Weitaus komplexer als Fette: Was verursacht Herzkrankheiten?

Neue Forschungsergebnisse stellen die altbekannte Diät-Herz-Hypothese, dass gesättigte Fette Herz-Kreislauf-Erkrankungen verursachen würden, infrage.
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Von Cholesterin zu chronischer Entzündung: ein neuer Ansatz für Herzkrankheiten.Foto: magicmine/ iStock
Von 27. November 2024

Seit mehr als einem halben Jahrhundert wird eine einfache Erklärung für die Todesursache Nummer eins präsentiert: Gesättigte Fettsäuren verstopfen die Arterien und führen zu Herzversagen.

Diese sogenannte Diät-Herz-Hypothese, die in den 1960er-Jahren von dem Physiologen Ancel Keys formuliert wurde, hat sich im kollektiven Bewusstsein fest verankert. Doch moderne medizinische Forschung zeigt, dass Herzkrankheiten weitaus komplexer und nicht allein auf den Konsum von Fleisch und Butter zurückzuführen sind.

Zusammenhang von Entzündungen und Herzkrankheiten

Entzündungen gelten inzwischen als führende Erklärung für die Ursachen von Herzkrankheiten, sagt Dr. Barbara Roberts, Direktorin des Women’s Cardiac Center am Miriam Hospital in Providence, Rhode Island.

Ein Bericht aus dem Jahr 2023, veröffentlicht in der Fachzeitschrift „BMC Cardiovascular Disorders“, liefert wissenschaftliche Argumente dafür, dass Entzündungen eine zentrale Rolle bei der Entstehung von Herzkrankheiten spielen könnten, insbesondere bei Atherosklerose. So wird die Verhärtung der Arterien durch Plaquebildung bezeichnet, die als die häufigste Ursache für kardiovaskuläre Ereignisse gilt.

Ähnlich wie der Körper bei Infektionen oder anderen Erkrankungen eine Immunreaktion auslöst, kommt es auch bei Herzkrankheiten zu einer ähnlichen entzündlichen Reaktion. Laut der Studie sind chronische Entzündungsreaktionen durch das adaptive Immunsysem mit einem erhöhten Risiko für Herzkrankheiten verbunden.

Nach einem Herzinfarkt sind Immunzellen entscheidend für die Heilung des Herzgewebes. Wenn jedoch die Immunreaktion aus dem Gleichgewicht gerät oder nicht richtig abläuft, kann dies die Gewebeschäden verstärken. Dies führt oft zu einer ungünstigen Veränderung des Herzgewebes, die letztlich eine Herzschwäche (Herzinsuffizienz) zur Folge haben kann. Das zeigt eine Übersichtsarbeit, die 2021 im „European Heart Journal“ veröffentlicht wurde.

Ein Bericht aus dem Jahr 2022 im „Journal of Molecular Science“ kommt ebenfalls zu dem Schluss, dass Atherosklerose eine chronische entzündliche Erkrankung ist. Entscheidend für den Krankheitsverlauf ist demnach, ob es gelingt, ein Gleichgewicht der entzündlichen Prozesse im Immunsystem herzustellen.

Oxidiertes LDL: Die unterschätzte Gefahr für das Herz

Low-Density-Lipoproteine (LDL) dienen im Körper als Cholesterintransporter und liefern es dorthin, wo es für die Hormonproduktion benötigt wird. Darüber hinaus unterstützt LDL das Immunsystem, indem es vor Krankheitserregern und oxidativem Stress schützt. Schlechte Lebensgewohnheiten wie ungesunde Ernährung, Rauchen und Bewegungsmangel können jedoch das Immunsystem überfordern und zur Oxidation von LDL führen.

Neue Studien zeigen, dass vor allem oxidiertes LDL – und nicht die Gesamtkonzentration von LDL – eine Schlüsselrolle bei der Entstehung von Herzkrankheiten spielt. Oxidiertes LDL zerfällt in kleinere Partikel, die nicht mehr an die Rezeptoren der Leber binden können. Diese Partikel werden nicht mehr abgebaut, sondern verbleiben im Blutkreislauf und schädigen schließlich die Arterien.

Eine Studie aus dem Jahr 2020, veröffentlicht im „Journal of Atherosclerosis and Thrombosis“, zeigte, dass Menschen mit den höchsten Konzentrationen kleiner, dichter LDL-Partikel ein im Beobachtungszeitraum von acht Jahren fünffach höheres Risiko hatten, eine Herzkrankheit zu entwickeln, verglichen mit denen, die die niedrigsten Konzentrationen aufwiesen. Eine hohe LDL-Partikelanzahl verdoppelte das Risiko für periphere arterielle Verschlusskrankheiten – eine Erkrankung, bei der verengte Blutgefäße den Blutfluss zu den Gliedmaßen reduzieren –, während die Gesamtkonzentration von LDL keine signifikante Verbindung zeigte. Dies geht aus einer Studie hervor, die 2018 in der Fachzeitschrift „Circulation“ veröffentlicht wurde und fast 28.000 Frauen ab 45 Jahren untersuchte.

„Ein höherer Anteil an Omega-6-Fettsäuren im LDL macht es anfälliger für Oxidation“, erklärt James DiNicolantonio, Wissenschaftler für kardiovaskuläre Forschung und Pharmakologe am Saint Luke’s Mid America Heart Institute in Kansas City, Missouri, gegenüber der Epoch Times. Fehlen dem LDL antioxidative Substanzen wie Coenzym Q10 und Carotinoide oder ist die Entzündungsrate im Körper erhöht, kann es ebenfalls oxidieren, fügt er hinzu.

Insulinresistenz

Insulin erleichtert den Transport und die Speicherung von Glukose im Körper. Insulinresistenz tritt auf, wenn die Zellen nicht mehr richtig auf Insulin reagieren und zirkulierende Glukose nicht effizient speichern können. Während Insulinresistenz vor allem als Vorstufe von Typ-2-Diabetes bekannt ist, zeigen aktuelle Forschungen, dass sie auch zur Entstehung von Herzkrankheiten beitragen könnte.

Eine 2022 veröffentlichte Studie in der Fachzeitschrift „Diabetes Care“, an der über 110.000 Erwachsene teilnahmen, zeigte einen Zusammenhang zwischen Insulinresistenz und einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Eine weitere Studie aus dem Jahr 2023, veröffentlicht im „Journal of International Medical Research“, bestätigte den Zusammenhang zwischen Insulinresistenz und Herzkrankheiten, obwohl die zugrunde liegenden Mechanismen noch nicht vollständig geklärt sind. Die Studie beschreibt, dass gestörte Insulinreaktionen zu kardiometabolischen Erkrankungen wie Fettleibigkeit (Adipositas), chronischen Entzündungen und Bluthochdruck führen – alles Vorstufen von Atherosklerose und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die Autoren betonten, dass eine gesunde Lebensweise, insbesondere eine ausgewogene Ernährung und regelmäßige Bewegung, entscheidend ist, um Insulinresistenz zu behandeln und das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu senken.

Eine Übersichtsstudie aus dem Jahr 2019, veröffentlicht in „Diabetes & Metabolic Syndrome: Clinical Research & Reviews“, kam sogar zu dem Schluss, dass Insulinresistenz möglicherweise die zentrale Ursache für koronare Herzkrankheiten ist.

Nährstoffmangel

Die zunehmende Verbreitung von verarbeiteten Lebensmitteln wie raffiniertem Zucker und Samenölen steht in engem Zusammenhang mit einer Verschlechterung der Herzgesundheit. Laut Dr. DiNicolantonio trägt auch ein Mangel an essenziellen Nährstoffen erheblich zur Zunahme von Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei. „Ein Mangel an essenziellen Nährstoffen beschleunigt oder führt zur Entstehung von Atherosklerose“, sagte er Epoch Times.

Zu den wichtigsten Nährstoffmängeln, die mit Herzkrankheiten in Verbindung gebracht werden, gehören Magnesium und Kupfer. Auch ein Vitamin-D-Mangel steht im Zusammenhang mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Bluthochdruck. Darüber hinaus tragen antioxidative Vitamine wie A, C, E, B6 und Folsäure zur Unterstützung der Herzgesundheit bei.

Trotz seiner Überzeugung, dass Nährstoffmängel eine bedeutende Rolle spielen, sind laut Dr. DiNicolantonio Herzkrankheiten nicht auf eine einzige Ursache zurückzuführen. „Es gibt zu viele Mechanismen, um zu erraten, was die Hauptursache für Herzkrankheiten ist“, sagte er.

Dr. Jack Wolfson, ein Kardiologe, ist hingegen überzeugt, dass Herzkrankheiten durch die Verletzung seines Leitprinzips „Gut essen, gut leben, gut denken“ beginnen. Solche Lebensstilfehler führen zu einer Aktivierung des Immunsystems, Entzündungen, oxidativem Stress, Störungen des Nervensystems und Problemen bei der Zellenergieversorgung. „Am Ende steht die Krankheit als Endergebnis“, fügte er hinzu.

Triglyceride als unabhängiger Risikofaktor

Triglyceride, die häufigsten Fette im Blut, spielen eine gut dokumentierte Rolle bei der Entstehung von Herzkrankheiten. Erhöhte Triglyceridwerte, oft verursacht durch eine ungesunde Ernährung und Bewegungsmangel, stören den Fettstoffwechsel und erhöhen das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Eine 2021 im „Journal of Lipid and Atherosclerosis“ veröffentlichte Studie mit Daten von über 1,8 Millionen koreanischen Erwachsenen bestätigte, dass Triglyceride ein eigenständiger Risikofaktor für Herzkrankheiten sind. Diese Ergebnisse stützen frühere Studien, die bereits in den späten 1980er-Jahren aufzeigten, dass Triglyceride und damit verbundene Lebensstilfaktoren maßgeblich zur Entwicklung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen beitragen.

Dieser Artikel ersetzt keine medizinische Beratung. Bei Gesundheitsfragen wenden Sie sich bitte an Ihren Arzt oder Apotheker.
Zuerst erschienen auf theepochtimes.com unter dem Titel „Far More Complex Than Fat: What Is Causing Heart Disease?“. (deutsche Bearbeitung kr)



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