Warum Kinder ohne Smartphone besser dran sind

In einer Welt voller Bildschirme und ständiger digitaler Ablenkungen droht Kindern, die unbeschwerte Kindheit zu entgleiten. Eine neue Bewegung will Eltern helfen, Kinder vor der achten Klasse vor Smartphones zu schützen.
Titelbild
Smartphones oder Sandburgen? Wie digitale Geräte die Kindheit verändern.Foto: Anatoliy Gruzdev/ iStock
Von 15. November 2024

Die Kindheit ist eine besondere Lebensphase – frei von beruflichen und finanziellen Verpflichtungen. Es ist die Zeit, in der Kinder unbeschwert spielen und die Freiheiten genießen können, die mit dem Erwachsenwerden oft verschwinden. Diese Jahre des Spiels und der Entfaltung sind entscheidend für deren Entwicklung zu gesunden und kompetenten Erwachsenen.

Heute jedoch rauben Smartphones immer mehr von dieser kostbaren Zeit. Sorgen und konkrete Hinweise auf die negativen Folgen für Kinder führen nun dazu, dass vielerorts Eltern aktiv werden, um ihre Kinder vor den Nebenwirkungen sozialer Medien, Computerspielen und dem ungehinderten Zugang zum Internet zu schützen.

Dringender Aufruf zum Handeln

In einer Umfrage aus dem Jahr 2018 gaben 65 Prozent der befragten Jugendlichen in den USA an, dass sie sich wünschen würden, mehr Selbstkontrolle bei der Nutzung ihres Smartphones zu haben und weniger Zeit damit zu verbringen. Dieses Verlangen nach Kontrolle ist inzwischen auch bei jüngeren Kindern ein Thema. Im Jahr 2015 besaßen nur 11 Prozent der Achtjährigen ein eigenes Smartphone, aber bis zum Jahr 2021 stieg diese Zahl bereits auf 31 Prozent.

Anthony Anzalone, klinischer Psychologe in New York, erklärte in einem Interview mit der Epoch Times, dass Eltern übermäßigen Smartphone-Gebrauch bei ihren Kindern erkennen können, wenn sie auf bestimmte Anzeichen achten. Dazu gehören das ständige Bedürfnis des Kindes, online zu sein, die deutlich gesteigerte Zeit im Netz und die nachlassende Aufmerksamkeit für Aufgaben und Erlebnisse in der realen Welt.

„Einige Kinder nutzen das Smartphone, um Problemen zu entfliehen oder negative Stimmungen zu lindern“, so Anzalone.

Eltern merken oft auch, dass ihre Kinder gereizt reagieren, wenn sie das Smartphone zur Seite legen sollen, etwa um Hausaufgaben zu machen oder Zeit mit der Familie zu verbringen.

Diese Entwicklung kann langfristig erhebliche Auswirkungen auf die kindliche Entwicklung haben. Immer mehr Studien weisen auf tiefgehende Entwicklungsprobleme hin, wenn Kinder zu viel Zeit online verbringen.

Eine in den USA von Eltern initiierte Bewegung namens „Wait Until 8th“ (Warte bis zur achten Klasse) ruft Eltern jetzt dazu auf, ihren Kindern den Zugang zu Smartphones bis zur achten Schulklasse zu verwehren.

Mehr als 75.000 Menschen haben sich bereits der Bewegung angeschlossen. Unterstützer dieser Initiative betonen, dass ein späterer Start mit Smartphones den sozialen Druck mindern und Kinder vor den Ablenkungen und Risiken eines unkontrollierten Internetzugangs schützen kann.

Der Einfluss der frühen Smartphone-Nutzung

Frühe Smartphone-Nutzung kann laut Experten die kindliche Entwicklung beeinträchtigen, indem sie Kindern die Chance nimmt, wichtige kognitive und soziale Fähigkeiten zu erwerben, die für ein gesundes Heranwachsen entscheidend sind. Smartphones fördern sozialen Vergleich, setzen Kinder Gewalt und anderen unangemessenen Inhalten aus, verkürzen die Aufmerksamkeitsspanne, verstärken Ablenkungen und erhöhen die Häufigkeit von Cybermobbing – Probleme, die weitgehend vermieden werden könnten, wenn Kinder keinen ständigen Zugang zum Internet haben.

Catherine Nobile, Psychologin auf Long Island in New York, erklärte in einem Interview, dass die frühzeitige Beschäftigung von Kindern mit Smartphones und sozialen Medien in mehreren Entwicklungsphasen problematisch sein kann. Besonders die frühe Kindheit (null bis fünf Jahre) sei eine entscheidende Zeit.

„Exzessive Bildschirmnutzung in diesem Alter kann die Entwicklung von Sprach- und Sozialkompetenzen hemmen“, sagte sie.

Auch die darauffolgenden Jahre sind für die Entwicklung von großer Bedeutung.

„Kinder durchlaufen im Grundschulalter (sechs bis zwölf Jahre) eine wichtige Phase der kognitiven, emotionalen und sozialen Entwicklung“, so Nobile.

Die Initiative „Wait Until 8th“ hebt diese Risiken hervor und setzt sich dafür ein, dass Kinder stattdessen Zeit im Freien verbringen, lesen oder gemeinsame Aktivitäten mit der Familie unternehmen – anstelle von stundenlanger Nutzung sozialer Medien und Online-Spielen.

Dr. Vera Feuer, Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie in New York, erklärte, dass eine längere Bildschirmzeit bei kleinen Kindern nachweislich die Lese- und Schreibfähigkeit beeinträchtigen kann, insbesondere das frühe Lesenlernen. Die Auswirkungen gehen jedoch noch weiter.

„Zum einen gibt es den direkten Einfluss durch die Inhalte, zum anderen spielt die Dauer der Bildschirmzeit eine Rolle“, sagte sie. „Dazu kommt ein Effekt, den wir ‚Verdrängungseffekt‘ nennen.“

Feuer zufolge ist dies besonders wichtig, wenn es um die Entwicklung und die Entwicklungsstufen geht, denn wenn Kinder nicht die Möglichkeit haben, bestimmte Bereiche ihres Gehirns zu aktivieren, kann die Technologie „Gelegenheiten für körperliche Bewegung, menschliche Berührung und Interaktion“ verdrängen, sagte sie.

Menschliche Nähe und Aktivitäten statt Isolation und Bildschirmzeit

Die „Wait Until 8th“-Bewegung spiegelt eine veränderte Haltung von Eltern wider, wie sich das Internet auf ihre Kinder auswirkt. Da immer mehr Familien den Zugang zu Smartphones hinauszögern, hoffen die Initiatoren der Bewegung, eine Kindheit zu fördern, die zwischenmenschliche Nähe und aktive Beschäftigung in den Vordergrund stellt, anstatt Isolation und Bildschirmzeit.

Dr. Michelle Dees, Psychiaterin in Chicago, erklärte, dass Familien eine stärkere Bindung aufbauen, wenn sie nicht durch Smartphones abgelenkt sind.

„Ein solcher bewusster Ansatz hilft Familien, offen über ihre Gefühle und Gedanken zu sprechen, was die Beziehungen vertiefen kann“, so Dees. „Im Laufe der Zeit fördert das eine Atmosphäre von Wärme und Mitgefühl, die für jede Familie ausschlaggebend ist.“

Sie fügte hinzu, dass Familien durch den bewussten Verzicht auf Smartphone-Nutzung mehr gemeinsame Aktivitäten wie Brettspiele oder Unternehmungen außerhalb des Hauses gestalten können, was die Beziehungen stärkt und wertvolle gemeinsame Erinnerungen schafft.

Dees betonte auch, dass Kinder leichter lernen, ihre Emotionen und ihren Stress in einer Umgebung ohne Smartphones zu regulieren.

Sie empfahl Eltern, ihren Kindern Achtsamkeitstechniken zu vermitteln, um den Stressabbau zu unterstützen und die geistige Klarheit zu fördern, die ihnen hilft, Herausforderungen besser zu meistern. Achtsamkeit bedeutet, dass wir unsere persönlichen Erfahrungen – unsere Gedanken und Gefühle im jeweiligen Moment – bewusst wahrnehmen.

Zeit ohne digitale Geräte ermöglicht Kindern auch, sich in kreativen Aktivitäten wie Malen und Geschichtenerzählen auszudrücken, die wichtig für die emotionale Stabilität sind, fügte Dees hinzu.

Dieser Artikel ersetzt keine medizinische Beratung. Bei Gesundheitsfragen wenden Sie sich bitte an Ihren Arzt oder Apotheker. Zuerst erschienen auf theepochtimes.com unter dem Titel „Saving Childhood: A New Movement Helps Parents Protect Young Kids From Smartphones“. (deutsche Bearbeitung kr)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion