Hirntod: Wenn das Herz schlägt, aber der Mensch für tot erklärt wird
Sobald eine Person hirntot ist, gilt sie gesetzlich als tot, obwohl ihr Körper technisch gesehen noch lebt.
Hirntod, auch bekannt als Tod nach neurologischen Kriterien, ist der Zustand, bei dem eine Person in ein dauerhaftes Koma fällt. Dabei verliert sie ihre Hirnstammreflexe und das Bewusstsein und ist nicht mehr in der Lage, ohne künstliche Unterstützung zu atmen.
Dennoch kann das Herz einer Person schlagen, ihre Organe können funktionstüchtig sein und sie kann Infektionen abwehren, wachsen und sogar Babys bis zur Geburt austragen. Obwohl betroffene Personen keine Anzeichen von Bewusstsein zeigen, können einige Bereiche ihres Gehirns weiterhin aktiv sein. Etwa 50 Prozent der hirntoten Patienten behalten Aktivität im Hypothalamus, der das endokrine System des Körpers koordiniert und die Körpertemperatur reguliert.
All dies hört jedoch auf, wenn sie von der Lebenserhaltung abgenommen werden. Aus diesem Grund sind sich Ärzte nicht einig, ob Hirntod gleichbedeutend mit dem Tod ist.
Dr. James Bernat, Neurologe und emeritierter Professor an der Dartmouth Geisel School of Medicine, sagte, dass Menschen, die hirntot sind, tot sind, weil ihre Körper „nicht mehr als Ganzes funktionieren.“ Ohne die Technologie zur Entwicklung dieser lebenserhaltenden Maschinen wären diese Menschen verstorben, sagte er.
Radiologe Dr. Joseph Eble und der ehemalige akademische Hämatopathologe Dr. Doyen Nguyen schrieben hingegen in einem Artikel, dass Maschinen nur das Leben erhalten, aber nicht erzeugen können – ähnlich wie ein toter Mann nicht atmen könnte, während er an einem Beatmungsgerät hängt.
Eine weitere Frage in Bezug auf den Hirntod ist, ob ein Patient noch Empfindungen hat.
Unter europäischen Anästhesisten gibt es eine anhaltende Debatte darüber, ob hirntote Organspender während der Organentnahme Bewusstseinsblocker erhalten sollten.
Einige argumentieren, dass sie dies tun sollten, falls Patienten Schmerzen empfinden; andere sind dagegen. Überraschenderweise basiert die Position der Anästhesisten „nicht auf der Behauptung, dass Patienten nicht in der Lage wären, Schmerzen zu empfinden“, sondern vielmehr auf der Sorge, dass die Öffentlichkeit Zweifel an der Hirntoddiagnose haben könnte, schrieben die Bioethiker Dr. Robert Truog und Franklin Miller, Doktor der Philosophie, in ihrem Buch „Death, Dying, and Organ Transplantation“.
Dr. Ronald Dworkin, Forschungsstipendiat und Anästhesist, schrieb in einem Artikel über die Organentnahme, dass er sich dafür entschieden habe, Bewusstseinsblocker zu geben, weil er dachte, sein Patient „könnte noch ein ‚wenig lebendig‘ sein, was auch immer das bedeutet“, sagte er.
Miller, der auch Professor für Medizinethik am Weill Cornell Medical College ist, sagte, dass die Bezeichnung Hirntod irreführend sei. Er und Dr. Truog, Professor für Anästhesiologie und emeritierter Direktor des Harvard Medical School Center for Bioethics, sind der Meinung, dass hirntote Menschen am Leben sind, aber wahrscheinlich nicht das Bewusstsein wiedererlangen und sich erholen werden.
Einige sagen, dass hirntote Patienten sich tatsächlich erholen könnten, wie im Fall von Jahi McMath, einem 13-jährigen Mädchen, das am 12. Dezember 2013 für hirntot erklärt wurde. Ihre Mutter widersprach der Hirntoddiagnose und hielt Jahi viereinhalb Jahre lang an lebenserhaltenden Maßnahmen. Obwohl Jahi nicht sprechen konnte und das volle Bewusstsein nie wiedererlangte, sagten zwei Neurologen aus, dass sie in ihren letzten Tagen in einem „minimal bewussten Zustand“ war.
Jahi reagierte auf Anweisungen, wie Krankenschwestern und Ärzte bezeugten. Später wurden bei einem Elektroenzephalogramm (EEG) Gehirnwellen gemessen.
Eine hirntote Person sollte keinerlei EEG-Aktivität aufweisen.
„Jahi McMath ist das beste Beispiel für jemanden, der ‚korrekt‘ als hirntot diagnostiziert wurde und anschließend dokumentierte Gehirnfunktionen wiedererlangte“, schreibt Dr. Heidi Klessig, Anästhesistin und Autorin des Buches „The Brain Death Fallacy“ (Deutsch etwa: Der Hirntodtrugschluss).
Das Mädchen wurde nach den damaligen Richtlinien zweifelsfrei als hirntot diagnostiziert und würde auch nach den heutigen Richtlinien als solche diagnostiziert werden, fügte sie hinzu.
Hirntodfehldiagnosen
Fehldiagnosen können auch bei der Feststellung des Hirntods vorkommen.
Ein Beispiel dafür ist Zack Dunlap. Im November 2007 erlitt er einen Verkehrsunfall und wurde im Krankenhaus für hirntot erklärt.
Dunlap berichtete der Epoch Times, dass er im Krankenhaus das Bewusstsein wiedererlangte, nachdem er für hirntot erklärt worden war und seine Freunde und Familie sich bereits von ihm verabschiedet hatten.
Er versuchte zu schreien und sich zu bewegen, konnte jedoch seinen Körper nicht kontrollieren. Da er als Organspender registriert war, sollte er bald für die Organentnahme vorbereitet werden.
Die Familie betete im Krankenhaus für Dunlap. Sein Cousin, der als Pflegefachkraft arbeitet, glaubte nicht, dass seine Zeit gekommen war.
Der Cousin führte zusätzliche Tests bei ihm durch. Als er unter Dunlaps Daumennagel drückte, zog dieser seinen Arm zur anderen Seite des Körpers. Diese Bewegung widerrief die Diagnose.
Nach ein paar weiteren Tagen begann Dunlap von selbst zu atmen. Er wurde einen Monat später entlassen.
Dr. Panayiotis Varelas ist Mitautor der Richtlinien zur Beurteilung des Hirntods, die von der Amerikanischen Akademie für Neurologie erstellt wurden. Er ist auch Vorsitzender der Neurologieabteilung am Albany Medical College. Nachdem er die Medienberichte über Dunlap überprüft hatte, sagte er, dass Dunlaps schnelle Genesung darauf hindeutet, dass möglicherweise einige Schritte bei der Untersuchung auf Hirntod übersehen wurden.
Er erklärte weiter, dass bei ausreichender Erfahrung der Ärzte mit Hirntoduntersuchungen und der strikten Befolgung der geltenden Richtlinien keine falschen Diagnosen auftreten würden.
Dr. Bernat sagte, dass der häufig falsch durchgeführte Test der Apnoetest sei. Um die Sache weiter zu verkomplizieren, können mehrere Zustände den Hirntod nachahmen. Diese müssen ausgeschlossen werden, bevor Hirntoduntersuchungen beginnen.
Die Rolle des Hirntods in der modernen Transplantationsmedizin
Das Konzept des Hirntods entstand vor etwa fünfzig Jahren kurz nach der ersten erfolgreichen Organtransplantation. In den späten 1950er-Jahren begann man, Organe von komatösen Personen zu entnehmen. Dies geschah jedoch selten und ohne klare Richtlinien. Gleichzeitig veränderte sich die Definition von Tod.
Organe können nicht von biologisch toten Menschen transplantiert werden, was nach dem Herzstillstand und erfolgloser Wiederbelebung eintritt. „Wenn man biologisch tot ist, führt der Sauerstoffverlust in den lebenswichtigen Organen dazu, dass sie so schnell zerfallen, dass man kein Organ spenden kann“, sagte Dr. Klessig.
1959 führten die französischen Ärzte Pierre Mollaret und Maurice Goulon den Begriff „le coma dépassé“ ein, was „über das Koma hinaus“ oder „irreversibles Koma“ bedeutet, und beschrieben damit einen Zustand, der dem Tod gleichgesetzt werden kann. Nach und nach wurde der Hirntod, auch „Tod des Nervensystems“ genannt, als neue Definition anerkannt, und es war möglich, Organe von solchen Patienten zu entnehmen.
Am 3. Dezember 1967 war die Welt erstaunt über den ersten Bericht einer erfolgreichen menschlichen Herztransplantation, durchgeführt von Dr. Christiaan Barnard in Kapstadt, Südafrika. Das Herz wurde von einem Unfallopfer mit schweren Kopfverletzungen entnommen. Beim Spender wurde keine Gehirnaktivität auf EEG-Scans festgestellt und es fehlten die Hirnstammreflexe. Ihr Herz schlug jedoch weiter durch lebenserhaltende Maßnahmen.
Der Empfänger des Herzens überlebte 18 Tage, bevor er an einer Lungenentzündung starb, aber sein Herz funktionierte bis zu seinem Tod einwandfrei. Dieser Erfolg initiierte die Praxis der Herztransplantation.
Einen Monat nach Dr. Barnards monumentaler Operation führte Dr. Norman Shumway die erste menschliche Herztransplantation in den Vereinigten Staaten im Stanford Hospital durch und entfernte das Herz von einem hirntoten Spender.
Der assistierende Oberarzt fragte: „Glauben Sie, dass das wirklich legal ist?“
„Ich denke, wir werden sehen“, sagte Dr. Shumway.
Im August 1968 veröffentlichte ein Ad-hoc-Komitee der Harvard Medical School einen Artikel im „Journal of the American Medical Association“ (JAMA). Ziel dieses Artikels war es, das irreversible Koma zu definieren. Das irreversible Koma wurde als ein „neues Kriterium für den Tod“ definiert, was zu einem grundlegenden Eckpfeiler der Hirntoddefinition geworden ist.
Trotzdem sind sich Wissenschaftler immer noch unsicher, ob die Definition oder die daraus resultierende Bewertung perfekt ist.
Mysterium des Lebens
Dr. Varelas äußerte sich zu Zack Dunlaps Genesung und betonte seine Freude darüber, dass der junge Mann überlebt habe. Er vermutete, dass die Gebete der Familie zu Dunlaps positivem Verlauf beigetragen haben könnten.
Er wies darauf hin, dass es Kräfte gibt, die über unser medizinisches Wissen hinausgehen.
Dr. Dworkin fügte hinzu, dass das Geheimnis des Lebens, einschließlich seiner Definition, nach wie vor eines der tiefsten und geheimnisvollsten Rätsel bleibt.
Dieser Artikel ersetzt keine medizinische Beratung. Bei Gesundheitsfragen wenden Sie sich bitte an Ihren Arzt oder Apotheker.
Zuerst erschienen auf theepochtimes.com unter dem Titel „Brain Dead People May Not Be Dead – Here’s Why“. (deutsche Bearbeitung kr)
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