Was, wenn ein bisschen Geben Ihren Blutdruck senken könnte?
In einem Labor der University of British Columbia saß ein Kleinkind – noch zu jung, um vollständige Sätze zu sprechen – im Licht der Leuchtstoffröhren, vor einer kleinen Schüssel Goldfisch-Kekse und einer Plüschpuppe namens „Äffchen“.
Als man das Kind bat, einen Keks zu teilen, tat es etwas, das viele überraschen würde – besonders jene, die glauben, dass kleine Kinder von Natur aus egoistisch sind. Anstatt die Kekse für sich zu behalten, streckte es seine kleine Hand aus und gab Äffchen einen Keks. Die Puppe antwortete mit einem begeisterten „YUMMM!“.
Jedes Mal, wenn das Kind Äffchen einen Keks reichte, strahlte es vor Freude. Dieser Ausdruck von Glück offenbart etwas, das die Wissenschaft zunehmend belegt: Anderen etwas zu geben – großzügig zu sein – kann tiefe Freude bereiten und das Wohlbefinden in jedem Alter messbar steigern.
Unerschöpfliche Quelle des Glücks
Das „Goldfisch-Kekse-Experiment“ verdeutlichte eindrucksvoll, welche Art des Gebens besonders erfüllend ist. Die Forscher variierten die Rahmenbedingungen: Mal sollten die Kinder eines ihrer eigenen Leckerlis abgeben, ein anderes Mal erhielten sie ein zusätzliches Leckerli, das der Forscher angeblich „gefunden“ hatte. Ziel dieser Variation war es, den Unterschied zwischen einfachem Geben und dem Geben durch Verzicht auf etwas persönlich Wertvolles herauszufinden.
Wie erwartet, zeigten die Kinder Freude, wenn sie zum ersten Mal ein Spielzeug erhielten oder die Gelegenheit hatten, etwas zu teilen. Das Glück der Kinder wurde von den Forschern durch Verhaltensbeobachtung und Gesichtsanalyse dokumentiert.
Besonders deutlich wurde jedoch, dass die Freude der Kinder sprunghaft anstieg, wenn sie sich auf das „aufwendige Geben“ einließen: Sie verzichteten auf ihre eigene Leckerei, um diese mit einer Puppe zu teilen. Dieses Verhalten löste bei den Kindern ein „warmes Leuchten“ aus, das deutlich intensiver war, als wenn sie das gefundene Leckerli verschenkten, das ihnen von den Forschern gegeben worden war.
Zwar könnten persönliche Beobachtungen die Ergebnisse infrage stellen – schließlich scheint „meins!“ eines der beliebtesten Wörter von Kleinkindern zu sein. Doch dieses Experiment wurde nicht nur in Kanada durchgeführt, sondern auch in einem abgelegenen Dorf auf Vanuatu im Südpazifik sowie in den Niederlanden und China. In all diesen Kulturen zeigte sich, dass Kleinkinder bevorzugt ihre eigenen Leckereien teilen.
Eine weitere Studie mit 200.000 Teilnehmern aus 136 Ländern, die von wohlhabenden Nationen wie Kanada bis zu ärmeren Ländern wie Uganda reichten, zeigte ebenfalls: Das Geben von Geld an Bedürftige machte die Menschen durchweg glücklicher. Dieser Trend ist kulturübergreifend und nicht nur auf Geld beschränkt – in den unterschiedlichsten Gemeinschaften und Situationen hat Großzügigkeit einen klar positiven Effekt auf das Glücksempfinden.
Eine Medizin, die besser wirkt als Pillen?
Großzügigkeit hat mehr Vorteile, als man zunächst denkt – sie tut nicht nur der Seele gut, sondern auch dem Herzen. In einer Studie, veröffentlicht in der Fachzeitschrift „Health Psychology“, wurden ältere Erwachsene mit Bluthochdruck gebeten, drei Wochen lang Geld für andere auszugeben. Die Ergebnisse waren erstaunlich: Der Blutdruck der Teilnehmer sank in einem Ausmaß, das mit den Effekten von Blutdruckmedikamenten, regelmäßiger Bewegung oder drastischen Ernährungsumstellungen vergleichbar war.
Warum wirkt sich Geben so positiv auf das Herz aus? Forscher vermuten, dass großzügige Handlungen die Freisetzung beruhigender „Glückshormone“ wie Oxytocin anregen. Diese Hormone reduzieren Stress und senken den Druck in Arterien und Venen.
Das wurde auch in einer Studie bestätigt: Teilnehmer sollten vor einer stressigen Aufgabe – zum Beispiel einer Rede – eine kleine, großzügige Geste vollziehen, etwa einen freundlichen Brief schreiben. Diejenigen, die diese großzügigen Handlungen ausführten, zeigten deutlich geringere stressbedingte Reaktionen als die Kontrollgruppe. Ihr Blutdruck stieg weniger stark an, und auch die Werte des stressbedingten Enzyms Alpha-Amylase im Speichel waren niedriger.
Großzügigkeit entspringt oft dem Altruismus – dem Wunsch, anderen ohne Gegenleistung zu helfen. Altruistische Menschen sind weniger empfänglich für negative Emotionen, wie die Neurowissenschaftlerin Abigail Marsh erklärt. Sie reagieren weniger auf Wut, was ihnen hilft, stressige Situationen gelassener zu bewältigen. Diese Widerstandsfähigkeit gegenüber Stress und negativen Reizen könnte erklären, warum Geben nicht nur die Seele, sondern auch den Körper stärkt.
Schmerzlinderung
Ein in der Fachzeitschrift „PNAS“ veröffentlichter Artikel hat gezeigt, dass großzügiges Verhalten die Schmerzwahrnehmung reduziert und sogar die Schmerztoleranz verbessert. In einem Beispiel berichteten Blutspender, dass sie beim Einstich der Nadel deutlich weniger Beschwerden verspürten als diejenigen, denen Blut für persönliche medizinische Tests entnommen wurde.
In einem anderen Beispiel bestätigten Forscher den Effekt der Schmerztoleranz durch den Kaltpressor-Test, bei dem die Teilnehmer ihre Hände in eiskaltes Wasser tauchten und sahen, wie lange sie die Kälte aushalten konnten.
Diejenigen, die sich freiwillig und unbezahlt bereit erklärten, ein Kinderhandbuch zu überarbeiten, berichteten von deutlich weniger Schmerzen und hielten die Kälte viel länger aus als jene, die sich entweder weigerten, oder die Aufgabe als Pflichtaufgabe erledigten. Im Durchschnitt hielt die Gruppe, die sich freiwillig meldete, den Schmerz fast doppelt so lange aus wie die Kontrollgruppe.
Auffallend ist, dass von allen Teilnehmern nur 11,6 Prozent das eisige Wasser für die maximale Zeit von drei Minuten aushielten. Jeder von ihnen gehörte zu der Gruppe der großzügigen Freiwilligen.
In derselben Studie wurde dieser natürliche schmerzlindernde Effekt auf Krebspatienten übertragen, indem diese drei Wochen lang üben mussten, anderen zu helfen. Dazu gehörte das Zubereiten von Mahlzeiten für andere Patienten und das Reinigen öffentlicher Bereiche im Krankenhaus. Das Ergebnis? Die Krebspatienten berichteten über eine klinisch messbare Verringerung ihrer chronischen Schmerzen, wobei die Verbesserungen über mehrere Wochen beobachtet wurden.
Die Autoren kamen zu dem Schluss, dass diese Ergebnisse zeigen, dass der Akt, persönliche Kosten auf sich zu nehmen, um anderen zu helfen, die derzeitigen Schmerztherapien ergänzen und das Wohlergehen von Menschen mit chronischen Schmerzen fördern kann.
Neurowissenschaft der Großzügigkeit: Nicht alles ist eine Frage von „Wie du mir, so ich dir“
Abigail Marsh erklärte, dass bestimmte Gehirnareale besonders aktiv werden, wenn wir großzügig sind. Diese Bereiche reagieren auch, wenn wir etwas Angenehmes erleben, wie beim Essen oder wenn wir ein Ziel erreichen. Das zeigt, dass unser Gehirn Großzügigkeit als etwas Positives und Belohnendes empfindet.
Interessanterweise verarbeitet unser Gehirn Großzügigkeit unterschiedlich, je nach Motiv. Ob es darum geht, eine gute Beziehung zu pflegen, fair zu handeln oder einfach nur zu helfen, ohne eine Gegenleistung zu erwarten – all diese Beweggründe aktivieren verschiedene Gehirnregionen.
Wenn man beispielsweise jemandem aus Gründen der Fairness hilft, werden Gehirnregionen aktiviert, die für regelbasiertes Denken verantwortlich sind. Rein altruistische Handlungen – wie das Helfen aus Mitgefühl oder Empathie – aktivieren hingegen Netzwerke, die mit emotionalem Verständnis und Bindung verknüpft sind.
Doch warum scheuen manche Menschen keine Mühen, um anderen – sogar Fremden – zu helfen, ohne eine Gegenleistung zu erwarten?
Marshs Forschung zu anonymen Nierenspendern stellt die gängige Annahme infrage, dass Menschen nur aus einem egoistischen Impuls heraus geben. „Es gab einige Daten, die darauf hindeuteten, dass Menschen, die sich dafür entscheiden, anderen etwas zu geben, dies hauptsächlich tun, weil sie den Wunsch, selbstsüchtig zu sein, aktiv unterdrücken“, sagte sie. „Aber wir haben diese Frage bei altruistischen Nierenspendern getestet, mit dem Ergebnis, dass es dafür keine Anhaltspunkte gibt.“
Bei diesen Personen wurde eine stärkere Aktivität in den mit Empathie verbundenen Hirnregionen festgestellt. Ihre Gehirnaktivität spiegelte die des Fremden auf eine Weise wider, die der Reaktion auf selbst erlebten Schmerz sehr ähnlich war. Marsh fand es bemerkenswert, dass diese altruistischen Menschen größere Amygdalae aufwiesen – eine Hirnregion, die eine Schlüsselrolle bei der Verarbeitung von Emotionen spielt – im Vergleich zu Menschen, die psychopathische oder stark gefühllose Züge zeigen. Die Entscheidungen dieser Spender spiegelten den hohen Stellenwert wider, den sie dem Wohlergehen anderer beimessen.
„Mit anderen Worten: Sie helfen anderen, weil sie deren Wohlergehen als wichtig erachten“, so Marsh.
William Chopik, außerordentlicher Professor für Persönlichkeitspsychologie an der Michigan State University, betont, dass Großzügigkeit Menschen miteinander verbindet und Wohlwollen sowie Zusammenarbeit fördert.
Diese Erkenntnisse werfen ein neues Licht auf Großzügigkeit: Sie geht nicht immer mit der Erwartung einer Gegenleistung einher; es ist kein „Wie du mir, so ich dir“. Für viele basiert Großzügigkeit auf ihren Werten, ihrem Einfühlungsvermögen und der Freude, die sie empfinden, wenn sie jemandem helfen oder etwas teilen. Tatsächlich unterscheidet sich der Mensch von Tieren durch seine Fähigkeit, sich intensiv um eine Vielzahl von Individuen, sogar um Fremde, zu kümmern. Wir scheinen einzigartig darauf programmiert zu sein, solche fürsorglichen Handlungen als an sich lohnend zu empfinden, fügte Marsh hinzu.
Auf der anderen Seite des Spektrums scheint Gier – der anhaltende Wunsch nach mehr, sei es Geld, materielle Güter oder Anerkennung – weniger positive Auswirkungen auf Gesundheit und Glück zu haben. Gierige Menschen können eine vorübergehende Befriedigung empfinden, wenn sie etwas Neues erwerben, wie z. B. ein Gefühl des Stolzes nach dem Kauf einer großen Anschaffung. Dieses Gefühl lässt jedoch schnell nach. Da gierige Menschen das Gefühl haben, nie genug zu haben, entwickeln sie ein gestörtes Belohnungssystem, das mit dem von Menschen mit einer Sucht vergleichbar ist, was zu Unzufriedenheit, mehr Stress und vermindertem Wohlbefinden führen kann.
„Von Kindern bis hin zu Erwachsenen zeigt die Forschung: Großzügigkeit geht oft Hand in Hand mit besserer Gesundheit und mehr Zufriedenheit. Doch um Gutes zu tun, muss man nicht Großes leisten. Auch kleine Gesten im Alltag zählen“, erklärt Chopik gegenüber der Epoch Times.
Helfen Sie einem Nachbarn beim Müllrausstellen, spenden Sie einen kleinen Betrag für einen guten Zweck, engagieren Sie sich ehrenamtlich oder nehmen Sie sich einfach Zeit, einem Freund in schweren Zeiten zuzuhören.
Es sind diese einfachen, alltäglichen Taten, die nicht nur anderen helfen, sondern auch unser eigenes Wohlbefinden steigern.
Dieser Artikel ersetzt keine medizinische Beratung. Bei Gesundheitsfragen wenden Sie sich bitte an Ihren Arzt oder Apotheker.
Zuerst erschienen auf theepochtimes.com unter dem Titel „Generosity: Losing a Little Means Gaining a Lot“. (deutsche Bearbeitung kr)
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