinen Stressmomenten abgesehen.
Die warmen Tage selbst könnten kaum ungünstige Auswirkungen auf die Menschen haben, sagt Medizin-Meteorologin Angelika Grätz vom Deutschen Wetterdienst (DWD) in Freiburg. Schließlich führen in den letzten Monaten des Jahres viele Menschen in den Süden, in die Wärme, weil sie sich dort wohler fühlten. Ein Weg, den sie sich Anfang November sparen konnten.
Weit reisen mussten viele Deutsche in den vergangenen Tagen nicht, um sich wie im Urlaub zu fühlen. Peter Wilhelm aus Freiburg etwa schwamm am Samstag kurzerhand im Flückigersee. In der Stadt wurden 22,9 Grad gemessen, die bislang höchste November-Temperatur seit Beginn der Wetteraufzeichnungen.
Etwas Stress für den menschlichen Körper bedeutet also nicht die Wärme, erklärt die Medizin-Meteorologin Grätz – sondern der Wechsel von niedrigen zu hohen Temperaturen. „Der Körper muss sich dann anpassen.“ Bei Kälte konzentriert sich das Blut im Körperkern, es schützt ihn dann durch Wärme. Ist es sommerlich warm, muss der Organismus das Blut weiter an die Oberfläche bringen. Für ältere Menschen ist das schwieriger. „Ihre Gefäßsysteme sind nicht mehr so flexibel.“ Auch für chronisch Kranke kann die Temperaturänderung ein Problem sein. Manche fühlten sich in der ungewohnten Wärme auch schlapper als sonst.
Die größte Herausforderung dürfte aber sein, dass man kaum weiß, wie man sich richtig anziehen soll. T-Shirt – oder doch Rollkragenpullover? Die Unsicherheit beobachtete Grätz in den November-Sonnenstunden an vielen Leuten: „Denn kaum ist die Sonne weg, ist es doch wieder kühl“, sagt sie. „Aber eigentlich ist diese ungewöhnliche Wärme sehr angenehm.“
Auch für das Auge, denn die hohen Temperaturen in diesem Jahr lassen das Laub der Bäume besonders lange bunt bleiben. Wenig Frost und wenig Wind lassen die Blätter an den Ästen hängen, wie Franz-Josef Löpmeier, Agrar-Meteorologe des Deutschen Wetterdienstes, erklärt. „Und die Blätter sind wesentlich farbenprächtiger als sonst.“
Der Pflanzenwelt selbst schadet das warme Wetter kaum. Die einzige Gefahr, die Löpmeier einfällt, könnte dem Raps drohen. „Wenn er zu viel wächst, friert auch zu viel wieder ab.“ Dann käme die Nutzpflanze nicht so gut durch den Winter. Ansonsten wüchsen Zwischenfrüchte wie Senf oder Lupinen, die später meist in die Böden eingearbeitet werden, üppig.
Opulente Zeiten haben jetzt auch die Tiere. „Igel, die noch nicht genug Fett auf den Rippen haben für den Winterschlaf, können sich jetzt noch einmal was anfressen“, sagt Magnus Wessel, Experte vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) in Berlin. Bliebe es länger warm, gebe es im nächsten Jahr auch mehr Wildschweine und Rehe.
Zu den ersten Tieren, die auf die ungewöhnlich warmen Tage reagieren, gehören Wessel zufolge allerdings die Vögel. Kraniche etwa oder die Mönchsgrasmücke blieben erst einmal noch in Deutschland, um sich noch Reserven für ihre lange Reise anzufressen. Wessel, dem kürzlich noch einmal aufgeblühte Rosen auffielen, entdeckt dann aber doch noch ein etwas nervenaufreibendere Folge der Wärme: „Ich habe neulich die erste Mücke im Herbst erlebt.“
(dpa)
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