Gifteier Skandal weitet sich aus: Insektizid in frischen Hühnereiern und vielen anderen Lebensmitteln entdeckt
Der Skandal um Fipronil hat offenbar größere Ausmaße als bislang bekannt. Behörden räumen laut eines Berichts der „Süddeutschen Zeitung“ (Dienstagsausgabe) auf Anfrage ein, dass sie das Insektizid nicht nur in frischen Hühnereiern, sondern in zahlreichen weiteren Lebensmitteln entdeckt haben. Die Substanz ist offenbar über verseuchte Eier in die Lebensmittelkette gelangt.
Nach vorläufiger Auswertung seien „in 103 Proben Rückstände von Fipronil gefunden“ worden, teilte das Bundeslandwirtschaftsministerium laut SZ mit. Davon hätten 25 „über dem einschlägigen Rückstandshöchstgehalt“ gelegen. Mehr als 20 Prozent der Tests waren demnach also auffällig. Davon wiederum lag jede vierte Probe über dem Grenzwert, schreibt die SZ weiter.
Insider der Testverfahren sprechen der Zeitung zufolge von „beachtlichen Zahlen“ und einer besorgniserregenden Trefferquote. Belastet waren den Angaben der Behörden zufolge ganz unterschiedliche Produkte. „Häufige Rückstandshöchstgehaltsüberschreitungen“ habe man in den Kategorien „Vollei getrocknet“, „Likör mit Eierzusatz“, „Eiersalat“ und „Feine Backwaren“ gefunden, erklärt das Ministerium laut SZ weiter.
Die Tests hatten bereits im August begonnen. Sie sollen zeigen, ob auch eihaltige Lebensmittel vom Fipronil-Skandal betroffen sind, das Insektizid also über Eier in vielen anderen Produkten in Supermarktregalen gelandet ist. Bis Ende Oktober sollen dazu fast 800 Proben ausgewertet werden. Dem Bundeslandwirtschaftsministerium liegen nun mit 473 Analysen bereits mehr als die Hälfte der Ergebnisse vor, schreibt die „Süddeutsche Zeitung“.
Doch während im August Millionen Eier aus dem Verkehr gezogen wurden, halten sich die Behörden bei verarbeiteten Produkten zurück. Beispiel Nordrhein-Westfalen: Zwar räumen die Behörden dort Grenzwertüberschreitungen in mehreren Produkten ein. Einen offiziellen Rückruf habe es jedoch nicht gegeben: Dafür habe die Rechtsgrundlage gefehlt, teilte das zuständige Ministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz mit. Die Unternehmen konnten die Ware diskret in einem von Experten „stiller Rückruf“ genannten Verfahren aus den Regalen nehmen, berichtet die SZ.
Kunden, die die Produkte bereits gekauft hatten, seien nicht informiert worden. Insider sehen der Zeitung zufolge darin den Versuch, in den kritischen Wochen vor der Bundestagswahl die Öffentlichkeit nicht mit neuen Schreckensmeldungen zu konfrontieren. Untersuchungslabore seien dazu angehalten worden, nicht so genau zu messen, wie es eigentlich nötig wäre, sagtr ein Mitarbeiter eines Untersuchungsamts der Zeitung.
Mehrere Landesbehörden wiesen diese Vorwürfe zurück. Verbraucherschützern fordern eine strengere Politik. „Fipronil hat auch in verarbeiteten Produkten nichts zu suchen. Rückrufe wären dringend notwendig“, sagte Klaus Müller, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands. „Das Krisenmanagement der Behörden beim Fipronil-Skandal hatte deutliche Mängel.“
In der Landesregierung von Niedersachsen wirft man dem Bund sogar ganz offen Vertuschung vor. „Bei Fipronil muss auch für verarbeitete Produkte die Maxime gelten: Null Toleranz. Das wäre ein deutliches Signal an die Panscher“, sagte Niedersachsens Agrarminister Christian Meyer (Grüne). „Aber Bundesagrarminister Schmidt verwässert ein solches striktes Vorgehen durch zu hohe erlaubte Rückstandswerte, um möglichst wenig zurückzurufen.“
Niedersachsen spreche sich für die schärferen Grenzen aus, die in Teilen der EU verfolgt werden, so Meyer. Das Insektizid Fipronil kann Insekten rasch töten. Das Gift wird eingesetzt, um Pflanzen vor Schädlingen zu schützen oder Haustiere von Parasiten zu befreien. Wo Lebensmittel produziert werden, ist es verboten. Rein rechtlich wäre also auch ein Rückruf bei geringsten Rückständen möglich.
Doch die Ministerien berufen sich auf Angaben des Bundesinstituts für Risikobewertung, wonach eine akute Gesundheitsgefahr frühestens ab dem hohen Wert von 720 Mikrogramm pro Kilogramm Fipronil im Ei droht. Von Eiern, die den Rückstandshöchstgehalt von fünf Mikrogramm pro Kilogramm reiße, gehe dagegen keine akute Gesundheitsgefahr aus. (dts)
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