Lauterbach verteidigt „Gesundes-Herz-Gesetz“: Vorhaben wird „Leben retten und Kosten senken“
In einer Pressekonferenz hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach am Mittwoch, 28. August, seine Vorlage für ein „Gesundes-Herz-Gesetz“ verteidigt. Das Kabinett hatte zuvor einen Entwurf beschlossen, der in den kommenden Wochen in den Bundestag eingebracht werden soll.
Das Gesetz solle dem Umstand Rechnung tragen, dass Deutschland trotz deutlich höherer Durchschnittskosten für die Gesundheit nur eine unwesentlich höhere Lebenserwartung als der EU-Durchschnitt aufweist. Derzeit sind es 80,8 gegenüber 80,1 Jahre. Die Kosten pro Einwohner und Jahr liegen derweil bei etwa 5.000 Euro, während es im EU-Schnitt nur 3.159 Euro seien.
Hohe Kosten bei durchwachsener Lebenserwartung – deutsches Gesundheitssystem ineffizient
Als wesentlicher Grund dafür gilt die große Zahl an Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Ein Drittel der Todesfälle in Deutschland sei darauf zurückzuführen. Mit dem Gesetz will Lauterbach diesem Phänomen gegensteuern. In der Bundespressekonferenz wies der Minister darauf hin, dass Deutschland bei der Lebenserwartung den schlechtesten Wert unter 16 westeuropäischen Ländern aufweise.
Obwohl die Qualität der Versorgung von Herzerkrankten und Schlaganfallpatienten in Deutschland eigentlich gut sei, fehle es an der Früherkennung. Dort wolle das „Gesundes-Herz-Gesetz“ ansetzen. Ein Schwerpunkt sei die frühzeitige Diagnose von Risikofaktoren wie familiärer Hypercholesterinämie. Bei 5.000 bis 10.000 Kindern pro Jahr trete diese genetische Prädisposition auf. Sie steigere das Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle erheblich.
Um die Früherkennung zu verbessern, soll es im Rahmen der J1-Jugendgesundheitsuntersuchung künftig auch einen gezielten Check auf Fettstoffwechselstörungen geben. Außerdem soll es regelmäßigere Check-ups für Herz und Kreislauf für Erwachsene in den Altersstufen 25, 40 und 50 geben. Dazu schaffe man unter anderem ein Einladungssystem vonseiten der Krankenkassen.
Lauterbach rechnet nicht mit Mehrkosten durch „Gesundes-Herz-Gesetz“
Generell will Lauterbach mit seinem Entwurf auch „Disease-Management-Programme“ für Risikogruppen entbürokratisieren und zu verpflichtenden Kassenleistungen machen. In Beratung und Früherkennung will der Minister auch die Apotheken stärker einbinden. Zudem plant Lauterbach auch eine Ausweitung der medikamentösen Tabakentwöhnung.
Das Gesetz plant auch, die Beratung und Früherkennung in Apotheken zu stärken und den Einsatz von Medikamenten wie Statinen – Arzneimittel zur Senkung des Cholesterinspiegels – zu erleichtern. Auch die medikamentöse Unterstützung bei der Tabakentwöhnung soll ausgeweitet werden, um so das Raucherverhalten nachhaltig zu verändern.
Das „Gesundes-Herz-Gesetz“ wird, so kündigt Lauterbach an, Kosten sparen und Leben retten. Deutliche Mehrkosten zu Beginn erwartet der Minister nicht. Finanzieren wolle man es durch Umschichtungen von Programmen, die sich nicht als erfolgreich erwiesen hätten. Lauterbach lobte im Vorfeld des Gesetzesbeschlusses die Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie.
Mit ähnlichen Programmen, so hieß es am Mittwoch in Berlin, sei es Großbritannien, Spanien oder Frankreich gelungen, die Zahl der Todesfälle aufgrund von Herz-Kreislauf-Problemen um bis zu 50 Prozent zu senken.
CDU und Fachverbände kritisieren Ausbooten des Bundesausschusses
Für erhebliche Kritik unter anderem vonseiten der Union hatte im Vorfeld die Neufassung der Richtlinien für Verschreibung von Statinen gesorgt. Sie hatte Lauterbach vorgeworfen, eine frühzeitige Abgabe der Cholesterin- und Lipidsenker an Kinder und Jugendliche zu erleichtern. Gesundheitssprecher Tino Sorge erklärte gegenüber dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (RND), die Folgen davon wären „völlig unberechenbar“.
Der Ansatz sei „hilflos“, Kinder würden an eine lebenslange Einnahme von Medikamenten gewöhnt. Er vermisse die „wissenschaftliche Fundierung“ in vielen Teilen des Gesetzes. „Gesündere Verpflegung, mehr Sport- und Bewegungsangebote und bessere Aufklärung in Schulen, Kitas und für Eltern“ hält Sorge für wichtiger als die frühzeitige Verschreibung von Medikamenten. Ähnliche Kritik kam auch aus den Reihen der Krankenkassen und des Verbandes der Kassenärzte.
Außerdem wurde dem Minister vorgeworfen, den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) übergangen zu haben. Dort sitzen Vertreter von Ärzten, Kassen, Kliniken und Patienten und erarbeiten im Wege der Selbstverwaltung Richtlinien über Details der medizinischen Versorgung. Deren Strukturen würden untergraben, wenn der Minister direkt Entscheidungen in solchen Bereichen treffe.
Lauterbach: „massive Unterversorgung“ von Statinen
Lauterbach lässt diese Kritik nicht gelten. Er betonte im Rahmen der Pressekonferenz, die geltenden Richtlinien für die Verschreibung von Statinen seien „veraltet“ gewesen. Es gebe in Deutschland, was diese betreffe, eine „massive Unterversorgung“.
Man habe die Entscheidung gesetzlich treffen wollen, weil der G-BA seine Richtlinien noch nicht fertig überarbeitet hätte – und die Maßnahmen dringend wären. Mittlerweile hätte aber auch der Bundesausschuss reagiert und schwenke auf den Kurs der Bundesregierung ein. Bis dato seien auch wegen mangelnder Erstattungsfähigkeit zu wenige Statine abgegeben worden.
Lauterbach gab zu bedenken, dass eine Stoffwechselstörung nicht allein durch Ernährungsumstellung behandelt werden könne. Die Grenzwerte, die bezüglich einer Abgabe von Statinen relevant wären, solle nun die Selbstverwaltung bestimmen.
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