Kein Kampf des Immunsytems: Wie Staub vom Bauernhof vor Allergien schützt

Titelbild
Kühe in einem offenen Jungviehstall im Bauernhof Gut Ellerscheid in Haan (Nordrhein-Westfalen).Foto: Maja Hitij/Archiv/dpa
Epoch Times3. September 2015
Auf Bauernhöfen lebende Kinder bekommen seltener Asthma und Allergien. Den Gründen dafür sind Forscher nun ein Stück näher gekommen.

Demnach aktivieren Endotoxine, Bestandteile von Bakterien, das Enzym A20, das sich in der Schleimhaut der Atemwege befindet. Das berichtet das internationale Wissenschaftler-Team, zu dem auch Münchner Forscher gehören, im Fachmagazin „Science“.

„Man wusste immer, dass der Schutz vor Allergien mit dem Stallaufenthalt zu tun hat, aber man wusste nicht, warum“, sagte Erika von Mutius, Leiterin der Asthma- und Allergieambulanz am Dr. von Haunerschen Kinderspital in München, der Deutschen Presse-Agentur. „A20 ist ein ganz neu entdecktes Enzym, das offenbar eine unterdrückende Funktion hat.“

Versuche mit Mäusen hätten gezeigt, dass diese bei täglicher Aufnahme von Stallstaub weniger stark auf allergieauslösende Faktoren reagieren und daher vor allergischen Asthma geschützt sind. Vermittelt werde der schützende Effekt über das Enzym A20, das Entzündungsreaktionen im Körper beeinflusst.

„Das Enzym selber muss aktiviert werden – und das tut auf irgendeine noch unbekannte Weise der Stallstaub“, sagte von Mutius. „Die Untersuchungen haben gezeigt, dass diese ganze Entzündungskaskade, die zu allergischem Asthma führt, nicht mehr abrollen kann, wenn A20 aktiviert ist.“

Bei Asthmatikern komme das Enzym in geringerem Maße in der Schleimhaut vor. „Das Enzym wird von einem Gen produziert und wenn dieses Gen nicht ganz in Ordnung ist, dann gibt es ein Risiko für Asthma.“ Kinder auf Bauernhöfen oder mit Haustieren in der Wohnung atmen über den Staub mehr Pilz- und Bakterienpartikel ein. Vor allem bestimmte bei Kühen vorkommende Mikroben gelten als allergiemindernd.

Neben vielen anderen Partikeln enthält der Staub in der Luft auch verschiedene Endotoxine, stabile Bestandteile der äußeren Zellmembran von Bakterien.

Die Forscher um Martijn Schuijs von der Universität Gent in Belgien hatten nun Mäusen zwei Wochen lang täglich Endotoxine in niedrigen Dosen verabreicht. Zum Vergleich gab es eine unbehandelte Kontrollgruppe. Anschließend wurden die Tiere beider Gruppen Staubmilben ausgesetzt, die auch beim Menschen allergische Reaktionen wie Asthma auslösen können. Die mit Endotoxinen behandelten Tiere hätten keine allergischen Symptome entwickelt, wohl aber die Kontrollgruppe, berichten die Forscher. Ähnliche Ergebnisse gab es, wenn den Tieren auf deutschen Bauernhöfen gesammelter Staub verabreicht wurde.

In weiteren Versuchen prüften die Wissenschaftler die Abläufe in menschlichem Gewebe. Sie analysierten mit Zellkulturen von Lungengewebe gesunder Probanden und Asthma-Patienten, wie die Zellen auf Endotoxine reagieren. Bei den Gesunden hätten sich weniger der für Allergien typischen Entzündungsmoleküle gebildet, heißt es in der Studie. Für A20 zeigte sich bei diesen Probanden, dass es in größeren Mengen in den gesunden Zellen vorhanden war als bei Asthmatikern.

Für die schützende Rolle einer Bauernhof- oder Tierhaltungsumgebung sei dieses Enzym demnach ein wichtiger Faktor, schließen die Wissenschaftler. Die nächste Frage für die Forscher sei nun, wie das Enzym sonst noch aktiviert werden kann, sagte von Mutius.

Ein ausgeglichenes Immunsystem ignoriert Allergene wie Hausstaub oder Pollen. Bei Allergikern aber wird der vermeintliche Feind mit aller Macht bekämpft: Die Atemmuskulatur verkrampft, die Schleimhaut der Bronchien schwillt. Studien haben gezeigt, dass Kinder, die auf dem Bauernhof groß werden, seltener an Asthma und Allergien erkranken. Studien zufolge steigt die Zahl der Asthmatiker weltweit.

(dpa)


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